Das sagen Pilger zum Abendmahltstuch
Die Reliquie in der Münster-Basilika zieht Menschen aus der Region und der Welt an: Die ersten Kindergartenkinder waren zu Besuch, aber auch Gläubige, die das Heiligtum und die Kirche durchaus kritisch sehen. Stimmen und Stimmungen im und rund um das Müns
Bunte Farben, wohin das Auge blickt: Rucksäcke, Kappen und T-Shirts. Zu Besuch in der Münster-Basilika sind mehrere Kindergartengruppen aus Mönchengladbach, Jüchen, Heinsberg und Wegberg. Für sie ist es ein besonderer Tag, dem mehrere Monate Vorbereitung vorausgegangen sind. Denn die Kinder, alle im Alter von unter sechs Jahren, haben gebastelt und gewebt. Anlässlich der Heiligtumsfahrt bringen sie nun ihre bunte Webkreuze an den Altar im Münster St. Vitus.
„Das hat so viel Spaß gemacht“, sagt der fünf Jahre alte Leo. Gemeinsam mit seiner Kindergartengruppe und den Erzieherinnen hat er zuvor die Kirche genaustens unter die Lupe genommen. Das Kirchenschiff, die bunten Fenster und die Krypta – „die war besonders gut“, sagt Leo. Während des Besuchs der Kinder ertönt die Orgel, ein angenehmer Klang dringt durch die Kirche. Alle Kitagruppen haben sogar ihre eigenen Pilgerstäbe, mit diesen wird der Weg zum anschließenden Picknick im Skulpturengarten beschritten. In Zweierreihen, Hand in Hand, laufen die Kinder ins Grüne. Die jüngsten Pilger haben monatelang gebastelt und ihre Webkreuze und Pilgerstäbe vorbereitet. „Jeder durfte eine eigene Farbe aussuchen“, sagt die fünfjährige Kim, die sich für Rot entschieden hat. „Jetzt sieht das mit all den Farben richtig schön aus.“
Doch nicht nur die Vorschulkinder bewundern an diesem Tag die Kirche und das Heiligtum. Auch das Ehepaar Hantke aus Korschenbroich ist zur Heiligtumsfahrt in die Nachbarstadt gekommen. „Ich war schon in Israel, Frankreich und Rom auf Pilgerfahrt“, sagt die Korschenbroicherin. Ihr Mann ergänzt: „Und ich habe die Wallfahrtsorte Osteuropas besucht.“Für beide hänge dies mit ihrem katholischen Glauben zusammen. Genau aus diesem Grund sind sie in die Vitus-Kirche gekommen. Das Heiligtum sei für viele Jahrhunderte Anziehungspunkt für Gläubige gewesen – und ist es für das Ehepaar bis heute. „Das Tuch hat wegen seines Alters und der Herkunft eine gewisse Ausstrahlung. Es behütet und beschützt, auch in schwierigen Zeiten“, sagt die Korschenbroicherin. Die Eheleute sehen die katholische Kirche zurzeit in eben diesen schwierigen Zeiten. Für beide ist gerade dies jedoch ein Grund, weiter zur Kirche zu stehen. Das sei in ihrem Glauben so verankert.
Für Herbert Giesen hingegen ist der Glaube etwas sehr Persönliches. „Dafür brauche ich keine Kirche oder Vorschriften“, sagt er. Das Heiligtum wolle er sich trotzdem anschauen. „Auch wenn ich eher skeptisch bin, was Reliquien angeht“, sagt Giesen. „Das Tuch hier in Mönchengladbach kann ja durchaus authentisch sein.“Für ihn gehe es jedoch weniger um die Frage der Authentizität, sondern mehr um die Symbolkraft, die Reliquien ausstrahlen. „Ob echt oder nicht: Wenn es jemandem hilft, den eigenen Glauben auszuleben, dann kann ich das verstehen“, sagt Giesen. Der Besuch in der VitusKirche hat für ihn noch einen zweiten Aspekt: „Ich interessiere mich einfach für Geschichte“, sagt er.
Das sind die Veranstaltungen am Mittwoch
Die Heiligtumsfahrt öffnet sich dieses Mal ausdrücklich der Ökumene, denn Ökumene ziele auf alle. Zum „Ökumenischen Friedensgebet“am Mittwoch, 31. Mai, ab 18 Uhr in der evangelischen Hauptkirche in Rheydt reist sogar Bischof Helmut Dieser an. Gemeinsam mit ihm wird für den Frieden gebetet. Zu dieser Feier hat sich auch die Erste Community „Ehemalige Heimkinder NRW“angekündigt. Mit Plakataktionen und Gesprächen wollen Missbrauchsopfer bei dieser und bei der Abschlussveranstaltung am 6. Juni auf sich aufmerksam machen. Bischof Dieser ist seit 2022 Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz. Uwe Werner, der Vorsitzende der Community Ehemalige Heimkinder NRW, engagiert sich unter anderem dafür, dass der Missbrauch von Kindern in den zum Teil von kirchlichen Ordensgemeinschaften geführten Kinderheimen in Mönchengladbach nach dem Zweiten Weltkrieg mit Nachdruck aufgearbeitet wird.
Zum „Internationalen Gastmahl“unter dem Motto „Gemeinsam an einem Tisch“ist am Mittwoch, 31. Mai ab 19.30 Uhr jeder geladen: Menschen jeder Nation, jeder Religion oder ohne Religion. An einem langen Tisch wird gemeinsam gespeist und erzählt. Musikalisch begleitet wird das Fest vom Chor „Forty Four Nations“. Zur Veranstaltung im Ernst-Christoffel-Haus an der Wilhelm-Strauß-Straße 34 bitten die Veranstalter um eine Anmeldung mit Personenzahl unter charlotte.lorenz@pfarre-sankt-vitus.de. Jede und jeder ist eingeladen, ein Brot nach Rezept des Herkunftslandes zum Teilen mitzubringen.