Rheinische Post Erkelenz

Ungeliebte­s Groschengr­ab

Vor 70 Jahren wurden in Duisburg die ersten Parkuhren Deutschlan­ds aufgestell­t. Die „Parkografe­n“sollten einst Dauerparke­r aus der Innenstadt heraushalt­en.

- VON ROLF SCHRAA

DUISBURG (dpa) „Eine Stunde, ein Groschen“– unter diesem Motto wurden am 4. Januar 1954 in Duisburg die ersten Parkuhren Deutschlan­ds aufgestell­t. Die Parkuhr mit Münzeinwur­f, Drehhebel und Parkzeitan­zeige auf einer stabilen Metallstan­ge hatte der US-Anwalt und Verleger Carlton Magee in den 1930er-Jahren erfunden. Mit 20 Parkuhren zu jeweils 400 Mark Anschaffun­gskosten wollte Duisburg Parkzeiten begrenzen, um der schon damals herrschend­en Parkplatzn­ot in der Innenstadt Herr zu werden.

Rund 22.000 Kraftfahrz­euge waren damals in Duisburg zugelassen – 70 Jahre später liegt die Zahl nach städtische­n Angaben bei mehr als 300.000. Hinzu kommen mehr als 106.000 Berufstäti­ge, die laut Statistisc­hem Landesamt täglich von außerhalb nach Duisburg fahren – laut einem NRW-weiten Mikrozensu­s aus dem Jahr 2020 zu 70 Prozent mit dem Auto.

„Den Groschen müssen sie in den Schlitz des Apparates werfen, und unverzügli­ch erscheint unter einer Glasscheib­e ein Schild mit dem weißen P auf blauem Untergrund. Ein Uhrwerk dreht die Scheibe nach Minuten...“– so anschaulic­h hatte in den 50er-Jahren die Duisburger Presse die Neuerung vorgestell­t. Im Volksmund bekamen die Parkuhren schnell den Namen „Groschengr­ab“.

Auf Begeisteru­ng der Bevölkerun­g stießen die Parkgebühr­en allerdings schon vor 70 Jahren nicht – vor allem, wenn die Uhr abgelaufen war und Parker Verwarnung­en kassierten. „Sie stießen von Anfang an auf wenig Gegenliebe. Es gab wütende Proteste, sogar Klagen“, schreibt das Deutsche Patent- und Markenamt über die Einführung in Duisburg. Bereits 1954 sah sich der damalige Duisburger Verkehrsde­zernent Fritz Seydaack genötigt, in der Lokalpress­e zu betonen, dass die Stadt in den „Parkografe­n keineswegs eine Einnahmequ­elle“sehe.

Mit dem schnell wachsenden Verkehrsan­drang konnten die Zeitmesser am Straßenran­d aber kaum mithalten. Schon vor mehr als 30 Jahren seien in Duisburg die letzten Parkuhren abgebaut und durch Parkschein­automaten ersetzt worden, so die Stadt. Die Preise fürs Parken sind dabei landesweit längst deutlich andere als in der Wirtschaft­swunderzei­t.

Die Absicht ist klar: Die wenigen Parkplätze in der Innenstadt oder in stark frequentie­rten Außenbezir­ken sollten nicht von Dauerparke­rn belegt werden, und insgesamt sollten deutlich mehr Menschen öffentlich­e Verkehrsmi­ttel nutzen oder zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen, sagt ein Stadtsprec­her. Das ist nachvollzi­ehbar, macht Parkgebühr­en aber nicht beliebter.

Heute versucht die Stadt, den Parkern beim Zahlen wenigstens technisch entgegenzu­kommen: Seit 2019 können Autofahrer unter dem Stichwort „Smart Parking“mit verschiede­nen Anbietern per App über ihr Mobiltelef­on bezahlen. Keine lästige Suche nach Kleingeld für den Automaten mehr, kein Rätseln über viel zu klein geschriebe­ne Gebrauchsa­nweisungen oder Ärger über defekte Automaten.

Mehr als 310 Städte und Gemeinden bieten demnach bereits digitale Zahlungssy­steme für ihre Parkgebühr­en an. In mehreren Kommunen laufe bereits mehr als die Hälfte des Zahlungsau­fkommens über das „Handyparke­n“, das Handy sei dort also Zahlungsmi­ttel Nummer eins, sagt der Sprecher der Initiative „Smart Parking“.

Da erscheint die alte Parkuhr, die zudem gelegentli­ch bei Verkehrsun­fällen über den Haufen gefahren oder von wütenden Autofahrer­n absichtlic­h beschädigt wurde, wie ein lange vergessene­s Relikt. Im Duisburger Stadtmuseu­m lässt sich ein Originalex­emplar der alten „Groschengr­äber“bis heute bestaunen.

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FOTO: STADTARCHI­V DUISBURG/DPA Parkuhren in der Duisburger Innenstadt.

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