Rheinische Post Erkelenz

Familienme­tzgerei in Wickrath ist plötzlich zu

Bei „Zorn“an der Quadtstraß­e stehen Kunden seit dieser Woche vor verschloss­enen Türen. Die Einkaufsst­raße verliert damit das zweite Lebensmitt­elgeschäft innerhalb weniger Monate. Weshalb es dazu kam, und wo Kunden weiterhin lieb gewonnene Waren erstehen k

- VON CARSTEN PFARR

Erst der Bäcker, jetzt der Metzger: Die Wickrather Einkaufsst­raße hat dieser Tage den zweiten herben Verlust innerhalb weniger Monate hinnehmen müssen. Denn wie ein Aushang an der Familienme­tzgerei Zorn informiert, hat das Geschäft zum 13. Januar geschlosse­n. Viele Kunden und selbst informiert­e Wickrather sind überrascht – und äußern ihr Bedauern.

Auch Christian Zorn, Fleischerm­eister und in dritter Generation Chef des Familienbe­triebs „Zorn Fleisch- und Wurstwaren“, findet es eigenen Angaben zufolge „traurig“, dass die Metzgerei an der Quadtstraß­e jetzt geschlosse­n ist. „Aber wir mussten diese Entscheidu­ng treffen“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Von den ehemals vier Angestellt­en (drei in Vollund eine in Teilzeit beschäftig­t) sind in den vergangene­n Monaten zwei ausgeschie­den – erst im Oktober, dann im Januar. Neues, qualifizie­r

tes Personal zur Kompensati­on habe er nicht finden können, sagt der Fleischerm­eister. Und mit den verbleiben­den Kollegen sei der Verkauf nicht aufrecht zu halten gewesen: „Wir können den Kunden ja nicht sagen, wir öffnen mal so und dann mal so. Wir brauchen feste Zeiten, die wir sicher einhalten können.“

Die Metzgerei an der Quadtstraß­e ist indes nur ein Teil des Familienbe­triebs, der eine Produktion in Wickrath hat, die das Hauptgesch­äft von „Zorn“ist und laut Zorn von der Schließung unberührt bleibt. So ist es weiterhin möglich, dass Wickrather lieb gewonnene Fleischpro­dukte

kaufen können. Christian Zorn verweist dafür auf den Supermarkt Rewe Esch an der Beckrather Straße 39.

Dass die Schließung der Metzgerei für den Ort gravierend­e Folgen haben könnte, weiß aber auch Zorn. „Das ist eine Katastroph­e für Wickrath“, räumt er ein. Wie es mit dem Ladenlokal weitergeht, wisse er aber nicht. Zorn habe mehrere andere Metzgerei-Betriebe angefragt, ob sie den Standort übernehmen würden. „Aber auch die wollen nicht“, berichtet Zorn. Für „klassische Metzger“sei die Lage schwer.

Mit „Zorn“verliert die kleine Einkaufsst­raße

in Wickrath-Mitte ihr letztes Lebensmitt­elgeschäft. Denn Ende Oktober 2023 hat bereits Josef Gillraths von der gleichnami­gen Traditions­bäckerei, die neben der Metzgerei lag, die Reißleine gezogen und die Filiale an der Quadtstraß­e geschlosse­n. Auch er gab damals Personalma­ngel als Grund für diesen Schritt an. Von ehemals zwölf Mitarbeite­nden in der Backstube in Venrath waren im Oktober noch vier bis fünf im Einsatz. Die Produktion von Backwaren könne damit nicht in der erforderli­chen Menge erfolgen, um die Filiale in Wickrath sowie die Filiale in Erkelenz, die ebenfalls geschlosse­n wurde, zu beliefern. „Gillraths Brotkorb“in Wickrath ist seitdem ein Leerstand. Ein Schild verweist die Kunden an die Kuckumer Straße 9 in Venrath. Das Ladenlokal selbst ist mittlerwei­le leer geräumt.

Der Einkaufsst­raße bleiben unter anderem Bekleidung­sgeschäfte, mehrere Friseurläd­en, Arztpraxen, das Sanitätsha­us und eine Apotheke zwischen dem Optiker und dem Gemeindela­den. Außerdem Geschäfte für Blumen, für Hundezubeh­ör und für Haushaltsw­aren. Genug Auswahl für das Sträßchen, sollte man meinen. Und doch ist der Leerstand im zum Markt hingelegen­en Abschnitt markant: Allen vorweg die Familienme­tzgerei Zorn als großes Geschäft direkt zu Beginn, gefolgt von der leer stehenden Bäckerei als nächstes Eckhaus.

Auch zu einer möglichen Nachfolge für „Gillraths Brotkorb“gibt es bisher keine Neuigkeite­n. Wer in dem Ort Brot braucht, muss Wege bis an die Straße „Op de Fleer“(Bäckerei Bähren), den Kohlenweg (Bäckerei Stinges) oder zu den umliegende­n Supermärkt­en (Norma, Netto, Rewe, Aldi) in Kauf nehmen. Auf letztgenan­nte müssen auch die Zorn-Kunden umschwenke­n – oder auf die Metzgerei Esser bei Norma.

Dennoch: Für die Wickrather geht „ein Stück Lebensqual­ität“, so drückt es eine Frau bei Facebook aus, verloren. Dort teilen viele ihre positiven Erinnerung­en mit dem Geschäft und den Waren. Doch auch sie befürchten ein Sterben des Ortskerns – ein trauriger Trend, der in anderen Formen auch die Zentren Rheydt und Gladbach heimsucht.

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FOTO: CARSTEN PFARR Die Metzgerei „Zorn“am unteren Ende der Quadtstraß­e in Wickrath ist seit Mitte Januar geschlosse­n.

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