Ein verstecktes Stück Stadtgeschichte
Bei Bauarbeiten wurde im Geropark zufällig ein Teil der historischen Mönchengladbacher Stadtmauer entdeckt. Archäologen haben den Jahrhunderte alten Fund bereits untersucht. Welche Rolle er für die aktuelle Umgestaltung des Parks spielen könnte.
Für Jana Seibel-Schneider steht fest: „Das ist ein historischer Fund.“Die Planerin im städtischen Fachbereich für Straßenbau und Verkehrstechnik steht an einer Baugrube im Geropark. Zwischen dicken Kabeln ist ein Mauerstück aus roten Ziegeln zu sehen – einige wurden beschädigt, andere sind noch gut erhalten. Nach Angaben der Stadt handelt es sich um einen Teil der historischen Stadtmauer von Mönchengladbach.
„Wir haben im Geropark systematisch nach solchen Stücken gesucht, Gruben ausgehoben, aber nie etwas gefunden“, sagt Seibel-Schneider. Dass die Mauerteile nun entdeckt wurden, ist reiner Zufall: Der Geropark wird aktuell umgestaltet, am Rand soll ein neuer Platz an der Ecke Gasthaus-/Balderichstraße angelegt werden. Der Stromverteilerkasten ist jedoch im Weg. Deswegen müssen Elektroverkabelungen anders verlegt werden. Als Bauarbeiter die Grube aushoben, stießen sie auf das Mauerstück. „Es muss bei früheren Arbeiten schon einmal entdeckt worden sein“, sagt Seibel-Schneider. „Damals wurde nur niemand darüber informiert und einfach wieder Erde über die Jahrhunderte alte Mauer gekippt.“
Dieses Mal lief es anders: Die Stadt informierte den Landschaftsverband Rheinland (LVR), Archäologen legten die Ziegel so weit wie möglich frei und begannen mit detaillierten Untersuchungen. „Alles wird fotografiert, abgemessen und auf Millimeterpapier nachgezeichnet“, sagt Felix Kunze von der zuständigen Firma Archaeonet. Die Experten begutachteten zudem die gefundenen Ziegel und den Mörtel, denn beides kann Auskunft über das Alter des Fundstücks geben.
Die zwischen 1366 und 1414 errichtete Mönchengladbacher Stadtmauer besteht aus sogenannten Feldbrandziegeln. Sie wurden bereits im Mittelalter hergestellt, allerdings nicht nach vorgegebenen Maßen und unterscheiden sich deswegen in Größe und Form. Erst Jahrhunderte
später setzten sich feste Normen wie das Reichsformat durch, wie Kunze erklärt. Für den Mörtel wurden
im Mittelalter Kalk und Sand vermengt. „Dadurch entstand ein erstaunlich langlebiges Bindemittel,
das Bauwerke bis heute zusammenhält“, sagt der Archäologe. Die kleinteilige Analyse von Fundstücken sei wichtig. „Schließlich wissen wir nie, ob die Entdeckungen wieder zugeschüttet oder abgerissen werden. Das erleben wir leider häufiger.“
Was mit dem Mauerabschnitt in Mönchengladbach passiert, steht bislang nicht fest. „Eine Idee wäre, einen Schaukasten mit Infotafel um den Fund herumzubauen“, sagt Jana Seibel-Schneider. Diese oder andere Projektideen können jedoch kostspielig oder pflegeintensiv sein, müssten beispielsweise vom LVRAmt für Denkmalpflege gefördert werden. Notfalls werde das Mauerstück mit einem Vlies geschützt und wieder mit Erde bedeckt. „Das wäre aber sehr schade. Es handelt sich hier schließlich um ein Stück Stadtgeschichte“, sagt Seibel-Schneider.
Von der Stadtmauer, die Mönchengladbacher mehr als fünf Jahrhunderte schützte und aus einem massiven Mauerring mit zwölf Türmen bestand, ist nur wenig erhalten geblieben. In den 1850er Jahren wurden große Teile systematisch abgerissen, heute stehen nur noch einige Abschnitte – beispielsweise im Abteigarten und im Geropark wenige Hundert Meter von der neuen Fundstelle entfernt.
Zur Umgestaltung des Parks gehört auch die Verlegung eines Plattenbandes, das den Verlauf der historischen Stadtmauer symbolisch nachzeichnen soll. „Groß umplanen müssen wir wegen des neuen Fundes aber nicht. Wie man sieht, sind wir auf dem richtigen Weg“, sagt die Stadtplanerin und deutet auf die Platten unweit des entdeckten Mauerteils. „Im Zweifel muss der Knick, den die Mauer an dieser Stelle anscheinend gemacht hat, mit eingearbeitet werden.“Größere Veränderungen seien ohne entsprechende Förderung aber nicht möglich. Und die brauchen eine gewisse Vorlaufzeit.
Neben dem Abschnitt des historischen Verteidigungswalls wurden durch die Bauarbeiten im Geropark noch weitere Mauerstücke zutage gefördert. Die stammen nach Seibel-Schneider vermutlich auch von älteren Gebäuden, sind aber lange nicht so alt, wie der gefundene Stadtmauer-Teil.