Mit Tattoos Menschenleben retten
Die Zahl der Organspender ist seit Jahren zu niedrig, um den Bedarf an Transplantaten zu decken. Mit einer ungewöhnlichen Aktion soll sich das ändern. Wo diese in Mönchengladbach angeboten wird und wie es funktioniert.
Organspenden können Leben retten. Und dennoch gibt es zu wenige Menschen, die mit ihrem Organspendeausweis dokumentieren, dass sie bereit sind, nach ihrem Tod eine Niere, das Herz oder auch ein Stück Leber zu spenden. An jemanden, der dringend und vielleicht schon seit Jahren auf ein Transplantat wartet, um überleben zu können. Beispielsweise, weil er Nierenversagen hat.
Um dem entgegenzuwirken, hat der Verein „Junge Helden“die Aktion „OptInk“ins Leben gerufen. Wer sich kostenlos das Tattoo „Organ Donor“(auf Deutsch „Organspender“) stechen lässt, macht darauf aufmerksam, dass es zu wenige Organspender gibt. Das Motiv besteht aus zwei Halbkreisen und einem kompletten Kreis: Die geometrischen Formen ergeben die Anfangsbuchstaben O und D. Das Tattoo signalisiert, dass der Träger grundsätzlich zur Organspende bereit ist. Allerdings ersetzt das Tattoo nicht den rechtsgültigen Organspendeausweis. Doch das Motiv sei eine klare Willenserklärung, wie der Verein „Junge Helden“auf seiner Internetseite erklärt. Es gebe an, dass der Träger Organspenden grundsätzlich zustimme.
Deutschlandweit beteiligen sich ungefähr 150 Tattoo-Studios an der Aktion. Auch in Mönchengladbach hat sie einige von den mehr als 30 niedergelassenen Tätowierern erreicht. Mit von der Partie ist zum Beispiel das Tattoo-Studio „Senze Tattooing“an der Heinz-Nixdorf-Straße im Nordpark. Vor wenigen Tagen hat dort Tätowiererin Christin Simons einer ersten Kundin das „Organ Donor“-Tattoo gestochen. „Noch gibt es nicht so viele Nachfragen. Aber wir sind guter Dinge, dass sich das bald ändern wird“, sagt sie.
Das Studio „Boyz Ink The Hood“an der Dahlener Straße wird von Samy De Ferreira geführt. Auch er und sein Team beteiligen sich an der Aktion. Sie stechen das Tattoo in Verbindung mit einem von der Kundin oder dem Kunden gebuchten Termin im Studio. „Es ist gut, ein solches Zeichen zu setzen“, sagt De Ferreira. Ähnlich handhabt es das „Farbenspiel Tattoo“in Korschenbroich an der Lehmstraße. Das Studio nimmt ebenfalls an der Aktion teil, bietet das Organspende-Tattoo zusätzlich zu jedem gebuchten Termin an und kann sich über eine große Nachfrage freuen.
Seit rund einer Woche wirbt das Tattoo-Studio „Sebbo’s Tätowierstube“an der Waldhausener Straße für die Aktion der „Junge Helden“. Bisher haben sie jedoch noch keinen Kunden
mit dem Motiv tätowieren können. „Bei uns steht noch eine Jubiläumsfeier an, die wir zuvor aufwendig geplant haben. Danach werden wir aber stärker für die Aktion werben“, sagt Inhaber Sebastian Linen von den Berg. „Ich rechne fest damit, dass einige Leute das Angebot annehmen werden.“Es ist nicht das erste Mal, dass das Studio für eine Aktion Tattoos sticht: Vor einigen Jahren hat es bereits für die gemeinnützige Organisation zum Schutz der Artenvielfalt und der marinen Ökosysteme „Sea Shepherd“tätowiert. Den Erlös spendete man an die Organisation.
Nicht an der Aktion beteiligt sich etwa das Tattoo-Studio „Nio Style Tattoo“an der Bismarckstraße. Wie ein Tätowierer des Studios sagt, habe das Team noch nichts von der Aktion mitbekommen. Man werde sich aber erkundigen und möglicherweise anbieten, das Motiv zu stechen.
Bei einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gaben 84 Prozent der Befragten im vergangenen März an, Organspenden eher positiv zu sehen. 73 Prozent wären sogar bereit, selbst Spender zu werden. Aber: Einen Organspendeausweis hatten 2022 nur 40 Prozent der Deutschen. Um der Nachfrage gerecht zu werden müssten sich aber viel mehr Menschen dazu entscheiden, ihre Organe zu spenden. Knapp 10.000 Patienten warten derzeit auf ein Spenderorgan, 1000 von ihnen werden das für sie lebensnotwendige Organ nicht erhalten. Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation ging die Zahl der Organspender im vergangenen Jahr sogar zurück, es wurden lediglich 869 Organe gespendet. 2021 waren es mit 2662 Organen dreimal so viele.