Waschen, schneiden, Meere säubern
Mit abgeschnittenen Haaren die Meere reinigen – das hat sich das Unternehmen „Hair help the Oceans“vorgenommen. Wie das geht und welche Mönchengladbacher Friseure das Vorhaben unterstützen.
MÖNCHENGLADBACH Aufmerksame Augen entdecken den Hinweis bereits an der Eingangstür: Dort ist ein Aufkleber mit der Aufschrift „Partnersalon Hair help the Oceans“angebracht. Mit Haaren soll also den Meeren geholfen werden? Wie das genau funktioniert, weiß Thorsten Döhm. Ihm gehört der Friseursalon „Rusty Razor Gents and Gals“in Hardterbroich-Pesch, der sich hinter der Tür mit dem Aufkleber befindet.
Die Idee: Abgeschnittene Haare als natürlichen Filter gegen Verschmutzung in den Weltmeeren einzusetzen. Seit Anfang vergangenen Jahres macht er bei der Aktion mit, die ein Unternehmen aus Niedersachsen initiiert hat. „Es war mir wichtig, etwas für die Umwelt zu tun, und ich dachte mir, irgendjemand muss ja anfangen“, sagt der Geschäftsinhaber. „Das Konzept ist wirklich einfach. Jeder Friseurladen, der möchte, kann mitmachen.“
Döhms Salon war nach eigenen Angaben der Erste in Mönchengladbach der begann, Haare für die Meere zu sammeln. „Ein anderer Vorteil ist, dass so auch weniger Müll entsteht“, erzählt Döhm. Ein Ansatz, den auch die Gründer von „Hair help the Oceans“verfolgen. Denn jedes Jahr werden tonnenweise Haarreste im Restmüll entsorgt. Das Unternehmen ist aus Friseuren entstanden. Haare waren demnach schon immer im Fokus und mit ihnen auch die Frage, was mit den abgeschnittenen Resten noch angefangen werden kann. Da Haare die besondere Eigenschaft haben, viel Fett binden zu können, entstand die Idee, sie als Filter einzusetzen. Ein Kilogramm Haare kann bis zu acht Kilogramm Öl binden. Diese Funktion verlieren sie auch nach dem Schneiden nicht. Zudem können sie gereinigt und erneut verwendet werden. Deshalb können sie in Meeren, Seen und Flüssen eingesetzt werden, um Öl, Benzin und auch Sonnencremereste zu binden und somit aus dem Wasser zu filtern.
Bis es soweit ist, haben abgeschnittenen Stoppeln und Strähnen einen längeren Weg vor sich. Im Hinterraum von „Rusty Razor“steht ein großer Papiersack. „Darin sammeln wir alle Haare, die abgeschnitten werden. Sortieren müssen wir nichts. Die Länge spielt keine Rolle, weil sowohl ganz kurze als auch lange Strähnen für die Filter genutzt werden können“, erklärt Döhm. Sogar gefärbte Haare und Dreads dürfen mit hinein. Wichtig sei nur, dass es Echthaar ist. Gesammelt wird bis das Paket etwa fünf Kilo wiegt, dann kann es abgeholt werden. Um die Kosten für Transport und Produktion abzufangen, fällt für teilnehmende Friseure eine Gebühr von knapp 25 Euro an.
Gemeinsam mit vielen anderen
Kartons, Tüten und Behältern voller Haare geht es nach Bückeburg in Niedersachsen. Dort befinden sich das Lager und die Produktion des Unternehmens. Im Schüttelverfahren werden die Haare dort zunächst gereinigt, um anschließend sortiert und entsprechend ihrer Länge verarbeitet zu werden. „Es gibt zwei Varianten. Längere Haare werden verfilzt, sodass eine Art Teppich oder
Matte entsteht, die ins Wasser gelegt wird und dort Fette bindet. Kürzere Haare werden durch einen Schlauch zusammengehalten“, erklärt Emidio Gaudioso, Mitbegründer von „Hair help the Oceans“. Die natürlichen Filter wurden den Angaben nach bereits weltweit eingesetzt. Beispielsweise als 2020 vor Mauritius ein Frachter auf Grund lief und mehrere Tausend Tonnen Öl verlor. Aber auch in Motorboothäfen können Ölteppiche mithilfe dieser Filter verhindert werden, und in Baderegionen binden sie Rückstände von Sonnencreme, die insbesondere Korallen gefährlich werden können.
Auch Döhms Kunden zeigen sich von der Aktion angetan: „Viele sind verwundert, weil sie davon noch nie gehört haben und nicht wussten, dass das geht“, sagt der Friseur. „Sie empfinden es genau wie wir als gute Sache, wir erhalten viel Zuspruch.“
Um genügend Material für die Filter zu sammeln, arbeitet „Hair help the Oceans“mit Friseurläden in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden zusammen. Längst ist Döhm mit seinem Salon auch in Mönchengladbach nicht mehr der einzige Beteiligte. Unter anderem ist das „Hairconcept Ortmann“in Wickrath dabei, und auch der „Salon Sonja Meuters“in Korschenbroich sammelt Haare für die Umweltaktion.