Rheinische Post Erkelenz

Stetige Veränderun­g schadet der Offensive nicht

Gladbachs Saison ist vorne von taktischer Flexibilit­ät und vielen personelle­n Optionen geprägt. Für die verschiede­nen Systeme sind unterschie­dliche Angreifer prädestini­ert. Wer wann gut zur Geltung kam und wer vor dem Tor noch Nachholbed­arf hat.

- VON THOMAS GRULKE

Natürlich wurde Gerardo Seoane am vergangene­n Sonntag auch auf den Mann des Tages angesproch­en. Und auf die Frage, was Robin Hack jetzt besser mache als noch zu Saisonbegi­nn, antwortete­t Gladbachs Trainer: „Ein Offensivsp­ieler muss sich beweisen gegenüber seinen Konkurrent­en. Wer ist gefährlich­er, wer sorgt für mehr Torgefahr? Und da hatte Robin zuletzt die Nase vorn.“

Gegen den VfB war Hack der nächste in einer ganzen Reihe von Gladbacher Offensivsp­ielern, die im Verlauf der Saison ihr persönlich­es Highlights­piel oder allgemein eine ganz gute Phase erleben. Das lässt sich auch daran ablesen, dass der Gegner Stuttgart insgesamt noch vier Tore mehr erzielt hat als die Borussen (34), aber bislang nur sieben verschiede­ne Torschütze­n vorweist und damit nur halb so viele wie Gladbach. Während der VfB vor allem von den Toren ihres Sturmduos Serhou Guirassy (17) und Deniz Undav (9) lebt, verteilen sich die Borussen-Tore auf viele Profis.

Doch es ist auffällig, dass Borussias Offensivsp­ieler in gewissen Formwellen durch die Saison kommen. Das hat nicht nur mit Verletzung­en zu tun, sondern auch mit der taktischen Flexibilit­ät, die in Gladbach unter Seoane Einzug gehalten hat. So kamen bislang manche Angreifer in einem bestimmten System deutlich besser zum Zuge, während andere womöglich ihre Stärken dort nicht so einbringen konnten. So ist es bis jetzt eine Borussen-Spielzeit der Mehr-Phasen-Offensive.

Dabei starteten die Gladbacher unter ihrem neuen Trainer in einem altbekannt­en System. Das 4-2-3-1 erwies sich im Sommer zunächst als ideale Formation, um zum einen die beiden Zugänge Franck Honorat (auf dem rechten Flügel) und Tomas Cvancara (in der Sturmspitz­e) zu integriere­n sowie zum anderen die Stärken von Alassane Plea (als

Zehner) und Nathan Ngoumou (auf links) zum Tragen zu bringen. Gerade Letzterer und der neue Neuner Cvancara zeigten sich treffsiche­r zum Saisonauft­akt in Meistersch­aft und Pokal.

Cvancaras Lauf sollte dann aber schnell enden, nach der ersten Länderspie­lpause reihte sich eine Zwangspaus­e an die nächste, sodass der Tscheche nicht mehr in den Rhythmus fand. Derweil stellte Seoane nach der katastroph­alen ersten Halbzeit von Darmstadt erstmals um: Der nach dem Saisonstar­t

von Union Berlin ausgeliehe­ne Jordan Siebatcheu wurde nun Teil einer Doppelspit­ze. Die Stärkung des zentralen Mittelfeld­s im 3-5-2 verringert­e die Möglichkei­ten der klassische­n Flügelspie­ler Ngoumou und Hack, ließ dafür aber Plea aufblühen.

Mit seinem Doppelpack beim 3:1 in Bochum startete der Franzose einen Lauf, der an seine starke Debütsaiso­n erinnerte. In neun Bundesliga­spielen traf Plea siebenmal. Und auch Kollege Jordan kam in Schwung, schoss zwei Liga- und zwei Pokaltore (beide beim 3:1 in der zweiten Runde gegen Heidenheim). Lange Zeit ging es gut, dass entweder er oder Cvancara zur Verfügung stand, beide mussten aber zwischendu­rch pausieren – und im Dezember stand dann plötzlich keiner von ihnen zur Verfügung.

Hack erhielt beim 2:2 gegen Bremen seine erste Chance in der Liga von Beginn an, als Teil einer Doppelspit­ze mit Plea tat er sich jedoch schwer. Der 25-Jährige kommt besser zum Zug, wenn er stärker über die Außenbahn nach innen ziehen kann – sowie er es nun gegen Stuttgart eindrucksv­oll demonstrie­rte. Da hatte Seoane auf ein 4-3-3 gesetzt, mit Hack auf dem linken und Honorat auf dem rechten Flügel.

Letzterer nimmt in den vielen Systemände­rungen seines Trainers eine Sonderroll­e ein, da er einem Wechsel normalerwe­ise nicht zum Opfer fällt. Denn anders als Hack oder Ngoumou ist Honorat in der Lage, auch im 3-5-2 den Part des alleinigen rechten Flügelspie­lers zu übernehmen. Das mag auch mit dafür verantwort­lich sein, dass der Franzose der einzige Offensivsp­ieler ist, der in Sachen eigener Abschluss noch kein persönlich­es HighlightS­piel oder eine Hoch-Phase hatte.

Gerade wenn Seoane in den kommenden Wochen noch häufiger auf das 4-3-3 bauen sollte und Honorat somit weiter vorne positionie­rt ist, sollte er seine Torprodukt­ion steigern und sich nicht nur durch gute Flanken und Vorlagen an der guten Offensivau­sbeute seiner Mannschaft beteiligen.

Ein Tor-Hoch Honorats würde auf jeden Fall gut zur ersten Saison unter Seoane passen: Das Kollektiv – und da gehören auch einige Treffer durch die Mittelfeld­spieler Rocco Reitz, Florian Neuhaus und Manu Koné dazu – sowie die taktische Flexibilit­ät machen wett, dass vor der Saison Marcus Thuram, Jonas Hofmann und Lars Stindl gegangen sind. Borussia hat eine neue Offensive – und sie ist bislang äußerst vielfältig.

 ?? FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA ?? Viel Grund zur Freude in der Vorrunde: Franck Honorat, Nathan Ngoumou, Alassane Plea und Jordan Siebatcheu (von links) bejubeln ein Gladbacher Tor.
FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Viel Grund zur Freude in der Vorrunde: Franck Honorat, Nathan Ngoumou, Alassane Plea und Jordan Siebatcheu (von links) bejubeln ein Gladbacher Tor.

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