So soll sich Borussias Spiel im Detail verbessern
Unabhängig von der Systemfrage müssen die Gladbacher im Detail noch einige Spielprinzipien ihres Trainers Gerardo Seoane im zweiten Saisonteil stärker herausarbeiten. Wir schauen auf drei zentrale Punkte – sowohl mit als auch gegen den Ball.
Eine zentrale Frage vor dem Spiel am kommenden Sonntag (17.30 Uhr) daheim gegen den VfB Stuttgart lautet: In welchem Spielsystem wird Gladbach in den zweiten Saisonteil starten? Wird es wie häufig zuletzt das 5-3-2 sein, wird Trainer Gerardo Seoane zurückkehren zum in Gladbach bewährten 4-2-3-1, oder entscheidet er sich für ein 4-3-3?
Unabhängig von der Grundordnung seines Teams wird Seoane aber darauf bedacht sein, dass sich seine Mannschaft im Detail weiterentwickelt. Die Handschrift des Schweizers zeigte sich schon im ersten Saisonteil, als Gladbach deutlich schneller und direkter als noch unter Vorgänger Daniel Farke nach vorn spielte und wesentlich mehr über die Außenbahnen angriff. Doch gibt es noch einige Elemente und Spielprinzipien, sowohl mit als auch gegen den Ball, in denen sich Borussia auch kurzfristig noch verbessern sollte. Hier sind drei wesentliche Punkte.
Das Aufbauspiel Jonas Omlin fühlte sich gleich richtig wohl im Tor der Borussia, als Anfang des vergangenen Jahres nach Gladbach wechselte. Das hatte auch mit dem Spielstil seiner neuen Mannschaft zu tun. „Ich spiele lieber hinten raus. Und in Gladbach weiß ich, die Jungs sind das gewohnt und wollen das auch so. Das macht dann auch viel Spaß“, sagte der Schweizer Keeper im ersten großen Interview mit unserer Redaktion. Omlin indes fehlt seit Monaten, nach dessen SchulterOperation übernahm Moritz Nicolas den Job zwischen den Pfosten.
Und der 26-Jährige kam schnell an in seiner verantwortungsvollen Aufgabe – auch im eigenen Spielaufbau. Nicolas spielte sicher von hinten heraus, er verzichtete auf allzu riskante Anspiele und schlug den Ball notfalls
weit nach vorne. Wenn Jordan als Gladbachs Stoßstürmer auf dem Feld war, konnte dies auch eine gute Lösung sein, schließlich gehört es zu den Stärken des US-Amerikaners, den Ball mit dem Rücken zum gegnerischen Tor festzumachen.
Doch zum einen stand Jordan nicht immer zur Verfügung, zum anderen kombinierte sich Gladbach seit der Zeit von Trainer Lucien Favre in erster Linie mit flachen Pässen aus der eigenen in die gegnerische Hälfte. Seoane will dieses Stilmittel ebenfalls gestärkt sehen, auch wenn sich sein Team mit Nicolas in diesem Bereich bereits im Laufe der Hinserie gesteigert hat. Noch gibt es aber Luft nach oben – das bezieht
sich nicht nur auf die Passqualität, sondern auch auf die Angebote der Pass-Empfänger aus der Abwehrreihe oder dem Mittelfeld.
Das Offensivspiel Die vermehrten Angriffe über die Flügel wurden bereits erwähnt, Gladbach schlägt viel mehr Flanken als in den vergangenen Jahren, weil Seoane auch wieder mit einem klassischen Neuner spielen lässt. Die Torproduktion ließ auch nicht zu wünschen übrig, 31 Treffer in 16 Spielen sind ein guter Wert. Doch will Seoane das Offensivspiel der Borussen auf noch breitere Beine stellen.
Ein wichtiges und ausbaufähiges Element ist dabei das Spiel in die Tiefe. Sowohl über die Außenbahnen als auch in den zentraleren Positionen kann Gladbach da noch deutlich mehr Gefahr entwickeln. Auf den Flügeln wäre es recht hilfreich,
deutlich häufiger in den Rücken der gegnerischen Abwehrkette zu gelangen, um bei den Hereingaben mehr Optionen zu haben und nicht aus dem Halbraum flanken zu müssen.
Darüber hinaus geht es aber vor allem um die Laufwege, für die der nach Leverkusen abgewanderte Jonas Hofmann so geschätzt wurde. Immer wieder bot er den Weg in die Tiefe an, zog dabei meistens von rechts nach innen, um möglichst zentral steil geschickt zu werden. Diese Angebote der Offensiv- und Mittelfeldspieler braucht es auch jetzt, zudem die Zuspiele zur rechten Zeit – das Timing spielt eine große Rolle.
Ein schönes und erfolgreiches Beispiel boten die Borussen in Freiburg, als beim 1:1 durch Jordan Julian Weigl auf den durchgestarteten Luca Netz chippte. Das war indes eine Freistoß-Variante, aus dem Spiel heraus kann sich Gladbach noch steigern – und sich am 2:0 im Test gegen die Go Ahead Eagles orientieren: Da fand Alassane Plea mit schönem Direktspiel den durchgelaufenen Patrick Herrmann.
Die Kompaktheit Noch größere Fortschritte muss Borussia allerdings im Defensivverhalten machen, 35 Gegentore sprechen eine deutliche Sprache. Laut den Datenanalysten von „statsbomb.com“gewährt kein Bundesligist dem Gegner im znetralen Mittelfeld und auf den Außenbahnen mehr Freiraum für eigene Angriffe wie die Borussia. Dies zu ändern und damit auch möglichst weniger Abschlüsse des Gegners zuzulassen, muss das Ziel sein. Dazu benötigt es mehr Kompaktheit, das bedeutet geringere Abstände zwischen Mannschaftsteilen und den einzelnen Spielern. Dies ist unabhängig davon, ob Borussia auf hohe Ballgewinne aus ist oder eher etwas tiefer steht.
Im Test gegen die Go Ahead Eagles war zu sehen, wie die Gladbacher des Öfteren sehr hoch pressten, künftig in der Liga ist in solchen Fällen ein konsequentes Nachschieben vonnöten. Doch muss die Aktivität auch hoch sein, wenn sich Seoanes Team in die eigene Hälfte fallen lässt. Daran haperte es noch zu häufig im ersten Saisonteil, wenngleich der Coach im letzten Spiel bei Eintracht Frankfurt in dieser Hinsicht schon eine Steigerung ausgemacht hat – die Gegentore gab es erst in Unterzahl in der Nachspielzeit. Doch klar ist, dass in dem Bereich noch viel und möglichst schnell passieren muss, um mehr zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen.