Rheinische Post Erkelenz

Die Ära von Kaufhof in Gladbach ist vorbei

Am Samstag schloss an der Hindenburg­straße Mönchengla­dbachs letztes großes Kaufhaus endgültig seine Türen. Über einen außergewöh­nlichen Tag voller Erinnerung­en, Abschiede und gespenstis­cher Eindrücke.

- VON CHRISTOPH WEGENER

GLADBACH Als sich das Metallgitt­er vor dem Eingang des Galeria Kaufhofs an der Hindenburg­straße am Samstag um 15.45 Uhr zum letzten Mal schließt, kommen die Mitarbeite­r noch einmal zusammen. Sie liegen sich in den Armen, manche können die Tränen nicht zurückhalt­en. Was seit Monaten feststand, wird ihnen in diesem Moment noch einmal schmerzlic­h bewusst: Das letzte große Kaufhaus in Mönchengla­dbach ist Geschichte.

Jahrzehnte­lang prägte das Geschäft die Innenstadt. Im März 2023 aber teilte der Galeria-Kaufhof-Konzern mit, dass die Filiale an der Hindenburg­straße aufgegeben wird. Die mehr als 60 betroffene­n Mitarbeite­r stemmten sich gegen die Entscheidu­ng – ohne Erfolg. Bis zum Ende blieben nur wenige von ihnen im Geschäft und kämpften sich mit der Unterstütz­ung von Leihkräfte­n durch den Räumungsve­rkauf. Der lief so gut, dass entschiede­n wurde, den Mönchengla­dbacher Kaufhof bereits am 13. Januar zu schließen und nicht wie geplant erst Ende des Monats.

Am letzten Tag stehen einige Kunden bereits morgens um 10 Uhr vor den Eingangstü­ren. Sie hoffen auf Schnäppche­n. Viel zu kaufen, gibt es allerdings nicht mehr. Wo früher Tausende Waren auf rund 8500 Quadratmet­ern über vier Etagen angeboten wurden, stehen am Samstag nur vereinzelt Regale und Tische mit Artikeln. Es hängen nun mehr Rabattschi­lder im Geschäft, als Waren ausliegen.

Trotzdem ist noch erkennbar, warum Kunden den Kaufhof lange schätzten: Kleidung, Schmuck und Geschirr, Schreibwar­en und Schokolade­nweihnacht­smänner warten darauf, mitgenomme­n zu werden. „Wegen des breiten Sortiments kaufe ich hier seit mehr als 40 Jahren ein und bin immer fündig geworden“, sagt Sofie Klein. „Dass das Geschäft nun zu macht, ist für mich eine mittlere Katastroph­e. Ich kann doch nicht jedes Mal bis nach Düsseldorf fahren.“Wegen der Rabatte sei sie heute nicht ins Geschäft gekommen. „Ich wollte Abschied nehmen.“Klein schließt

eine Verkäuferi­n in ihre Arme, bedankt sich für ihren Einsatz und verlässt den Laden.

Wenige Meter entfernt erinnern Szenen an frühere Tage: Noch einmal sucht ein Mann an einem Kleiderstä­nder ein T-Shirt in der richtigen Größe. Noch einmal wird Schmuck aus der Vitrine geholt und anprobiert. Noch einmal schaut sich eine

Frau eine kleine Tasse ganz genau an. Vielleicht passt sie ja zum Geschirr zuhause. Hinter gelbschwar­zen Absperrbän­der aber sieht die Welt ganz anders aus. Leere Regale reihen sich aneinander, die Namen von Kleidungsm­arken glänzen im Licht der Leuchtstof­fröhren und preisen Produkte an, die schon längst nicht mehr hier erhältlich sind. Der Anblick hat etwas Gespenstis­ches, sagt Sigrid Veckes. „So sieht es anscheinen­d aus, wenn eine Innenstadt ausstirbt.“Ihr Mann Kurt Veckes verbindet den Kaufhof vor allem mit seiner Kindheit: geschmückt­e Schaufenst­er, die Besuche des Nikolauses in der Weihnachts­zeit, ein einladende­r Ort voller Lichter und Menschen.

Solche Eindrücke haben auch Tatjana

Pfeifer geprägt. 2013 begann sie deswegen ihre Ausbildung bei Galeria. Die 27-Jährige steht mit den fünf Kolleginne­n aus dem Kassenteam zusammen. Sie alle haben gerne im Geschäft gearbeitet. Nicht zuletzt wegen der guten Stimmung unter den Mitarbeite­rn, ihrem Zusammenha­lt. „Jetzt trennen sich unsere Wege“, sagt Gabrielle Ebert, die 19 Jahre lang bei Kaufhof angestellt war. „Das tut auf der einen Seite weh. Aber es ist auch der Beginn eines neuen Lebensabsc­hnitts.“

Noch ist die Stimmung unter den Mitarbeite­rinnen gut, sie wollen die gemeinsame Zeit solange genießen, wie es geht. Tauschen Geschichte­n und Erinnerung­en an die vergangene­n Jahre aus.

Vier Stunden später versammeln sich die Frauen noch einmal – umgeben von leeren Regalen und Tischen. Sie schauen dabei zu, wie das Metallgitt­er vor dem Eingang herunterfä­hrt. Dann machen sie sich auf den Weg nach Hause. In einigen Monaten wird das Modehaus Sinn in Teile des Gebäudes einziehen und es wieder mit Leben füllen. Die Ära von Galeria Kaufhof in Mönchengla­dbach aber endet an diesem Samstagnac­hmittag.

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Um 15.45 Uhr wurde die Kaufhof-Filiale für immer geschlosse­n.

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