Rheinische Post Erkelenz

Das sagen Pilger zum Abendmahlt­stuch

Die Reliquie in der Münster-Basilika zieht Menschen aus der Region und der Welt an: Die ersten Kindergart­enkinder waren zu Besuch, aber auch Gläubige, die das Heiligtum und die Kirche durchaus kritisch sehen. Stimmen und Stimmungen im und rund um das Müns

- VON PAUL KÜCHLER UND ANGELA PONTZEN

Bunte Farben, wohin das Auge blickt: Rucksäcke, Kappen und T-Shirts. Zu Besuch in der Münster-Basilika sind mehrere Kindergart­engruppen aus Mönchengla­dbach, Jüchen, Heinsberg und Wegberg. Für sie ist es ein besonderer Tag, dem mehrere Monate Vorbereitu­ng vorausgega­ngen sind. Denn die Kinder, alle im Alter von unter sechs Jahren, haben gebastelt und gewebt. Anlässlich der Heiligtums­fahrt bringen sie nun ihre bunte Webkreuze an den Altar im Münster St. Vitus.

„Das hat so viel Spaß gemacht“, sagt der fünf Jahre alte Leo. Gemeinsam mit seiner Kindergart­engruppe und den Erzieherin­nen hat er zuvor die Kirche genaustens unter die Lupe genommen. Das Kirchensch­iff, die bunten Fenster und die Krypta – „die war besonders gut“, sagt Leo. Während des Besuchs der Kinder ertönt die Orgel, ein angenehmer Klang dringt durch die Kirche. Alle Kitagruppe­n haben sogar ihre eigenen Pilgerstäb­e, mit diesen wird der Weg zum anschließe­nden Picknick im Skulpturen­garten beschritte­n. In Zweierreih­en, Hand in Hand, laufen die Kinder ins Grüne. Die jüngsten Pilger haben monatelang gebastelt und ihre Webkreuze und Pilgerstäb­e vorbereite­t. „Jeder durfte eine eigene Farbe aussuchen“, sagt die fünfjährig­e Kim, die sich für Rot entschiede­n hat. „Jetzt sieht das mit all den Farben richtig schön aus.“

Doch nicht nur die Vorschulki­nder bewundern an diesem Tag die Kirche und das Heiligtum. Auch das Ehepaar Hantke aus Korschenbr­oich ist zur Heiligtums­fahrt in die Nachbarsta­dt gekommen. „Ich war schon in Israel, Frankreich und Rom auf Pilgerfahr­t“, sagt die Korschenbr­oicherin. Ihr Mann ergänzt: „Und ich habe die Wallfahrts­orte Osteuropas besucht.“Für beide hänge dies mit ihrem katholisch­en Glauben zusammen. Genau aus diesem Grund sind sie in die Vitus-Kirche gekommen. Das Heiligtum sei für viele Jahrhunder­te Anziehungs­punkt für Gläubige gewesen – und ist es für das Ehepaar bis heute. „Das Tuch hat wegen seines Alters und der Herkunft eine gewisse Ausstrahlu­ng. Es behütet und beschützt, auch in schwierige­n Zeiten“, sagt die Korschenbr­oicherin. Die Eheleute sehen die katholisch­e Kirche zurzeit in eben diesen schwierige­n Zeiten. Für beide ist gerade dies jedoch ein Grund, weiter zur Kirche zu stehen. Das sei in ihrem Glauben so verankert.

Für Herbert Giesen hingegen ist der Glaube etwas sehr Persönlich­es. „Dafür brauche ich keine Kirche oder Vorschrift­en“, sagt er. Das Heiligtum wolle er sich trotzdem anschauen. „Auch wenn ich eher skeptisch bin, was Reliquien angeht“, sagt Giesen. „Das Tuch hier in Mönchengla­dbach kann ja durchaus authentisc­h sein.“Für ihn gehe es jedoch weniger um die Frage der Authentizi­tät, sondern mehr um die Symbolkraf­t, die Reliquien ausstrahle­n. „Ob echt oder nicht: Wenn es jemandem hilft, den eigenen Glauben auszuleben, dann kann ich das verstehen“, sagt Giesen. Der Besuch in der VitusKirch­e hat für ihn noch einen zweiten Aspekt: „Ich interessie­re mich einfach für Geschichte“, sagt er.

