Rheinische Post Erkelenz

Konzert mit zwei Chören und einem Steckenpfe­rd

- VON WILLI SPICHARTZ

Zwei Chöre und ein Steckenpfe­rd: Sie trafen sich nun in der Birgelener Lambertus-Kirche, um einem so gut wie vollen Haus Gesang mit Instrument­albegleitu­ng für fast zwei Stunden zu bieten, und das nicht nur mit religiös generierte­m Liedgut. Der 137 Jahre alte Kirchencho­r Cäcilia Birgelen und der ganz erheblich jüngere Projektcho­r lieferten ein Programm, für das die Besucher mit Applaus bis hin zu Jubelrufen dankten.

Respektabl­e 21 Lieder und zwei Zugaben bildeten das anspruchsv­olle Programm, das schon spektakulä­r begann, indem die CäcilienAb­teilung von hinten durch die abgedunkel­te Kirche in langsam wiegenden Schritt mit Lichterker­zen zum Chor gelangten, um dort mit dem „Conquest of paradise“in den Abend zu starten. Das Lied ging 1992 als Titelmelod­ie des Films über die „Entdeckung“Amerikas durch Christoph Kolumbus um die Welt, übersetzt mit „Die Eroberung des Paradieses“vor 500 Jahren.

Und das Programm lieferte ebenfalls eine Reise um die Welt, indem auch fast exotisch zu wertende Stücke dabei waren wie „Twas in the moon of Wintertime“, das von einem Missionar im 17. Jahrhunder­t in Kanada geschriebe­n worden war, um dem indigenen Stamm der Huronen die christlich­e Weihnachts­geschichte näher zu bringen. Der Projektcho­r sang es unter der Leitung seines Dirigenten Heinz-Peter Küppers.

In Südafrika liegen die Wurzeln der Lieder Ukuthula und Siyahamba,

die der Cäcilien-Chor unter Leitung von Hilde Ubben á Capella darbot, also ohne Instrument­albegleitu­ng und mehrstimmi­g.

Dass das Weltgesche­hen nicht ohne Einfluss auf das kulturelle Leben bleibt, zeigte sich im Konzert bei mehreren Liedern, die als Friedensbo­tschaften gesungen wurden, aber auch unter begleitend­en Worten, unter anderem vom CäcilienVo­rsitzenden Matthias Pastoors. So von Heinrich Schütz, der zum Ende des von ihm voll erlebten 30-jährigen Kriegs, 1648 das „Verleih uns

Frieden“auf einer Textbasis von Martin Luther komponiert­e und herausbrac­hte.

Spanisch-temperamen­tvoll das „Salve de la Misa Rociera“, einem bekannten Prozession­slied, zu dem der Nationalru­f „Olé“gehört, den die Sänger mit hochgeriss­enen Fächern und Händen unterstric­hen.

Der Projektcho­r hatte sich unter dem Stichwort „Ave Maria“in der Literatur etwas weiter umgesehen und war ebenfalls in Spanien fündig geworden, und zwar beim einflussre­ichsten Renaissanc­e-Komponiste­n

Luis de Victoria, dessen Version sich von den zahllosen anderen Ave Marias in der Melodiefüh­rung unterschei­det, wirklich mal was anderes.

Klavier, Querflöte und Congas waren die Begleitins­trumente des Abends, und das Steckenpfe­rd? Einmal üben die Chöre den Gesang als Hobby, als Steckenpfe­rd, aus, zum anderen beendete ein hölzernes, hoch gehaltenes Steckenpfe­rd mit Stock, braunem Kopf und hellem Schopf das Lied „Schlittenf­ahrt“artgerecht: „Wieher!“

Newspapers in German

Newspapers from Germany