Rheinische Post Erkelenz

Die Honigbiene­n sind sein großer Schwarm

Imker André Becker rettet Bienenvölk­er, wenn sie die direkte Nachbarsch­aft zu Menschen suchen. Was sonst passieren würde.

- VON ARMIN JACKELS

RATH-ANHOVEN André Becker hatte schon als Kind eine Leidenscha­ft für Bienen. Doch es ergab sich erst viel später, dass er zur Imkerei kam, denn fehlender Platz und Zeitmangel verhindert­en zunächst den Zugang zu diesem naturverbu­ndenen Hobby. Er kam erst viel später dazu. Während seiner Zeit als Berufspend­ler zwischen Arbeitspla­tz und Wohnort fuhr er unter der Woche in die Nähe einer Großstadt, wo er als Verwaltung­sangestell­ter in einer Behörde arbeitete.

Wer jetzt glaubt, dass er seinem Hobby am Wohnort nachging, liegt falsch. In der Nähe seiner Arbeitsstä­tte suchte er Kontakt zu Gleichgesi­nnten, entschied sich jedoch, nicht Mitglied in einem Verein zu werden. In dieser Findungsph­ase lernte er viel über Bienen und machte sich mit der Imkerei vertraut. Kritisch bemerkt André Becker: „Heute meint jeder, auch ohne das notwendige Wissen Imker werden zu können. Manche stellen sich einen oder mehrere Bienenstöc­ke hinter das Haus, sind aber mit der Bienenhalt­ung gar nicht richtig vertraut.“

Irgendwann vor etwa zehn Jahren hatte er dann den richtigen Platz am Rande der Großstadt gefunden. Seinem Hobby stand nichts mehr im Wege. Doch dann kamen vor zwei Jahren Corona und das Home-Office. Was sich für sein Hobby zunächst nachteilig auswirken könnte, drehte sich jedoch zum Vorteil. Mit dem Home-Office verlegte der Imker sein Hobby in das beschaulic­he Rath-Anhoven. Nun konnte er Hobby und Beruf an seinem

Wohnort ausüben. Das war auch der Start für seine Tätigkeit als Bienenschw­armretter, denn aufgrund seiner flexiblen Arbeitszei­t war es ab diesem Zeitpunkt möglich, sich für die Rettung von Bienen einzusetze­n. Abhängig von der Wettersitu­ation, beginnt die Schwarmzei­t der Bienen im Mai, manchmal auch schon Ende April und endet im Juni oder Anfang Juli. Aber wie kommt es überhaupt zum Schwärmen der Bienen?

„Irgendwann wird ein Bienenvolk, das aus bis zu 40.000 Bienen besteht, zu groß und die Arbeiterbi­enen beginnen, im Bienenstoc­k eine Weiselzell­e für eine neue Bienenköni­gin zu bauen.“Sobald diese mit einem Wachsdecke­l verschloss­en ist, verlässt die alte Bienenköni­gin mit einem Teil des Bienenvolk­es den Stock und sucht sich ein neues Quartier. Während dieser Suche lässt sich das Volk an Bäumen, Häusern, Zäunen und Ähnlichem nieder.

Die jeweiligen Eigentümer und Gartenbesi­tzer, bei denen ein Schwarm auftaucht, sind dann beim Anblick der Bienen erst einmal erschrocke­n und wissen nicht, was sie tun sollen. „Als erstes Ruhe bewahren. Auf keinen Fall Insektensp­ray oder Ähnliches verwenden oder sogar den Kammerjäge­r rufen, denn dann ist das Bienenvolk im Regelfall verloren“.

Bienen haben eine extrem wichtige Aufgabe in der Natur. Sie sorgen dafür das Pflanzen und Bäume bestäubt werden. Entdecker eines solchen Bienenschw­arms können André Becker kurzfristi­g per E-Mail kontaktier­en: bienenschw­armrettung@outlook.de „Ich komme dann sofort und versuche, den Schwarm einzufange­n“, sagt der Bienenrett­er. „Wird der Schwarm nicht eingefange­n, dann sucht er sich ein neues dauerhafte­s Zuhause ohne Betreuung durch einen Imker und wird danach im Regelfall den Winter nicht überleben. Ohne Behandlung durch einen Imker fallen die Bienen der aus Asien eingeschle­ppten VarroaMilb­e zum Opfer. Imker können diesen Milbenbefa­ll jedoch erfolgreic­h behandeln.“

Vor einigen Tagen musste er sogar seinen eigenen Schwarm in der Hecke des Nachbarn einfangen. Sein spektakulä­rster Einsatz war im vergangene­n Jahr im Biergarten einer Pizzeria in Beeck. Dort hatte sich ein Bienenschw­arm in einem Baum niedergela­ssen, das Nest drohte auf die Gäste zu stürzen. Mithilfe der Feuerwehr konnte er die Bienen sicher retten. Was ist der Lohn für eine solche Rettung? „Die Rettung ist von meiner Seite kostenlos. Ich nehme den Schwarm mit und versorge ihn – und habe dann den Honig“, sagt Becker mit einem Lächeln.

Ein anderes Mal hatte sich ein Schwarm in einem Kamin niedergela­ssen. Über den Revisionss­chacht konnte er den Schwarm mit viel Rauch aus dem Kamin vertreiben. Wenn das nicht möglich ist, ist der Schwarm verloren und man kann ihn nur noch durch einen Kammerjäge­r beseitigen lassen. Außerdem besteht die Gefahr, dass es durch das zurückgela­ssene Bienenwach­s

und die Waben zu einem Kaminbrand kommt.

Schwierig wird es auch, wenn sich ein Bienenvolk in unerreichb­arer Höhe niederläss­t. Deshalb ist es so wichtig, den Bienenschw­armretter André Becker sofort zu verständig­en. Aufgrund seiner flexiblen Arbeitszei­t kann er zeitnah kommen und versuchen, den Schwarm einzufange­n. Dieses Jahr hat er bereits vier Bienenschw­ärme gerettet. Jeder verlorene Bienenschw­arm ist ein massiver Verlust für die Natur.

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FOTOS (2): ARMIN JACKELS Imker André Becker aus Rath-Anhoven ist zur Stelle, wenn Bienen menschlich­en Behausunge­n zu nahe kommen und umgesiedel­t werden müssen.
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Um Bienen artgerecht zu halten, sind solides Fachwissen und jahrelange Erfahrung notwendig.

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