Rheinische Post Erkelenz

So lief die Lützerath-Räumung

Räumung des besetzten Dorfs am Tagebau Garzweiler bestimmte vor einem Jahr bundesweit die Schlagzeil­en.

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(cpas) Genau ein Jahr ist es her, dass Erkelenz plötzlich weltweit in den Medien kursierte. Dabei spielte das längst verlassene Dorf Lützerath am Rand des Braunkohle­tagebaus Garzweiler für die Menschen in der Stadt längst keine Rolle mehr. Umso mehr war es aber zum Symbol der Klimaschut­zbewegung geworden.

Immer mehr Menschen kamen in das Dorf, das in Landwirt Eckardt Heukamp nur noch einen „echten“Bewohner hatte, um in Häusern und Höfen, in Zelten und auf Baumhäuser­n zu wohnen. Zum Schluss waren es knapp 600 Menschen, die den Ort vor dem Abbaggern retten wollten – der große Braunkohle­bagger des Tagebaubet­reibers RWE stand dort schon bedrohlich nah vor dem Dorf.

Politisch kam durch die Klimabeweg­ung plötzlich Leben in die Debatte. Letztlich wurden der Kohleausst­ieg auf 2030 vorgezogen und fünf Nachbardör­fer Keyenbergs damit gerettet, ein Erhalt Lützeraths war politisch hingegen nie Priorität gewesen. Deshalb rückte genau vor einem Jahr, am 11. Januar 2023, die Polizei an. Knapp 3700 Einsatzkrä­fte aus dem ganzen Bundesgebi­et benötigten letztlich nur wenige Tage, um das Dorf von Aktivisten zu räumen.

Diese hatten Lützerath kurz vorher als „unräumbar“erklärt und mit zahlreiche­n Mitteln versucht, eine Räumung so lange wie möglich hinauszuzö­gern. Dazu zählten unter anderem in die Straße einbetonie­rte Stahlträge­r (teils sogar mit darauf aufgespieß­ten Autos), ein Tunnel, in dem zwei als „Pinky“und „Brain“bekannt gewordene Aktivisten tagelang ausharrten, eingemauer­te und verschanzt­e Häuser, Dutzende Tripods und besetzte Baumhäuser sowie an Boden und Wänden festgekleb­te Aktivisten.

Der Protest blieb überwiegen­d friedlich, gerade am ersten Räumungsta­g

kam es aber auch immer wieder zu Würfen von Flaschen, Backsteine­n und sogar eines Molotowcoc­ktails auf Polizeibea­mte.

Deutlich angespannt­er war die

Stimmung am Samstag des 14. Januars. Zu einer Großdemons­tration kamen aus dem ganzen Bundesgebi­et zwischen 15.000 und 35.000 Menschen auf das Feld zwischen Lützerath und Keyenberg, zu den Rednerinne­n auf einer Kundgebung zählte auch Klimaaktiv­istin Greta Thunberg. Einige Hundert Menschen versuchten schließlic­h, Lützerath zu erstürmen, drängten die Polizeiket­te bis fast an den Zaun vor dem Ort zurück – es kam zu Zusammenst­ößen. Die Polizei zählte rund um die Räumung 594 Straftaten, 32 Verfahren wurden gegen Polizeibea­mte eingeleite­t.

Schon wenige Tage nach der Räumung war Lützerath vollständi­g abgerissen und verschwund­en, mittlerwei­le hat der Braunkohle­bagger bereits die etwa 800 Meter hinter dem ehemaligen Dorf liegende Landstraße 12 erreicht – sechs Jahre soll in Garzweiler noch Kohle gefördert werden.

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FOTO: DPA Brennende Autoreifen während der Räumung.

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