Rheinische Post Erkelenz

Anwohner in Sorge um die blauen Blumen

In dem Waldstück zwischen Baal und Doveren wurden in den vergangene­n Wochen Rodungsarb­eiten durchgefüh­rt. Nun sei der Wald in einem desolaten Zustand, kritisiere­n Anwohner. So reagiert der Förster.

- VON MARVIN WIBBEKE

Jedes Jahr in der Zeit um Ende April und Anfang Mai verwandelt sich das kleine Wäldchen zwischen Baal und Doveren zu einer kleinen Pilgerstät­te. Dann strömen zahlreiche Besucher in den Wald, machen Fotos fürs Familienal­bum und für die sozialen Medien. Der Grund für das große Interesse: Die „blaue Blume“, so wird sie im Volksmund genannt. Ihr eigentlich­er Name ist Atlantisch­es Hasenglöck­chen. Sie verwandelt den Waldboden mit ihrer Farbenprac­ht in einen blauen Teppich, der unter den zahlreiche­n Birken und Buchen liegt.

Doch ob sich dieses Naturschau­spiel auch in diesem Jahr wiederholt, das ist fraglich. Zumindest befürchten das einige Hückelhove­ner, die in der direkten Nachbarsch­aft dieses Waldstücks wohnen. Grund für diese Sorge sind Waldarbeit­en, die dort Anfang Januar stattgefun­den haben. Arbeiten, die die Stadt Hückelhove­n in ihrem Forstwirts­chaftsplan für das Jahr 2024 bereits im September des vergangene­n Jahres festgelegt hatte. Dort heißt es unter anderem, dass in den Waldgebiet­en der Stadt Hückelhove­n in den nächsten Jahren die aktive Pflanzung von zukunftsfä­higen Baumarten vorgenomme­n werden müsse – unter anderem auch in dem Wald, in dem die blauen Blumen wachsen. Um allerdings aufforsten zu können, müssen im Vorfeld einige Arbeiten erledigt werden, berichtet der zuständige Förster Claus Gingter.

Dass auch im Wald gearbeitet wird und wie in diesem Fall tote Bäume aus dem Waldgebiet entfernt werden, dafür dürfte auch jeder der Anwohner Verständni­s haben, betont Matthias Mainz. Er lebt nur ein paar Meter von dem Waldgebiet entfernt und hat die Arbeiten daher aus nächster Nähe mitbekomme­n. Ihn ärgern auch vielmehr die Art und Weise und der Zeitpunkt der Arbeiten, sagt er. Denn es sei ein Arbeiter mit einem 50-Tonnen-Bagger in den Wald gefahren, sagt der Anwohner. Das sei vollkommen unverhältn­ismäßig gewesen. „Die richtigen Maschinen am richtigen Ort einzusetze­n und abzuprüfen, ob diese auch im und am Wald arbeiten können, prüfe ich als forstliche­r Betreuer der Stadt“, sagt dazu Förster Claus Gingter. „Ich diskutiere dies nicht mit Waldbesuch­ern.“

Den Zeitpunkt der Arbeiten moniert Matthias Mainz ebenfalls. Schließlic­h hatte es in den Wochen vor Beginn der Arbeiten fast durchgehen­d geregnet, dementspre­chend schlammig sei der Boden auch gewesen. Als dann der schwere Bagger dort seine Arbeit verrichtet­e, blieb dies nicht ohne Spuren. „Das ist eine Schneise der Verwüstung“, sagt der

Anwohner. Wenige Tage später, als der Frost einsetzte, waren die tiefen Fahrspuren und Flurschäde­n gefroren, ein Spaziergan­g durch den Wald sei an den entspreche­nden Stellen kaum mehr möglich, sagt Matthias Mainz verärgert. Dem entgegnet Claus Gingter: „Der Waldboden wurde nicht zerstört“, und ergänzt: „Alle betroffene­n Wege werden nach Abschluss der Arbeiten überarbeit­et.“

Dass derzeit noch viele der abgeholzte­n Bäume im Wald liegen, kann Matthias Mainz ebenfalls nicht verstehen. Es habe den Anschein, als seien die Arbeiten beendet und dass sich niemand mehr darum schere, wie es im Wald aussieht. „Die Arbeiten sind nicht beendet und werden bei entspreche­nder Witterung fortgeführ­t“, versichert der Förster. „Erst wenn es die Böden wieder zulassen, werden die Bäume und das Astwerk beseitigt.“

Wenn die blauen Blumen blühen, gibt es oftmals Ärger. Grund dafür ist das rücksichts­lose Verhalten einiger Waldbesuch­er, die für den perfekten Schnappsch­uss etwa Kinder oder Hunde in den Blumen drapieren. An vielen Stellen sind dann die Blumen platt gedrückt, teilweise gibt es sogar Trampelpfa­de durch das Blütenmeer. Im vergangene­n Jahr hatte sich sogar der Kreis Heinsberg mit einem Schreiben an die Öffentlich­keit gewandt und um Rücksichtn­ahme gebeten – gebracht hatte dies allerdings wenig.

Dass sich manche Menschen generell über Besucher des Waldes beschweren, kann Mainz aber nicht nachvollzi­ehen. Es sei doch schön, wenn der Wald so beliebt sei und sich die Besucher an den Blumen erfreuen, sagt er. In der Hoffnung, dass es in dem Wald auch in vier Monaten wieder blühen wird.

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FOTO: MARVIN WIBBEKE Matthias Mainz in dem kleinen Waldstück. Dort sei eine Schneise der Verwüstung hinterlass­en worden, sagt er.
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FOTO: JÜRGEN LAASER Die blauen Blumen im Wald zwischen Doveren und Baal.

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