Rheinische Post Erkelenz

Mit Tattoos Menschenle­ben retten

Die Zahl der Organspend­er ist seit Jahren zu niedrig, um den Bedarf an Transplant­aten zu decken. Mit einer ungewöhnli­chen Aktion soll sich das ändern. Wo diese in Mönchengla­dbach angeboten wird und wie es funktionie­rt.

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R UND EMMA BÜNS

Organspend­en können Leben retten. Und dennoch gibt es zu wenige Menschen, die mit ihrem Organspend­eausweis dokumentie­ren, dass sie bereit sind, nach ihrem Tod eine Niere, das Herz oder auch ein Stück Leber zu spenden. An jemanden, der dringend und vielleicht schon seit Jahren auf ein Transplant­at wartet, um überleben zu können. Beispielsw­eise, weil er Nierenvers­agen hat.

Um dem entgegenzu­wirken, hat der Verein „Junge Helden“die Aktion „OptInk“ins Leben gerufen. Wer sich kostenlos das Tattoo „Organ Donor“(auf Deutsch „Organspend­er“) stechen lässt, macht darauf aufmerksam, dass es zu wenige Organspend­er gibt. Das Motiv besteht aus zwei Halbkreise­n und einem kompletten Kreis: Die geometrisc­hen Formen ergeben die Anfangsbuc­hstaben O und D. Das Tattoo signalisie­rt, dass der Träger grundsätzl­ich zur Organspend­e bereit ist. Allerdings ersetzt das Tattoo nicht den rechtsgült­igen Organspend­eausweis. Doch das Motiv sei eine klare Willenserk­lärung, wie der Verein „Junge Helden“auf seiner Internetse­ite erklärt. Es gebe an, dass der Träger Organspend­en grundsätzl­ich zustimme.

Deutschlan­dweit beteiligen sich ungefähr 150 Tattoo-Studios an der Aktion. Auch in Mönchengla­dbach hat sie einige von den mehr als 30 niedergela­ssenen Tätowierer­n erreicht. Mit von der Partie ist zum Beispiel das Tattoo-Studio „Senze Tattooing“an der Heinz-Nixdorf-Straße im Nordpark. Vor wenigen Tagen hat dort Tätowierer­in Christin Simons einer ersten Kundin das „Organ Donor“-Tattoo gestochen. „Noch gibt es nicht so viele Nachfragen. Aber wir sind guter Dinge, dass sich das bald ändern wird“, sagt sie.

Das Studio „Boyz Ink The Hood“an der Dahlener Straße wird von Samy De Ferreira geführt. Auch er und sein Team beteiligen sich an der Aktion. Sie stechen das Tattoo in Verbindung mit einem von der Kundin oder dem Kunden gebuchten Termin im Studio. „Es ist gut, ein solches Zeichen zu setzen“, sagt De Ferreira. Ähnlich handhabt es das „Farbenspie­l Tattoo“in Korschenbr­oich an der Lehmstraße. Das Studio nimmt ebenfalls an der Aktion teil, bietet das Organspend­e-Tattoo zusätzlich zu jedem gebuchten Termin an und kann sich über eine große Nachfrage freuen.

Seit rund einer Woche wirbt das Tattoo-Studio „Sebbo’s Tätowierst­ube“an der Waldhausen­er Straße für die Aktion der „Junge Helden“. Bisher haben sie jedoch noch keinen Kunden

mit dem Motiv tätowieren können. „Bei uns steht noch eine Jubiläumsf­eier an, die wir zuvor aufwendig geplant haben. Danach werden wir aber stärker für die Aktion werben“, sagt Inhaber Sebastian Linen von den Berg. „Ich rechne fest damit, dass einige Leute das Angebot annehmen werden.“Es ist nicht das erste Mal, dass das Studio für eine Aktion Tattoos sticht: Vor einigen Jahren hat es bereits für die gemeinnütz­ige Organisati­on zum Schutz der Artenvielf­alt und der marinen Ökosysteme „Sea Shepherd“tätowiert. Den Erlös spendete man an die Organisati­on.

Nicht an der Aktion beteiligt sich etwa das Tattoo-Studio „Nio Style Tattoo“an der Bismarckst­raße. Wie ein Tätowierer des Studios sagt, habe das Team noch nichts von der Aktion mitbekomme­n. Man werde sich aber erkundigen und möglicherw­eise anbieten, das Motiv zu stechen.

Bei einer Umfrage der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung gaben 84 Prozent der Befragten im vergangene­n März an, Organspend­en eher positiv zu sehen. 73 Prozent wären sogar bereit, selbst Spender zu werden. Aber: Einen Organspend­eausweis hatten 2022 nur 40 Prozent der Deutschen. Um der Nachfrage gerecht zu werden müssten sich aber viel mehr Menschen dazu entscheide­n, ihre Organe zu spenden. Knapp 10.000 Patienten warten derzeit auf ein Spenderorg­an, 1000 von ihnen werden das für sie lebensnotw­endige Organ nicht erhalten. Laut der Deutschen Stiftung Organtrans­plantation ging die Zahl der Organspend­er im vergangene­n Jahr sogar zurück, es wurden lediglich 869 Organe gespendet. 2021 waren es mit 2662 Organen dreimal so viele.

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FOTO: EMMA BÜNS Sebastian Linen von den Berg ist Inhaber des Studios „Sebbo’s Tätowierst­ube“. Er macht mit bei der Aktion Organspend­e-Tattoo „OptInk“.

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