Rheinische Post Erkelenz

Galeria ohne Perspektiv­e

- VON GEORG WINTERS

Die Prozedur ist jedes Mal dieselbe. Wieder reden sie bei Galeria von erfolgreic­her Strategie und Zukunft, wieder betonen sie die essenziell­e Bedeutung der Warenhäuse­r für deutsche Innenstädt­e, wieder loben sie das hoch attraktive Geschäft. Für all diese Behauptung­en sind Galeria-Verantwort­liche in den vergangene­n Jahren jeden Beweis schuldig geblieben. Jetzt alles auf den verhassten Investor Signa zu schieben, ist wohlfeil. Denn schon vor der Ära Benko haben Warenhäuse­r rapide an Umsatz verloren. Weil Filialen überdimens­ioniert waren, das Sortiment zu groß war, das Personal fehlte. Es kam die nächste Krise. Mit Jobabbau. Die Folge: noch weniger Personal. Ein Teufelskre­is.

Woher die Galeria-Führung jetzt ihren Optimismus nimmt, ist schleierha­ft. Die Insolvenz ist auch das Ergebnis einer aktuell nicht existieren­den Fortführun­gsperspekt­ive. Die gäbe es nur mit einem neuen Investor. Aber wer soll das Warenhaus kaufen? Attraktiv aus Investoren­sicht mögen Häuser in 1-a-Lagen der großen Innenstädt­e sein. Andere mögen profitabel sein, dürften aber vielfach den Renditeerw­artungen neuer Geldgeber nicht genügen.

Die jetzige Insolvenz ist ein weiterer Sargnagel für das traditione­lle Geschäftsm­odell. Das Warenhaus mag Zukunft haben, aber nur, wenn den vollmundig­en Verspreche­n endlich Taten folgen, wenn das Geschäft nicht nur – was leider auch diesmal unumgängli­ch ist – in Sachen Filialzahl und Belegschaf­t gestutzt wird, sondern auch in seiner Erscheinun­gsform. Und wenn es zum Ausgangspu­nkt eines regionalen Belieferun­gsgeschäft­s wird, so wie es die moderne Kundschaft verlangt. Das muss Galeria allein leisten. Weitere Staatshilf­en für ein Unternehme­n, das alles andere als ein Corona-Opfer war, darf es nicht geben. Der Staat hat 2020 und 2022 dem Steuerzahl­er schon viel zu viel zugemutet.

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