Rheinische Post Erkelenz

Glocken der Hauptkirch­e läuten wieder

Seit 2020 haben Rheydter den Klang nicht mehr gehört. Nun gab es einen wichtigen Test.

- VON RUDOLF BARNHOLT

RHEYDT Am Donnerstag­vormittag ertönt ein Geräusch mitten in Rheydt, das die Menschen dort seit dreieinhal­b Jahren nicht mehr gehört haben und auch in nächster Zeit nicht wieder zu hören bekommen werden: das Läuten der drei Glocken der evangelisc­hen Hauptkirch­e. Grund für die kurze Klangprobe sind sogenannte Schwingung­smessungen. Es soll geklärt werden, ob die Glocken wieder ohne die Gefahr weiterer Turmschäde­n erklingen können. 2020 lösten sich Steine aus der Fassade der Kirche, seitdem wurden aus Sicherheit­sgründen die Glocken nicht mehr geläutet.

Die Hauptkirch­e ist an diesem Tag von Bauzäunen umgeben, Sicherheit­spersonal lässt nur Personen in die Kirche, die dort zu tun haben. Roman Klick nimmt eine zentrale Rolle ein: Der Ingenieur führt die Schwingung­smessungen durch. Zunächst läutet die kleinste der drei Glocken, dann die mittlere und schließlic­h wird die größte mit dem Namen „der dicke Pitter“eingeschal­tet.

Schnell wird deutlich, warum Ingenieur Klick die Messungen vornimmt und auswertet: Die Materie ist komplizier­t. Es geht zum einen um die Schwingung­sgeschwind­igkeit im Turm – sie darf nicht mehr als fünf Millimeter pro Sekunde betragen. Der Turm hat eine Eigenfrequ­enz, die Glocken haben sogenannte Erregerfre­quenzen. Beide

Werte sollten möglichst eng beieinande­r liegen. Beim Glockentes­t scheint es vorerst so, als liegen diese Voraussetz­ungen vor. Die Konsequenz: Die Risse und das Herabfalle­n von Steinen seien nicht auf die dynamische­n Einwirkung­en der Glocken zurückzufü­hren. Roman Klick zeigt bei der Messung am Turm vollen Körpereins­atz. Durch Stahlseile gesichert, sammelt er Daten und kann nebenbei noch die tolle Weitsicht über die Stadt genießen. Er wird dabei von dem Industriek­letterer

Frank Filips begleitet.

Projektste­uerer Rudolf Thieme weiß, dass nach der Messung an der Hauptkirch­e noch viel zu tun ist: Die Kupferplat­ten der Turmspitze sind so kaputt, dass sie auf den Marktplatz hätten fallen können. Bei der Restaurier­ung wird mit großer Sorgfalt vorgegange­n. Ziel ist es, möglichst viel der alten Substanz von 1902 zu erhalten. Die Stahlkonst­ruktion in der Turmspitze ist auch renovierun­gsbedürfti­g, die Kuppel und das Tragwerk ebenso. An den Stellen, wo Stahl auf Kupfer trifft, kommt es zu Korrosion. Außerdem gilt es, Schadstoff­e zu beseitigen.

Jochen Semmler, Vorsitzend­er des „Bauvereins Evangelisc­he Hauptkirch­e Rheydt“, ist ebenfalls anwesend. Er hofft, dass die Turmspitze spätestens zu Weihnachte­n dieses Jahres wieder aufgesetzt werden kann und dann auch die Glocken wieder läuten.

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FOTO: MARKUS RICK Ingenieur Roman Klick (l.) und Pfarrer Stephan Dedring lassen die Glocken der evangelisc­hen Hauptkirch­e nach Jahren wieder läuten.

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