Wie Chiarodia vorankommen kann
Wenn der Schiedsrichter eine Gelbe Karte in einem Testspiel mit einem ernsten Blick und ermahnenden Worten verteilt, muss es sich um ein schlimmeres Foul gehandelt haben. Luca Everink von den Go Ahead Eagles wird das bestätigen können, er war am Samstag der Leidtragende einer Grätsche von Fabio Chiarodia und musste früh ausgewechselt werden. Everink hatte Borussias Abwehrspieler stehen lassen, der umständlich versuchte, mit dem linken Bein rechts am Gegenspieler vorbei an den Ball zu kommen. Everinks Fuß wurde schmerzhaft eingeklemmt.
Dabei hätten hinter Chiarodia noch mehrere Borussen gewartet – der 18-Jährige war nicht als Innen-, sondern als Außenverteidiger unterwegs. Trainer Gerardo Seoane hatte in den viermal 30 Minuten vorwiegend auf eine Vierer- statt einer Dreierkette gesetzt. Während zuerst Nico Elvedi und Marvin Friedrich, später dann Max Wöber und Tony Jantschke im Zentrum verteidigten, wich Chiarodia auf die Luca-NetzPosition aus.
Die steht ausdrücklich in seinem Portfolio, Chiarodia ähnelt damit sehr dem jungen Nico Elvedi, nur spiegelverkehrt. Der debütierte 2015 unter André Schubert rechts in einer Dreierkette, spielte aber, wenn eine Viererkette angesagt war, fast immer außen, vor allem unter Dieter Hecking. Erst nach Jannik Vestergaards Abgang 2018 rückte Elvedi dauerhaft in die Mitte.
Eine weitere Gemeinsamkeit gibt es: Chiarodias Wunschposition ist derzeit besetzt von einem Leihspieler, Max Wöber verringert die Einsatzchancen im Zentrum so wie einst Andreas Christensen bei Elvedi. Gladbachs Perspektive, Wöber langfristig zu halten, ist jedoch größer als damals beim hochtalentierten Dänen, der inzwischen für den FC Barcelona spielt. Nun ist Wöber im ersten Pflichtspiel des Jahres gegen den VfB Stuttgart allerdings gesperrt. Chiarodias Chance auf den zweiten Startelf-Einsatz?
Den ersten feierte er im DFB-Pokal gegen den VfL Wolfsburg, als Wöber krank war. Drei Tage zuvor hatte Seoane noch auf Marvin Friedrich neben Elvedi und Joe Scally gesetzt. Die Frage für nächsten Sonntag – ob der Trainer auf Chiarodia oder Friedrich setzt – definiert auch die Stellung des Youngsters in der Innenverteidiger-Hierarchie. Elvedi und Wöber sind vorne, Scally ist noch der überraschende Dritte, weil
Ko Itakura nach seinem Comeback direkt wieder entschwunden ist zum Asien-Cup und Tony Jantschke kaum noch einzuplanen ist als Startelf-Kandidat.
Bislang kam Chiarodia 209 Minuten zum Einsatz, damit ist er die Nummer 20 im Kader. Näher an Friedrich heranzurücken (15. mit 580 Minuten) muss das Ziel sein, von Beginn an hat Seoane Friedrich trotz Itakuras Verletzung seit dem Derby beim 1. FC Köln nur das eine Mal gegen Hoffenheim gebracht. Eine Viererkette mit Chiarodia links könnte eine Variante in den schwierigen Auswärtsspielen bei Bayer Leverkusen oder beim FC Bayern sein.
In den 60 Minuten mit Chiarodia stand gegen die Go Ahead Eagles hinten die Null, vorne hinterlief der Italiener sogar mal Flügelstürmer Robin Hack, lief weit vorne an, gab zwei Schüsse ab und bekam ein Tor abgepfiffen. Lediglich das Foul an Everink war - in erster Linie für den Niederländer selbst - verzichtbar.