Das sind die Veranstalt­ungen am Mittwoch

Die Heiligtums­fahrt öffnet sich dieses Mal ausdrückli­ch der Ökumene, denn Ökumene ziele auf alle. Zum „Ökumenisch­en Friedensge­bet“am Mittwoch, 31. Mai, ab 18 Uhr in der evangelisc­hen Hauptkirch­e in Rheydt reist sogar Bischof Helmut Dieser an. Gemeinsam mit ihm wird für den Frieden gebetet. Zu dieser Feier hat sich auch die Erste Community „Ehemalige Heimkinder NRW“angekündig­t. Mit Plakatakti­onen und Gesprächen wollen Missbrauch­sopfer bei dieser und bei der Abschlussv­eranstaltu­ng am 6. Juni auf sich aufmerksam machen. Bischof Dieser ist seit 2022 Missbrauch­sbeauftrag­ter der Deutschen Bischofsko­nferenz. Uwe Werner, der Vorsitzend­e der Community Ehemalige Heimkinder NRW, engagiert sich unter anderem dafür, dass der Missbrauch von Kindern in den zum Teil von kirchliche­n Ordensgeme­inschaften geführten Kinderheim­en in Mönchengla­dbach nach dem Zweiten Weltkrieg mit Nachdruck aufgearbei­tet wird.

Zum „Internatio­nalen Gastmahl“unter dem Motto „Gemeinsam an einem Tisch“ist am Mittwoch, 31. Mai ab 19.30 Uhr jeder geladen: Menschen jeder Nation, jeder Religion oder ohne Religion. An einem langen Tisch wird gemeinsam gespeist und erzählt. Musikalisc­h begleitet wird das Fest vom Chor „Forty Four Nations“. Zur Veranstalt­ung im Ernst-Christoffe­l-Haus an der Wilhelm-Strauß-Straße 34 bitten die Veranstalt­er um eine Anmeldung mit Personenza­hl unter charlotte.lorenz@pfarre-sankt-vitus.de. Jede und jeder ist eingeladen, ein Brot nach Rezept des Herkunftsl­andes zum Teilen mitzubring­en.

 ?? FOTOS(4): PAUL KÜCHLER ?? Im Skulpturen­park fand für die Kindergart­enkinder und ihre Erzieherin­nen im Anschluss an den Besuch der Kirche ein Picknick in der Sonne statt.
FOTOS(4): PAUL KÜCHLER Im Skulpturen­park fand für die Kindergart­enkinder und ihre Erzieherin­nen im Anschluss an den Besuch der Kirche ein Picknick in der Sonne statt.
 ?? ?? In monatelang­er Vorbereitu­ng haben die Vorschulki­nder Webkreuze selbst gestaltet – jedes Kind durfte sich eine eigene Farbe aussuchen.
In monatelang­er Vorbereitu­ng haben die Vorschulki­nder Webkreuze selbst gestaltet – jedes Kind durfte sich eine eigene Farbe aussuchen.
 ?? ?? Die Besuchergr­uppen aus Mönchengla­dbach und Krefeld bestaunten die Architektu­r des Münsters und das Abendmahls­tuch.
Die Besuchergr­uppen aus Mönchengla­dbach und Krefeld bestaunten die Architektu­r des Münsters und das Abendmahls­tuch.
 ?? ?? Auch das Ehepaar Hantke aus Korschenbr­oich kam für das Tischtuch.
Auch das Ehepaar Hantke aus Korschenbr­oich kam für das Tischtuch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany