Ärger vor CDU-Kreisparteitag
Am Donnerstagabend soll Anna Stelten zur neuen Vorsitzenden der CDU im Kreis Heinsberg gewählt werden. Doch vorher wird Unmut laut – ausgerechnet aus der Frauen-Union.
Auf den ersten Blick sieht es nach einer sauberen, klar geregelten Nachfolge im CDUKreisverband aus: Anna Stelten (33) aus dem Selfkant soll am Donnerstagabend, 18. Januar, beim Kreisparteitag in Effeld zur Nachfolgerin von Bernd Krückel werden. Der 59 Jahre alte Landtagsabgeordnete hatte am 5. Dezember überraschend seinen Rückzug angekündigt und gleichzeitig öffentlich gemacht, dass bei ihm im vergangenen Jahr eine schwere Erkrankung festgestellt worden war. Diese habe er zwar überwunden, sei aber noch lange nicht wieder im Vollbesitz seiner Kräfte und wolle für die „wichtigen Weichenstellungen“bei der Kreis-CDU nun Platz machen. Zehn Tage später schlug er Stelten in einem Brief an die Mitglieder als seine Nachfolgerin vor. Gleichwohl räumte er allen Mitgliedern die Möglichkeit ein, weitere Vorschläge für eine Neubesetzung zu machen.
Nur einen Tag vor dem Kreisparteitag rumort es nun aber innerhalb der CDU. Grund dafür ist ein öffentlich gewordenes Schreiben von Rita Zurmahr-Tabellion, in den vergangenen Jahrzehnten eine der wichtigsten Frauen in der Kreis-CDU. Die Hückelhovenerin hat zwar kein Problem mit der Person Anna Stelten, sehr wohl aber mit der Art und Weise, wie diese Nachfolgeregelung gelaufen ist. „Warum ist diese Eile und überstürzte vorgezogene Wahl notwendig?“Zurmahr-Tabellion kritisiert, dass es zwischen dem 20.
Dezember und der Vorstandssitzung am 8. Januar für die Stadt- und Gemeindeverbände wegen der Feiertage wohl kaum möglich gewesen wäre, sich intensive Gedanken zu machen – zumal ja auch Anfang Dezember Klausurtagungen und Haushaltsdebatten anstanden. „Ein solches Hau-Ruck-Verfahren ist der Wahl der, des Kreisvorsitzenden nicht angemessen“, schreibt Zurmahr-Tabellion. Sie habe den Eindruck, dass die Personalfrage im Hintergrund längst geklärt sei, ohne dass die Verbände vor Ort einbezogen werden sollten.
Das Schreiben, das eigentlich nur an die Frauen-Union adressiert war, ist mittlerweile in der CDU rumgegangen. Auf Nachfrage sagt Zurmahr-Tabellion, dass sie mit ihrer Meinung nicht allein dastehe und viele positive Rückmeldungen erhalten habe. In anderen Teilen der Partei ist der Ärger über ihre Mail allerdings groß, wie unsere Redaktion erfuhr, zumal das Thema nun so kurz vor dem Kreisparteitag an die Öffentlichkeit kam.
Bernd Krückel steht zu seinem Vorgehen. Dass ihm nach seiner schweren Erkrankung noch die Kraft fehlt, sei eben erst gegen Ende des Jahres klar geworden: „Ich habe diese Entscheidung zum Wohl der Partei getroffen. Wir haben in diesem Jahr fünf Parteitage zu gestalten und sind in der Diskussion für eine Umgestaltung der Satzung. Da muss man mit voller Kraft dabei sein.“Führungslos in das Jahr zu gehen war für Krückel (18 Jahre
lang Vorsitzender) angesichts der wichtigen Aufgaben in diesem Jahr keine Option.
In der Tat ist es für die CDU ein entscheidendes Jahr: Neben der Europawahl müssen vor allem die Weichen für die Kommunalwahl 2025 gestellt werden. Knapp 2720 Mitglieder hat der Kreisverband derzeit – es waren mal deutlich mehr.
Krückel ärgert sich über die Kritik: „Wenn Frau Zurmahr-Tabellion ihr Anliegen wirklich ernst gewesen wäre, dann hätte sie mit mir sprechen können. Ich weiß, dass sie viele Menschen angerufen hat, mich aber nie.“
Dass Anna Stelten mit den Stellvertretern Wilfried Oellers (Bundestagsabgeordneter) und Thomas Schnelle (Landtagsabgeordnete) die neue Vorstandsspitze stellen, sei auch nicht seine Idee gewesen, sagt Krückel: „Auf meine Anfrage an die Mitglieder, wer Interesse an
dem Posten hat, haben sich exakt drei Menschen gemeldet: Anna Stelten, Wilfried Oellers und Thomas Schnelle. Und das untereinander auch schon mit der konkreten Vorstellung, dass Anna Stelten die Vorsitzende wird.“
Kritik bekam neben Krückel auch Karin Mainka ab, Kreisvorsitzende der Frauen-Union. Sie habe am 20. Dezember den Mitgliedern des FUKreisvorstands geschrieben, „dass es gut wäre, wenn Anna das Votum des FU-Kreisvorstands bekommen würde“. Wer nicht einverstanden sei, solle sich bei Mainka melden, sonst gehe sie von einem Einverständnis aus. Für Zurmahr-Tabellion ist das „kein korrektes Wahlverfahren“und könne „nicht ernsthaft den engagierten FU-Frauen und der CDU im Kreis Heinsberg zugemutet werden“.
Karin Mainka will das nicht auf sich sitzen lassen. Denn abgesehen
davon, dass nicht die Frauen-Union, sondern der Kreisparteitag den neuen Vorsitz wählt und der Vorschlag für Stelten auch nicht aus der Frauen-Union gekommen sei, ist für Mainka klar: „Wenn sich eine Frau für dieses Amt zur Verfügung stellt, dann unterstützen wir sie natürlich auch.“Eine solche Empfehlung zu geben, sei daher „nichts Unübliches“.
Der Unmut von Zurmahr-Tabellion sei „eine Einzelmeinung und bestimmt nicht die Meinung der Frauen-Union.“
So oder so, Anna Stelten dürfte am Donnerstagabend im Effelder Bürgerhaus als junges, frisches Gesicht mit großer Mehrheit gewählt werden und wird damit die erste Frau an der Spitze der Kreis-CDU. Ebenfalls zurückziehen wird sich wegen schwerer Erkrankung Hanno Kehren, der auch jahrzehntelang Teil des Kreisvorstands war.