So war der „Nachmittag der Berufskollegs“
Der individuelle Ausbildungsweg stellt viele Jugendliche vor Fragen. In dem Dschungel der Möglichkeiten verirren sich junge Menschen leicht. Die Agentur für Arbeit gibt mit ihrer Veranstaltung Orientierung.
Regelmäßige Messebesucher kennen die Atmosphäre: Es ist weder still noch laut. Vielmehr wird man von vielen Unterhaltungen empfangen, die gemeinsam in einer Gesprächssuppe verschwimmen. Einzelnen zu folgen ist nicht möglich, doch sie begleiten einen durch den Raum. Ähnlich war es beim „Nachmittag der Berufskollegs“, zu dem die Agentur für Arbeit in ihr Berufsinformationszentrum (kurz BiZ) eingeladen hatte.
Bewusst sei der Info-Nachmittag in den Januar gelegt worden, sagt Heike Karsch, Sachbearbeiterin im BiZ und Organisatorin der Veranstaltung. „Ende Januar gibt es Halbjahreszeugnisse und damit müssen sich die Schüler bewerben.“Viele Kollegs bieten bereits im November oder Dezember gesondert Informationsveranstaltungen an. Doch die Idee beim „Nachmittag der Berufskollegs“sei, alle zusammen zu bringen. So können sich insbesondere Jugendliche, die noch nicht genau wissen, wohin es einmal gehen soll, einen Überblick verschaffen. „Für viele sind die Möglichkeiten, die sie haben, gar nicht klar, aber eine frühzeitige Berufsorientierung ist wichtig“, sagt Karsch. „Wenn jemand schon früh eine grobe Vorstellung entwickelt, ist es vielleicht besser, man macht ein Abitur mit beispielsweise einem sozialen oder wirtschaftlichen
Schwerpunkt. Selbst wenn man danach nicht in die jeweilige Richtung studieren möchte, hat man sich mit den Erfahrungen während der letzten Schuljahre unter Umständen einen Studien- oder Ausbildungsabbruch erspart.“Das heißt: Auch mit einem spezifischen Bildungsweg muss es nicht zwingend fachgebunden weitergehen, es kann aber Vorteile bringen.
Eines der acht anwesenden Kollegs ist das „Berufskolleg RheydtMülfort für Technik“. Am Infotisch sitzt Diplom-Berufspädagoge und Oberstudienrat Niels Pohlmann, vor ihm jede Menge Flyer zu unterschiedlichen technischen Werdegängen, ein paar Gummibärchen,
Kugelschreiber und Notizzettel. „Früher hat man gesagt, Mathe ist ganz wichtig. Heute sind die Betriebe da entspannter“, sagt Pohlmann zur aktuellen Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Es gebe sowohl bessere Fördermöglichkeiten als auch einen größeren Fachkräftemangel. Das Berufskolleg ist auf Holz-, Metall- und Elektrotechnik spezialisiert. Die meisten Lehrer seien selbst Handwerker, die ihr Wissen weitergeben wollen. „Dadurch ist der Unterricht sehr praxisbezogen.“Die Möglichkeiten sind auch dort vielseitig. Es gibt berufsbegleitende Kurse, die an eine Ausbildung angeschlossen sind, aber auch solche, die für sich stehen. Außerdem gibt es Weiterbildungsmöglichkeiten, die an eine Berufsausbildung anschließend oder darauf aufbauen.
Beim „Nachmittag der Berufskollegs“verzichten die Veranstalter auf feste Zeitfenster. Die Jugendlichen können innerhalb der zwei Stunden kommen und gehen, wann sie möchten. Einer der Anwesenden ist Julian Schnieders. Der 15-Jährige interessiert sich fürs Programmieren und geht deshalb zielstrebig auf den Tisch des „Berufskollegs Platz der Republik für Technik und Medien“zu. „Ich bin froh, hier zu sein. Jetzt weiß ich viel mehr über die Richtung der Fachschule und auch über die Anmeldung“, sagt Schnieders. Außerdem sei er nun besser über verschiedene
Perspektiven informiert.
Neben den Berufskollegs hat auch das Team des Berufsinformationszentrums einen Stand aufgebaut, an dem es allgemein über Studium, Berufsausbildung oder ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) informiert. „Auch Auslandsaufenthalte sind nach wie vor ein Thema“, sagt Kristina Wintzen vom BiZ. „Viele Jugendliche sehnen sich nach der Schule nach einer Auszeit, bevor sie in den Beruf oder ins Studium starten. Ich finde es ebenfalls gut, wenn junge Menschen nach der Schulbank andere Erfahrungen sammeln.“
Vor allem für die Persönlichkeitsentwicklung sei das wertvoll. Ein ungebrochener Trend sei außerdem, nach der Mittleren Reife mit der Schule weiterzumachen. „Oft ist es schade, dass Schüler sich nicht für eine Berufsausbildung entscheiden. Dabei hätten sie gute Chancen auf dem Ausbildungsmarkt und man braucht auch keine Sorge zu haben, dass man 40 Jahre dasselbe machen muss. Heutzutage kann man sich in jedem Berufsfeld weiter entwickeln.“