Jordan Siebatcheu hat unterschätztes Potenzial für Seoane
Die schwelende FührungsspielerDebatte rund um Borussia ist bei Trainer Gerardo Seoane angekommen. Ob Rocco Reitz das Zeug habe, mal einer zu werden wie Stefan Effenberg, der einst als Eigengewächs in Gladbach schon als Jung-Profi Führungsansprüche einforderte und später der „Cheffe“in Gladbach war, wurde der Trainer zuletzt gefragt.
„Ob Rocco in die Rolle eines Führungsspielers reinwachsen kann? Gut möglich. Aber so etwas braucht seine Zeit“, antwortete Seoane. Er mahnt in solchen Fällen zur Vorsicht, er will jungen Männer wie Reitz, 21, nicht zu viel Verantwortung aufbürden. Der Schweizer sieht indes reichlich andere Kandidaten im Team, die Führungsarbeit machen. „Max Wöber, Nico Elvedi und Jule Weigl haben in der Kabine und auf dem Platz Einfluss“, sagte Seoane. Fußballerisch geht aktuell vor allem Alassane Plea voran.
Seoane nannte einen weiteren Mann, der seinen Ansprüchen an einen Anführer genügt: „Auch ein Jordan hat Einfluss in der Kabine und, solange er fit war, auch auf unsere Spielweise mit Sprechen, mit Verantwortung“, erklärte Seoene, was Jordan Siebatcheu wichtig macht. Jordan, den Leihspieler von Union Berlin, für den Borussia eine Kaufoption hat, werden nicht viele ad hoc auf der Liste der real existierenden Bosse haben. Doch tatsächlich ist er sehr präsent auf dem Platz, allein wegen seiner körperlichen Erscheinung – der US-Amerikaner geht, flapsig gesagt, als „Kante“durch.
Und er weiß seinen Körper im Sinne des Seoane-Stils einzusetzen: Zum einen ist er ein echter Zielspieler im Strafraum. Und mit dem Rücken zum Tor ist er ein zuverlässiger Ball-Festmacher – sein Landsmann, der Torwart Kasey Keller, war einst „The Wall“für die Gladbach-Fans,
Jordan wird zur Wand für die Gegenspieler in seinem Rücken.
Letzteres macht ihn besonders einflussreich für das Gladbacher Spiel. Denn wenn Jordan die Bälle abschirmt, können die anderen Borussen nachrücken und ihr Spiel nach vorn schieben. Zudem bringt er ins Spiel, was Seoane gern mehr hätte: Kontrolle. Jordan schirmt ab und verteilt die Bälle. Er hilft dem Team, mal in Ruhe aufzubauen.
Ein wenig erinnert seine Rolle an die Mike Hankes unter Lucien Favre. Wie Jordan war Hanke nicht der Torjäger mit dem größten Output, doch auch Hanke war in Kombination mit Marco Reus ein enorm wichtiges Element für Favre, auch er war gut darin, Bälle festzumachen und zu verteilen. Nun ja, und Tore konnte er letztlich ja auch. Das sind deutliche Parallelen zu Jordan und dessen Auftrag.
Dass Jordan einer ist, der auch die Richtung des Spiels vorgibt, illustrierte sein Fingerzeig beim 3:1-Sieg in Bochum. Er deutete auf Florian Neuhaus, der ihm als Adressat für Pleas Pass besser geeignet schien, und er hatte Recht: Neuhaus schoss den Ball ins Tor. Eine Aktion, die für Jordan als Teamplayer ebenso spricht, wie für seine Antizipationsfähigkeit in wichtigen Spielsituationen und für ihn als Kommunikator auf dem Platz.
Das Problem ist: Jordan fällt oft aus und braucht dann Zeit, um wieder anzukommen im BorussenSpiel. Das zeigte zuletzt das Testspiel gegen die Go Ahead Eagles. Jordan konnte beim 3:2 seine Stärken nicht ausspielen, weil er gar nicht wirklich reinkam ins Geschehen.
Möglich, dass er deswegen am Sonntag beim ersten Pflichtspiel im neuen Jahr gegen den VfB Stuttgart (17.30 Uhr, Dazn) zunächst mal nur zweite Wahl ist und auf der Bank sitzt. Denn, und das hat Seoane betont, nur ein fitter Jordan kann auf seine Art Gladbachs Spiel beeinflussen und ein Anführer sein.