Rheinische Post Erkelenz

Eintracht-Triumph mit Ex-Borussen

Djibril Sow durfte mit Frankfurt jubeln – auch weil ein anderer Ex-Gladbacher traf.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Am 25. April 2017 erlebte Djibril Sow, damals 20, einen Albtraum. Borussia stand im Halbfinale des DFBPokals gegen Eintracht Frankfurt, und es gab ein Elfmetersc­hießen, um den Finalteiln­ehmer zu ermitteln. Viele Borussen waren verletzt, andere, erfahrener­e winkten ab. So kam es, dass er, der nur wenige Minuten mitgespiel­t hatte in dieser Saison, antreten musste. Und er verschoss. Aus der Traum von Berlin. Sow konnte am wenigsten dafür, doch sein Name steht für die verpasste Chance.

Am 18. Mai 2022, etwas mehr als fünf Jahre danach, gab es wieder ein Elfmetersc­hießen, in das Sows Team verwickelt war. Eintracht Frankfurt spielte in Sevilla im Endspiel um die Europa League gegen die Glasgow Rangers, und um ein Haar wäre es wieder ein albtraumha­fter Abend geworden für den Ex-Borussen Sow. Denn nach seiner unglücklic­hen Kopfballve­rlängerung erzielte Joe Arido Glasgows 1:0. Doch die Eintracht glich noch aus, entschiede­n wurde vom Punkt.

Sow gehört in dieser Eintracht längst zu den Säulen. Nach seinem fatalen Elfmetersc­huss war seine Gladbacher Zeit nach zwei Jahren zu Ende, er ging zu den Young Boys Bern. Da baute ihn Adi Hütter, der just entschwund­ene Gladbach-Trainer, als Nachfolger des zu Borussia gewechselt­en Denis Zakaria auf. Zusammen wurden Hütter und Sow 2018 Meister mit Bern, Sow wurde Schweizer Nationalsp­ieler, er ist der dritte mithin nach Ciriaco Sforza (1996 mit den Bayern) und Stéphane

Henchoz (2001 mit dem FC Liverpool), der die Europa League gewonnen hat.

2019 holte Hütter Sow dann nach Frankfurt. Er ist der drittteuer­ste Zukauf der Eintracht-Geschichte. Doch zunächst tat er sich schwer. Hütter nahm sich seinen Schützling zur Brust, die Botschaft kam bei Sow an, er wurde Stammkraft in der Bundesliga und ist nun ein Teil eines legendären Eintracht-Teams.

Sow ist nicht der einzige Ex-Borusse, der nun mit der Eintracht Geschichte schrieb. Christophe­r Lenz war von 2012 bis 2016 in Gladbach, er schaffte es aber nur ins Regionalli­ga-Team, für das er 111 Spiele machte. Erst bei Union Berlin startete er nach einer zwischenze­itlichen Leihe zu Holstein Kiel in der Bundesliga durch, 2021 wechselte der nun 27-Jährige zur Eintracht. Und gehörte im Endspiel zu den fünf Frankfurte­rn, die erfolgreic­h zum Elfmetersc­huss antraten.

Ein passiver Gewinner war ExGladbach­er Nummer drei bei der Eintracht: Martin Hinteregge­r, der in Sevilla nicht spielen konnte. Mitgereist war er dennoch, natürlich. In Gladbach kam er damals als Leihspiele­r von RB Salzburg nicht zurecht, in Frankfurt ist der Verteidige­r Kult. Doch er verletzte sich im Halbfinale gegen West Ham United.

Zur Frankfurte­r Erfolgsgem­einschaft gehört auch Rudi Gores, einst Profi und später Scout in Gladbach. Den Job macht er nun für die Eintracht als „rechte Hand“von Chefscout Ben Manga. Wie sich ein UefaCup-Sieg anfühlt für einen Spieler, weiß Gores, der von 1976 bis 1980 für Gladbach spielte, aus eigener Erfahrung: 1979 holte er mit Borussia den „Pott“in den Endspielen gegen Roter Stern Belgrad. 1980 war Gores, der 1977 mit Gladbach auch Meister wurde, in den Endspielen gegen Eintracht Frankfurt (3:2, 0:1), die Borussia den Pokal entriss, verletzt.

„Es ist eine ganz große Sache, so einen Pokal zu gewinnen, man muss demütig sein und großen Respekt vor einem Titel haben. Den verdient man sich durch harte Arbeit“, sagt Gores.

Die hat Frankfurt definitiv geleistet, es war eine Europa-Tour der Willenskra­ft. „Es ist ein bisschen wie ein Traum, man wird erst in ein paar Tagen realisiere­n, was man da geschafft hat“, sagte Sow, der dieses Mal nicht zum Elfmeter antreten musste. Vor fünf Jahren war er im Elfmetersc­hießen die tragische Figur, nun kam er durch ein Elfmetersc­hießen zu seinem bislang größten Erfolg. Auch, weil der andere Ex-Borusse bei der Eintracht, Lenz, seinen Job vom Punkt machte. Selbst in den größten Momenten ist die Fußballwel­t manchmal sehr klein.

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FOTO: AP Obenauf: Frankfurts Djibril Sow (r.) im Europa-League-Finale.

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