Die Ära von Kaufhof in Gladbach ist vorbei
Am Samstag schloss an der Hindenburgstraße Mönchengladbachs letztes großes Kaufhaus endgültig seine Türen. Über einen außergewöhnlichen Tag voller Erinnerungen, Abschiede und gespenstischer Eindrücke.
GLADBACH Als sich das Metallgitter vor dem Eingang des Galeria Kaufhofs an der Hindenburgstraße am Samstag um 15.45 Uhr zum letzten Mal schließt, kommen die Mitarbeiter noch einmal zusammen. Sie liegen sich in den Armen, manche können die Tränen nicht zurückhalten. Was seit Monaten feststand, wird ihnen in diesem Moment noch einmal schmerzlich bewusst: Das letzte große Kaufhaus in Mönchengladbach ist Geschichte.
Jahrzehntelang prägte das Geschäft die Innenstadt. Im März 2023 aber teilte der Galeria-Kaufhof-Konzern mit, dass die Filiale an der Hindenburgstraße aufgegeben wird. Die mehr als 60 betroffenen Mitarbeiter stemmten sich gegen die Entscheidung – ohne Erfolg. Bis zum Ende blieben nur wenige von ihnen im Geschäft und kämpften sich mit der Unterstützung von Leihkräften durch den Räumungsverkauf. Der lief so gut, dass entschieden wurde, den Mönchengladbacher Kaufhof bereits am 13. Januar zu schließen und nicht wie geplant erst Ende des Monats.
Am letzten Tag stehen einige Kunden bereits morgens um 10 Uhr vor den Eingangstüren. Sie hoffen auf Schnäppchen. Viel zu kaufen, gibt es allerdings nicht mehr. Wo früher Tausende Waren auf rund 8500 Quadratmetern über vier Etagen angeboten wurden, stehen am Samstag nur vereinzelt Regale und Tische mit Artikeln. Es hängen nun mehr Rabattschilder im Geschäft, als Waren ausliegen.
Trotzdem ist noch erkennbar, warum Kunden den Kaufhof lange schätzten: Kleidung, Schmuck und Geschirr, Schreibwaren und Schokoladenweihnachtsmänner warten darauf, mitgenommen zu werden. „Wegen des breiten Sortiments kaufe ich hier seit mehr als 40 Jahren ein und bin immer fündig geworden“, sagt Sofie Klein. „Dass das Geschäft nun zu macht, ist für mich eine mittlere Katastrophe. Ich kann doch nicht jedes Mal bis nach Düsseldorf fahren.“Wegen der Rabatte sei sie heute nicht ins Geschäft gekommen. „Ich wollte Abschied nehmen.“Klein schließt
eine Verkäuferin in ihre Arme, bedankt sich für ihren Einsatz und verlässt den Laden.
Wenige Meter entfernt erinnern Szenen an frühere Tage: Noch einmal sucht ein Mann an einem Kleiderständer ein T-Shirt in der richtigen Größe. Noch einmal wird Schmuck aus der Vitrine geholt und anprobiert. Noch einmal schaut sich eine
Frau eine kleine Tasse ganz genau an. Vielleicht passt sie ja zum Geschirr zuhause. Hinter gelbschwarzen Absperrbänder aber sieht die Welt ganz anders aus. Leere Regale reihen sich aneinander, die Namen von Kleidungsmarken glänzen im Licht der Leuchtstoffröhren und preisen Produkte an, die schon längst nicht mehr hier erhältlich sind. Der Anblick hat etwas Gespenstisches, sagt Sigrid Veckes. „So sieht es anscheinend aus, wenn eine Innenstadt ausstirbt.“Ihr Mann Kurt Veckes verbindet den Kaufhof vor allem mit seiner Kindheit: geschmückte Schaufenster, die Besuche des Nikolauses in der Weihnachtszeit, ein einladender Ort voller Lichter und Menschen.
Solche Eindrücke haben auch Tatjana
Pfeifer geprägt. 2013 begann sie deswegen ihre Ausbildung bei Galeria. Die 27-Jährige steht mit den fünf Kolleginnen aus dem Kassenteam zusammen. Sie alle haben gerne im Geschäft gearbeitet. Nicht zuletzt wegen der guten Stimmung unter den Mitarbeitern, ihrem Zusammenhalt. „Jetzt trennen sich unsere Wege“, sagt Gabrielle Ebert, die 19 Jahre lang bei Kaufhof angestellt war. „Das tut auf der einen Seite weh. Aber es ist auch der Beginn eines neuen Lebensabschnitts.“
Noch ist die Stimmung unter den Mitarbeiterinnen gut, sie wollen die gemeinsame Zeit solange genießen, wie es geht. Tauschen Geschichten und Erinnerungen an die vergangenen Jahre aus.
Vier Stunden später versammeln sich die Frauen noch einmal – umgeben von leeren Regalen und Tischen. Sie schauen dabei zu, wie das Metallgitter vor dem Eingang herunterfährt. Dann machen sie sich auf den Weg nach Hause. In einigen Monaten wird das Modehaus Sinn in Teile des Gebäudes einziehen und es wieder mit Leben füllen. Die Ära von Galeria Kaufhof in Mönchengladbach aber endet an diesem Samstagnachmittag.