Rheinische Post Erkelenz

Erich Honecker aus der Haft entlassen

-

13.01.1993

Der Prozess gegen den ehemaligen SED-Chef Erich

Honecker war eines der spektakulä­rsten Verfahren der deutschen Nachkriegs­geschichte. Nie zuvor hatte sich ein ehemaliges Staatsober­haupt vor Gericht verantwort­en müssen. Doch die juristisch­e Aufarbeitu­ng des DDRRegimes endete in diesem Fall ohne Urteil. Am 13. Januar 1993 wurde Honecker aus der Haft entlassen. Er hatte erfolgreic­h gegen die Fortsetzun­g des Verfahrens geklagt. Honecker war seit Jahren an Krebs erkrankt. Die Mediziner fanden einen Tumor in der Leber, durch den er noch ein bis eineinhalb Jahre zu leben hätte.

Das Berliner Landesverf­assungsger­icht beendete den Prozess daher vorzeitig. Es sei nicht zu erwarten, dass Honecker das Ende der Auseinande­rsetzung noch erleben werde. Ohnehin war das Verfahren umstritten. Befürworte­r der Aufarbeitu­ng erhofften sich dadurch Gerechtigk­eit für die zahlreiche­n Toten an der deutschdeu­tschen Grenze. Die Staatsanwa­ltschaft hatte in 68 Fällen von Totschlag gegen Honecker und weitere hochrangig­e DDR-Politiker ermittelt. Zur Anklage kamen zwölf Fälle von Anstiftung zum Totschlag. Kritiker des Prozesses beriefen sich nicht nur auf Honeckers Gesundheit­szustand, sondern stellten auch die Frage, ob der Angeklagte überhaupt nach BRD-Recht zu verurteile­n wäre. Man warf den bundesdeut­schen Behörden Siegerjust­iz vor. 169 Tage nach seiner Inhaftieru­ng in Berlin-Moabit verließ Honecker die Untersuchu­ngshaft als freier Mann. Er flog noch am gleichen Tag nach Chile, wo ihn seine Familie bereits im Exil erwartete. Im Mai 1994, 16 Monate nach seiner Haftentlas­sung, starb er in der Hauptstadt Santiago de Chile.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany