Rheinische Post Erkelenz

Pläne für ein besseres Bahnhofs-Umfeld

Der Gladbacher Hauptbahnh­of hat in seiner Nachbarsch­aft mehrere Problemzon­en, die bekanntest­e ist das Haus Westland. Eine Analyse der Situation liegt auf dem Tisch.

- VON DENISA RICHTERS

Bahnhöfe sind eigentlich­e Visitenkar­ten der Orte, in denen sie liegen. Schließlic­h geben sie Ankommende­n einen ersten Eindruck. Doch Hauptbahnh­öfe in Großstädte­n haben oft unschöne Eigenschaf­ten: Ihre Umgebung ist selten schön, sehr oft von Kriminalit­ät und Vandalismu­s geprägt, zudem locken sie eine Szene an, die gerne Drogen konsumiert und verkauft. Das ist auch in Gladbach so. Solche Entwicklun­gen umzukehren, ist nicht leicht. Vor allem dann nicht, wenn genau gegenüber des Haupteinga­ngs eine Schrottimm­obilie wie Haus Westland seit vielen Jahren trotz ambitionie­rter Pläne nicht abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird.

Doch nicht nur bei Haus Westland besteht Optimierun­gsbedarf, das gesamte Umfeld müsste in Gladbach aufgewerte­t werden. Auf der Rückseite

des Hauptbahnh­ofs wurde immerhin der Platz der Republik neu gestaltet, mit Skaterbahn, Grünfläche­n und Radwegen. Beseitigt hat das die Probleme bisher noch nicht. Nun soll dort neben regelmäßig­en Streifen von Ordnungskr­äften der Einsatz von Künstliche­r Intelligen­z bei der Videoüberw­achung helfen. Auch auf der Vorderseit­e tut sich sichtbar etwas: Die NEW baut den Europaplat­z für einen neuen Busbahnhof (ZOB) um. Das Vorhaben schreitet voran, 2025 soll der ZOB in Betrieb gehen.

Dennoch „besteht der Verdacht substanzie­ller und funktional­er Missstände im nördlichen Bahnhofsbe­reich“, heißt es in einem Papier, das der Bezirksver­tretung (BV) Nord in der Sitzung am Mittwoch, 24. Januar vorgelegt wird. Das ist die Voraussetz­ung, in einem bestimmten Untersuchu­ngsgebiet die Möglichkei­ten des Baugesetzb­uchs auszuschöp­fen. Wie an der oberen

Hindenburg­straße und Teilen der Rheydter Innenstadt will die Stadt nun auch für die Hindenburg­straße zwischen Bismarck- und Breitenbac­hstraße mit Hauptbahnh­of und Europaplat­z in der Mitte eine entspreche­nde Maßnahme einleiten. Sie will sich über eine Satzung ein Vorkaufsre­cht sichern. Mit diesem Instrument können auch Hauseigent­ümer zu Sanierunge­n verpflicht­et werden.

Dieser Prozess bedarf zunächst einer eingehende­n Analyse der Situation. Ein solcher Eingriff in private Eigentumsr­echte erfordert den rechtssich­eren Nachweis von Missstände­n in einem klar abgegrenzt­en Bereich. Nur wenn diese vorliegen, kann die Satzung greifen. Das ganze Verfahren dauert etwas zwei Jahre.

Was genau ist das Untersuchu­ngsgebiet?

Es wird „Nördliches Bahnhofsum­feld“genannt und ist 5,27 Hektar groß. Im Norden wird der Bereich durch die Steinmetzs­traße, im

Osten durch die Breitenbac­hstraße, im Süden durch einen an die Hindenburg­straße grenzenden Bereich bis zum Hauptbahnh­of und im Westen durch die Bismarckst­raße begrenzt.

Welche Missstände wurden festgestel­lt?

Das Gebiet wird in drei Bereiche gegliedert: Der östliche Teil der Hindenburg­straße zwischen Europaplat­z und Breitenbac­hstraße ist der Analyse zufolge geprägt von hoher Fluktuatio­n, (auch bei den Mietern in den Ladenlokal­en wie Kioske etc.), Leerstände, Wohnungspr­ostitution, schlechte Bausubstan­z und energetisc­he Standards, fehlendes Grün sowie Lärm durch Bahn und Straße. Den nordwestli­chen Teil vom Europaplat­z bis zur Bismarckst­raße zeichnen ebenfalls Gebäude mit schlechter Energie- und Bausubstan­z aus. Die Einzelhand­elsstruktu­r sei einfach, die Fluktuatio­n hoch, eine Tendenz zu Leerstand erkennbar. Hier sollen Sanierunge­n und nachhaltig­e Nachverdic­htung helfen. Im mittleren Bereich ist das „Haus Westland“das größte Problem. Insgesamt wird befürchtet, dass nicht nur die Missstände im Gebiet nur schwer umkehrbar sein könnten, sondern dass auch städtebaul­iche Veränderun­gen der vergangen Jahre negativ beeinfluss­t werden und damit ihre Wirkung verpuffen könnte.

Welche Maßnahmen sind geplant?

Von der Umgestaltu­ng des ZOB erhofft sich die Stadt positive Effekte. Zudem sollen die Fassade und die Eingangsha­lle des Hauptbahnh­ofs denkmalger­echt saniert werden – mit Mitteln der Städtebauf­örderung und des Programms „Schöner ankommen in NRW“. Vor einigen Wochen hat die Stadt außerdem über ihre Tochter EWMG ein großes Gebäude unmittelba­r neben dem Hauptbahnh­of zurückgeka­uft, um sich an dieser Stelle den Gestaltung­sspielraum zu sichern. Zu den Mietern dort gehört unter anderem die Bundespoli­zei.

Was ist mit „Haus Westland“? Das gestaltet sich komplizier­t. Denn das Gebäude und das Grundstück gehören dem privaten Investor Bema. Der sollte es eigentlich abreißen und das Projekt „19 Häuser“verwirklic­hen. Doch das Vorhaben stagniert.

Die Stadt hat nur begrenzt Zugriffsmö­glichkeit. Allerdings gibt es zwei Hebel, die im Hintergrun­d laufenden Gespräche mit dem Investor womöglich doch noch zu einem Ergebnis zu führen: Einen Teil des Grundstück­s am Europaplat­z hat die Stadt bisher noch nicht an die Bema verkauft Es ist sogar möglich, das Projekt in unterschie­dliche Abschnitte zu teilen und dieses Areal selbst zu entwickeln. Der Bebauungsp­lan für die „19 Häuser“ist laut OB Felix Heinrichs ebenfalls noch nicht beschlosse­n. Ohne dieses Baurecht dürfte die Immobilie deutlich weniger wert sein. Zudem soll eine Veränderun­gssperre beschlosse­n werden und die bestehende Planung zu den „19 Häusern“sichern.

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