Rheinische Post Erkelenz

Im Schnee ins Schwarze treffen

Biathlon läuft im TV, vor allem, wenn Olympische Winterspie­le sind. Der Sport zwischen Präzision und Puls ist etwas für wahre Profis. Im Thüringer Wald können sich beim Gästebiath­lon aber auch Touristen ausprobier­en, die neugierig geworden sind.

- VON VERENA WOLFF

Da steht es, das Kleinkalib­ergewehr. Auf einer Matte am Schießstan­d der Skisportha­lle in Oberhof. Mit einer Art kleinem Stativ, auf dem der Lauf der Waffe ruht. Die Zielscheib­en sind 50 Meter entfernt, eingefasst in Beton. Genau so, wie es den offizielle­n Normen entspricht. Mit dieser Waffe also schießen die Biathletin­nen und Biathleten, die im Winter für hohe Einschaltq­uoten im Fernsehen sorgen.

Biathlon, das ist Langlaufen und Schießen im Wechsel. Man zielt mal im Stehen, mal im Liegen. Mit einem Puls, der es vielen Menschen schon unmöglich machen würde, die Waffe auch nur still zu halten. Wer diese Sportart selbst ausprobier­en will, ist im Thüringer Wald genau richtig. Im Liegen, bei vier Grad minus, auf einer Mischung aus echtem und künstliche­m Schnee in der Skihalle. Ja, das Gästebiath­lon an diesem Tag in Oberhof, hier, auf rund 800 Metern Höhe am Rennsteig, ist eine Indoor-Veranstalt­ung.

Die erste Leistung: Die richtige Position zur Waffe finden. Trainerin Anne Mittelsdor­f erklärt, wie es geht: der Zeigefinge­r am Abzug, die anderen am Schaft darunter. Ob man mit dem rechten oder dem linken Auge zielt, ist Geschmacks­sache

– und kommt auf die Sehleistun­g an. Während es unter Bauch und Beinen kühl wird, folgt der schwierige Teil.

Durch den Diopter – das kleine Sehloch mit 1,2 Millimeter­n Durchmesse­r – und das Ringkorn auf dem Lauf der Waffe

werden nun die schwarzen Scheiben anvisiert. Im Wettkampf muss das mit Puls 160 funktionie­ren.

Mit ruhigem Atem erscheint die Aufgabe machbar. Die Magazine mit den Patronen werden seitlich in einen Schacht geschoben, immer fünf Schuss, 5,6 Millimeter Geschossdu­rchmesser. Eine Übungseinh­eit gibt es, damit ein Gefühl für den Ablauf entsteht: konzentrie­ren, Waffe laden, Punkt anvisieren, Luft anhalten, abdrücken. Das kleine schwarze Rund der Zielscheib­e wird weiß. Getroffen! Nach jedem Schuss raucht das Rohr. Beim Nachladen, Fachbegrif­f Repetieren, fliegt die Hülse aus der Waffe, die nächste Patrone wird vom Mechanismu­s aus der Magazinfed­er ins Patronenla­ger gedrückt und in den Lauf geschoben. „Acht Sekunden etwa kann das Auge so genau fokussiere­n“, erläutert Mittelsdor­f. Ein Trick: Wer abgelenkt wird oder nicht richtig hinschaut, macht die Augen kurz zu und setzt neu an.

Doch mit dem Schießen ist der Biathlonku­rs noch nicht vorbei. Auf die Teilnehmer wartet unter dem Dach der Halle eine Loipe. Wer es noch nicht konnte, ist am Ende der knappen Stunde Langlauf-Einweisung in der Lage, eine kleine Runde zu fahren. Die Winterspor­thalle ist ein einzigarti­ges

Gebäude in Europa – ganzjährig hat es drinnen vier Grad minus, der Schnee ist auch im Hochsommer bestens präpariert. Drei Loipen gibt es. Sie folgten weitgehend dem natürliche­n Verlauf des Geländes, auf dem die Halle steht, sagt Mittelsdor­f. „Wenn man die drei Strecken hintereina­nder fährt, ergibt sich eine Runde von 1754 Metern“, sagt die Trainerin. Wer möchte, kann aber auch im Freien Langlaufsk­i fahren, wenn das Wetter mitspielt und rund 1400 Kilometer Loipen und Skiwanderw­ege im Thüringer Wald gespurt sind.

Anderenort­s, zum Beispiel im bayerische­n Ruhpolding, im österreich­ischen Hochfilzen oder in Lenzerheid­e in der Schweiz wird Biathlon für zahlende Touristen im Freien angeboten, meist in offenen Arenen, doch in Oberhof wird während dieses Kurses nur in der Halle geschossen. Je nach Anbieter oder Können gibt es gleichwohl Möglichkei­ten, sich draußen an der Waffe auszuprobi­eren. Doch im Indoor-Schießen kann man Vorteile sehen – für den schnellen Erfolg an der Zielscheib­e. Denn draußen, so Schießspor­tleiter Uwe Frankenber­g, lauern Widrigkeit­en wie Wind und Nebel, die den Umgang mit dem Kleinkalib­ergewehr nicht gerade leichter machen.

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FOTO: MARTIN SCHUTT/DPA-TMN Oberhof ist bekannt für den jährlich stattfinde­nden Biathlon-Weltcup in der Arena am Rennsteig.
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FOTOS (2): VERENA WOLFF/DPA Schießspor­tleiter Uwe Frankenber­g weiß, wie man mit der Sportwaffe umgeht.
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Ganz schön klein wirken die Zielscheib­en, dort in 50 Meter Entfernung: Schießstan­d in der Indoor-Skisportha­lle.

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