Rheinische Post Erkelenz

Ein versteckte­s Stück Stadtgesch­ichte

Bei Bauarbeite­n wurde im Geropark zufällig ein Teil der historisch­en Mönchengla­dbacher Stadtmauer entdeckt. Archäologe­n haben den Jahrhunder­te alten Fund bereits untersucht. Welche Rolle er für die aktuelle Umgestaltu­ng des Parks spielen könnte.

- VON CHRISTOPH WEGENER

Für Jana Seibel-Schneider steht fest: „Das ist ein historisch­er Fund.“Die Planerin im städtische­n Fachbereic­h für Straßenbau und Verkehrste­chnik steht an einer Baugrube im Geropark. Zwischen dicken Kabeln ist ein Mauerstück aus roten Ziegeln zu sehen – einige wurden beschädigt, andere sind noch gut erhalten. Nach Angaben der Stadt handelt es sich um einen Teil der historisch­en Stadtmauer von Mönchengla­dbach.

„Wir haben im Geropark systematis­ch nach solchen Stücken gesucht, Gruben ausgehoben, aber nie etwas gefunden“, sagt Seibel-Schneider. Dass die Mauerteile nun entdeckt wurden, ist reiner Zufall: Der Geropark wird aktuell umgestalte­t, am Rand soll ein neuer Platz an der Ecke Gasthaus-/Balderichs­traße angelegt werden. Der Stromverte­ilerkasten ist jedoch im Weg. Deswegen müssen Elektrover­kabelungen anders verlegt werden. Als Bauarbeite­r die Grube aushoben, stießen sie auf das Mauerstück. „Es muss bei früheren Arbeiten schon einmal entdeckt worden sein“, sagt Seibel-Schneider. „Damals wurde nur niemand darüber informiert und einfach wieder Erde über die Jahrhunder­te alte Mauer gekippt.“

Dieses Mal lief es anders: Die Stadt informiert­e den Landschaft­sverband Rheinland (LVR), Archäologe­n legten die Ziegel so weit wie möglich frei und begannen mit detaillier­ten Untersuchu­ngen. „Alles wird fotografie­rt, abgemessen und auf Millimeter­papier nachgezeic­hnet“, sagt Felix Kunze von der zuständige­n Firma Archaeonet. Die Experten begutachte­ten zudem die gefundenen Ziegel und den Mörtel, denn beides kann Auskunft über das Alter des Fundstücks geben.

Die zwischen 1366 und 1414 errichtete Mönchengla­dbacher Stadtmauer besteht aus sogenannte­n Feldbrandz­iegeln. Sie wurden bereits im Mittelalte­r hergestell­t, allerdings nicht nach vorgegeben­en Maßen und unterschei­den sich deswegen in Größe und Form. Erst Jahrhunder­te

später setzten sich feste Normen wie das Reichsform­at durch, wie Kunze erklärt. Für den Mörtel wurden

im Mittelalte­r Kalk und Sand vermengt. „Dadurch entstand ein erstaunlic­h langlebige­s Bindemitte­l,

das Bauwerke bis heute zusammenhä­lt“, sagt der Archäologe. Die kleinteili­ge Analyse von Fundstücke­n sei wichtig. „Schließlic­h wissen wir nie, ob die Entdeckung­en wieder zugeschütt­et oder abgerissen werden. Das erleben wir leider häufiger.“

Was mit dem Mauerabsch­nitt in Mönchengla­dbach passiert, steht bislang nicht fest. „Eine Idee wäre, einen Schaukaste­n mit Infotafel um den Fund herumzubau­en“, sagt Jana Seibel-Schneider. Diese oder andere Projektide­en können jedoch kostspieli­g oder pflegeinte­nsiv sein, müssten beispielsw­eise vom LVRAmt für Denkmalpfl­ege gefördert werden. Notfalls werde das Mauerstück mit einem Vlies geschützt und wieder mit Erde bedeckt. „Das wäre aber sehr schade. Es handelt sich hier schließlic­h um ein Stück Stadtgesch­ichte“, sagt Seibel-Schneider.

Von der Stadtmauer, die Mönchengla­dbacher mehr als fünf Jahrhunder­te schützte und aus einem massiven Mauerring mit zwölf Türmen bestand, ist nur wenig erhalten geblieben. In den 1850er Jahren wurden große Teile systematis­ch abgerissen, heute stehen nur noch einige Abschnitte – beispielsw­eise im Abteigarte­n und im Geropark wenige Hundert Meter von der neuen Fundstelle entfernt.

Zur Umgestaltu­ng des Parks gehört auch die Verlegung eines Plattenban­des, das den Verlauf der historisch­en Stadtmauer symbolisch nachzeichn­en soll. „Groß umplanen müssen wir wegen des neuen Fundes aber nicht. Wie man sieht, sind wir auf dem richtigen Weg“, sagt die Stadtplane­rin und deutet auf die Platten unweit des entdeckten Mauerteils. „Im Zweifel muss der Knick, den die Mauer an dieser Stelle anscheinen­d gemacht hat, mit eingearbei­tet werden.“Größere Veränderun­gen seien ohne entspreche­nde Förderung aber nicht möglich. Und die brauchen eine gewisse Vorlaufzei­t.

Neben dem Abschnitt des historisch­en Verteidigu­ngswalls wurden durch die Bauarbeite­n im Geropark noch weitere Mauerstück­e zutage gefördert. Die stammen nach Seibel-Schneider vermutlich auch von älteren Gebäuden, sind aber lange nicht so alt, wie der gefundene Stadtmauer-Teil.

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FOTO: WEGENER Am Rande des Geroparks an der Ecke Gasthaus-/Balderichs­traße wurde überrasche­nd ein Stück der historisch­en Stadtmauer von Mönchengla­dbach entdeckt. Eigentlich sollen hier Elektrover­kabelungen neu gelegt werden.
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FOTO: SAENEN Nur wenige Teile des früheren Verteidigu­ngswalls sind heute in der Stadt noch zu sehen. Beispielsw­eise im Geropark und in der Altstadt.

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