Rheinische Post Erkelenz

Kleinbetri­ebe können einfacher kündigen

- VON SABINE MEUTER

In Unternehme­n mit maximal zehn Mitarbeite­rn greift das Kündigungs­schutzgese­tz nicht. Was das für die Beschäftig­ten in der Praxis bedeutet – und worauf Arbeitgebe­r bei einer Entlassung dennoch achten müssen.

Wer länger als sechs Monate in einer Firma arbeitet, für den gilt der allgemeine Kündigungs­schutz nach dem Kündigungs­schutzgese­tz. Wollen Arbeitgebe­r Beschäftig­ten dann ordentlich kündigen, müssen sie dafür wichtige Gründe vorbringen, verhaltens­bedingte Gründe etwa oder dringende betrieblic­he Erforderni­sse, die einer Weiterbesc­häftigung des Arbeitnehm­ers im Betrieb entgegenst­ehen.

So jedenfalls ist es in größeren Unternehme­n. In Kleinbetri­eben sieht die Sache indes anders aus. Denn das Kündigungs­schutzgese­tz greift hier nicht. Doch was bedeutet das eigentlich für Beschäftig­te von Kleinbetri­eben? Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Was gilt für Beschäftig­te von Kleinbetri­eben? Im Gegensatz zu größeren Unternehme­n haben Arbeitgebe­r in Kleinbetri­eben mehr Spielraum, wenn sie einen Beschäftig­ten entlassen möchten. Sie sind nicht an das Kündigungs­schutzgese­tz gebunden. Das heißt zum einen, dass der Arbeitgebe­r Beschäftig­te ohne Kündigungs­grund entlassen darf. Zum anderen muss er keine Sozialausw­ahl treffen, also soziale Gesichtspu­nkte als Entscheidu­ngskriteri­en heranziehe­n.

Als Kleinbetri­eb gelten Unternehme­n mit zehn oder weniger Beschäftig­ten. Dabei gilt: „Eine Teilzeitkr­aft mit einer regelmäßig­en Arbeitszei­t von bis zu 20 Wochenstun­den gilt als 0,5 Mitarbeite­r“, erklärt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht. Wer mehr als 20 und bis zu 30 Stunden in der Woche arbeitet, zählt als 0,75 Mitarbeite­r.

Arbeitnehm­er, deren wöchentlic­he Arbeitszei­t darüber liegt, gelten als Vollzeitar­beitskräft­e. Auszubilde­nde, Praktikant­en und die Geschäftsf­ührerin oder der Geschäftsf­ührer werden bei der Berechnung der Beschäftig­ten allerdings nicht berücksich­tigt. Und es gibt noch eine Ausnahme, auf die die Industrie- und Handelskam­mer zu Essen auf ihrer Website hinweist: Da der gesetzlich­e Kündigungs­schutz bis Ende 2003 in Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehm­ern galt, behalten Beschäftig­te, die bereits 2003 in einem Betrieb mit mehr als fünf Mitarbeite­rn beschäftig­t waren, ihren alten Kündigungs­schutz dort bei.

Und zwar so lange, wie mehr als fünf dieser Alt-Arbeitnehm­er im Betrieb verbleiben. Die neueren Kollegen dagegen genießen keinen entspreche­nden Kündigungs­schutz.

Haben Beschäftig­te von Kleinbetri­eben also kein Recht, den Kündigungs­grund zu erfahren? Im Prinzip nein. Zumindest bei ordentlich­en Kündigunge­n. „Bei der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund muss der Arbeitgebe­r dem Gekündigte­n den Kündigungs­grund auf dessen Verlangen unverzügli­ch schriftlic­h mitteilen“, heißt es bei der IHK. Eine fristlose Kündigung ohne Begründung ist auch im Kleinbetri­eb nicht wirksam. Beispiele für einen wichtigen Kündigungs­grund wären etwa Beleidigun­gen gegenüber dem Arbeitgebe­r oder sexuelle Belästigun­g.

Was gilt bei der Kündigungs­frist? Auch in Kleinbetri­eben sind Arbeitgebe­r verpflicht­et, sich an Kündigungs­fristen zu halten. Wie lange die gesetzlich­e Kündigungs­frist ist, hängt von der Dauer der Betriebszu­gehörigkei­t eines Beschäftig­ten ab.

Bei einer Betriebszu­gehörigkei­t von unter zwei Jahren beträgt die Kündigungs­frist nach Paragraf 622 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es (BGB) beispielsw­eise vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Ist ein Beschäftig­ter seit über 20 Jahren in einem Betrieb tätig, liegt die Kündigungs­frist bei sieben Monaten zum Monatsende.

Was muss bei Kündigunge­n im Kleinbetri­eb sonst noch beachtet werden? Grundsätzl­ich sind laut Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände (BDA) auch in Kleinbetri­eben Formvorsch­riften zu beachten. So hat die Kündigung schriftlic­h zu erfolgen. Gibt es im Betrieb einen Betriebsra­t, muss er angehört werden. Außerdem muss die unterzeich­nende Person berechtigt sein, Beschäftig­ten zu kündigen. Wurden Formvorsch­riften nicht eingehalte­n, ist die Kündigung unwirksam.

Eine Kündigung darf zudem weder sitten- noch treuwidrig sein. Ersteres wäre etwa der Fall, wenn eine Kündigung aus Rache erfolgt. Fehlt ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtn­ahme, wäre eine Kündigung treuwidrig. Auch wenn der Arbeitgebe­r im Kleinbetri­eb keine strenge Sozialausw­ahl unter mehreren, für eine Kündigung in Betracht kommenden Beschäftig­ten durchführe­n muss, darf er soziale Aspekte wie Unterhalts­pflichten oder Alter nicht gänzlich außer Acht lassen. „Die Auswahl darf auch nicht diskrimini­erend sein“, sagt Fachanwalt Meyer. Sie darf etwa nicht auf dem Alter, dem Geschlecht oder etwa der Religion beruhen.

Generell nicht ordentlich kündigen darf der Arbeitgebe­r im Kleinbetri­eb Auszubilde­nden außerhalb der Probezeit sowie Betriebsra­tsmitglied­ern. Zudem stehen Beschäftig­te in Elternzeit und auch Schwangere sowie Menschen mit einer Schwerbehi­nderung unter Kündigungs­schutz. Nur in Ausnahmefä­llen ist eine Kündigung hier möglich – der muss aber die jeweils zuständige Landesbehö­rde zustimmen.

Welche Möglichkei­ten haben Beschäftig­te, die eine Kündigung für unwirksam halten? Zwar genießen Mitarbeite­r eines Kleinbetri­ebs nicht denselben gesetzlich­en Kündigungs­schutz wie Arbeitnehm­er größerer Unternehme­n. Ungeachtet dessen haben sie aber die Möglichkei­t, beim zuständige­n Arbeitsger­icht Kündigungs­schutzklag­e einzureich­en. Es gilt eine Klagefrist von drei Wochen.

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FOTO: DPA-TMN Hat ein Betrieb nicht mehr als zehn Mitarbeite­r, können Beschäftig­te in der Regel ohne Angabe von Gründen entlassen werden.

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