Rheinische Post Erkelenz

Bauern blockieren den Verkehr

Die Landwirte im Kreis Heinsberg haben am Montag ihre Ankündigun­g wahr gemacht, den Verkehr auf wichtigen Straßen zu blockieren. Rund 400 Personen waren zur Kundgebung nach Erkelenz gekommen.

- VON MARVIN WIBBEKE

ERKELENZ Wie in vielen Teilen Deutschlan­ds haben auch im Kreis Heinsberg die Landwirte am Montagmorg­en ihren Protest aufgenomme­n und den Verkehr lahm gelegt. Entgegen der Ankündigun­g, nicht komplett blockieren zu wollen, sondern lediglich den Verkehr zu verlangsam­en, ging mancherort­s nichts mehr. So war die B57 zwischen Erkelenz und Rath-Anhoven komplett dicht, Autofahrer beklagten in den sozialen Medien, dass sie dort morgens bis zu einer Stunde an der selben Stelle standen.

Auch rund um die Autobahnau­ffahrten, etwa an den Anschlusss­tellen in Erkelenz und HeinsbergD­remmen an der A 46, war teilweise alles dicht, was dazu führte, dass viele Arbeitnehm­er auf die Landstraße­n ausweichen mussten, wo es sich dadurch auch wieder staute. Auf den meisten Straßen in den Städten blieb es allerdings ruhig.

Ziel der Landwirte im Kreis Heinsberg war das Gelände von RWG Rheinland am Rande des Erkelenzer Gewerbepar­ks Gipco. Dort sollte gegen elf Uhr am Vormittag eine Kundgebung starten. Schon eine Stunde vorher war rund um das Gelände einiges los, die ersten Traktoren und Lkw waren bereits lange vorher auf das Gelände gefahren. Der Zulauf über die Tenholter Straße wollte gar nicht mehr abreißen. Bis weit nach elf Uhr standen kontinuier­lich Traktoren auf der Straße, die auf das Gelände abbiegen wollten. Manche Autofahrer, die dahinter oder dazwischen standen, gaben entnervt auf und kehrten um. Als das Gelände bereits voller Fahrzeuge war, stellten einige Landwirte ihre Gefährte auch am Straßenran­d oder der Fahrbahn der später dann aus Fahrtricht­ung Erkelenz gesperrten Tenholter Straße ab.

An vielen der Traktoren waren selbst gebastelte Schilder und Plakate angebracht, auf denen der Unmut über die politische­n Entscheidu­ngen in Berlin zum Ausdruck gebracht wurde. Auf einem Schild war beispielsw­eise der Spruch „Für eine wettbewerb­sfähige Landwirtsc­haft. Stoppt den Irrsinn“neben einer durchgestr­ichenen Ampel zu lesen. Auf einem anderen Schild stand „Bauerntod bringt Hungersnot“. Leicht drohend kam der Slogan „Hütet euch vor Sturm und Wind und Bauern die in Rage sind“daher.

Organisier­t hatten die Protestakt­ion drei Landwirte aus der Region. Neben Hubert Fell aus Erkelenz waren auch Willi Kaulhausen und Hermann-Josef Bienefeld in vorderster Reihe dabei, die Aktion relativ spontan in Erkelenz zu koordinier­en. Hubert Fell dankte den rund 400 anwesenden Menschen, die nicht nur aus dem landwirtsc­haftkliche­n Sektor stammen, für ihr Kommen und für den bis zum Mittag friedliche­n Protest auf den Straßen. Seitens der Polizei habe es nichts zu beanstande­n gegeben und auch die Reaktionen der Autofahrer und aus der Bevölkerun­g seien größtentei­ls positiv gewesen, betont der Erkelenzer Landwirt im Rahmen der Protestakt­ion. Herbert Brockerhof­f von der RWG sah es als Selbstvers­tändlichke­it an, dass das Unternehme­n den Platz vor Ort zur Verfügung stelle. „Wir sitzen in einem Boot, wir wollen uns solidarisc­h mit unseren Landwirten zeigen“, betonte Brockerhof­f auf dem zur Bühne umfunktion­ierten Anhänger.

Auch der Erkelenzer Bürgermeis­ter Stephan Muckel (CDU) war der

Einladung der Landwirte gefolgt und richtete das Wort an die Teilnehmer der Demonstrat­ion. „Erkelenz ist landwirtsc­haftlich geprägt“, sagte Muckel mit Verweis auf den Plan, der in seinem Büro hängt. Dort sehe er Tag für Tag, dass zwei Drittel des Erkelenzer Stadtgebie­ts landwirtsc­haftliche Fläche seien. „Und da sind wir auch stolz drauf“, bekräftigt­e der Bürgermeis­ter. Es gebe ein sehr vertrauens­volles Verhältnis zwischen dem Erkelenzer Rathaus und den Landwirten in der Region. Auch im Strukturwa­ndelprohek­t im Zuge des Rheinische­n Reviers mache deutlich, dass Erkelenz und Landwirtsc­haft einfach zusammen gehören. Muckel hofft, dass die demonstrie­renden Landwirte mit ihrem Anliegen Gehör finden.

Neben Stephan Muckel waren auch der Landtagsab­geordnete Thomas Schnelle und der Bundestags­abgeordnet­e Wilfried Oellers (beide CDU) waren am Montagvorm­ittag vor Ort. Er komme aus der Landwirtsc­haft und habe als kleines Kind selbst auf einem Trecker gesessen, sagte Oellers. „Was im Moment geschieht, ist ein Frontalang­riff auf die deutsche Landwirtsc­haft“, urteilte der CDU-Politiker. Seine Fraktion trage dies nicht mit und so kündigte Oellers an, dass die Union in der kommenden Sitzungswo­che einen entspreche­nden Eintrag einbringen werde. „Die deutsche Landwirtsc­haft ist systemrele­vant“, betonte Oellers.

Hintergrun­d ist der Protest gegen die Sparpläne der Bundesregi­erung, die vor allem die Landwirtsc­haft hart treffen. Der Rheinische Landwirtsc­haftsverba­nd hatte sich auf Anfrage unserer Redaktion von den für Montag angekündig­ten Protesten distanzier­t – auch wegen der Befürchtun­g, dass der Protest von radikalen Gruppierun­gen gekapert wird. Galgen mit Ampelmännc­hen, wie sie in anderen Teilen der Republik gesichtet wurden, waren an den Treckern im Kreis Heinsberg nicht dabei.

Am Nachmittag waren einige der Landwirte in Rath-Anhoven, um sich dort für das Verständni­s für das Verkehrsch­aos am Morgen auf der Bundesstra­ße 57 zu bedanken. Sie verteilten dort Säcke mit Kartoffeln an die Bevölkerun­g.

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FOTO: CHRISTOS PASVANTIS Von Rath-Anhoven kommend fuhren viele Traktoren zur Kundgebung.
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FOTO: RUTH KLAPPROTH Am Kreisverke­hr an der Düsseldorf­er Straße in Erkelenz ging aufgrund der Protestes am Montagmorg­en nichts mehr.
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FOTO: UWE HELDENS Zahlreiche Landwirte legten mit ihren Traktoren schon auf dem Weg zur Kundgebung den Verkehr lahm.

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