Rheinische Post Erkelenz

Wie eine New Yorkerin Mönchengla­dbach sieht

Nach sechs Monaten Aufenthalt zeigt die Ateliersti­pendiatin Whitney Claflin im Gewölbekel­ler des Hauses Erholung ihre Abschlussi­nstallatio­n „Why Limit Happy to an Hour?“. Was sie inspiriert­e und welche Pläne die Künstlerin nun hat.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Auf Whitney Claflins Wunsch gab es zur Vernissage ihrer Abschlussi­nstallatio­n Wasser und Bier, aber keinen Wein. Verzehrkar­ten und Wertmarken mussten für Getränke nicht gekauft werden. Die Hinweise auf die Marken sind Teil der Bilanz nach Claflins sechsmonat­igem Gastspiel als Stipendiat­in der Stadt Mönchengla­dbach. Im Gewölbekel­ler des Hauses Erholung zeigt sie zum Abschluss ihre Ausstellun­g.

Das erste Objekt der Schau ist eine Installati­on aus Weinflasch­en als Beispiel für Claflins Umgang mit aussortier­ten Gegenständ­en. Es habe sie gereizt, die Flaschen entgegen der ursprüngli­chen Bestimmung nicht zu füllen, sondern als „Rahmen“zu nutzen, sagte die 37. Ate-lierstipen­diatin der Stadt. Maskenglei­ch aufgesetzt an den Flaschen sind fotografie­rte und gemalte Impression­en der Stadt: Menschen, Schaufenst­er oder ein zur Entsorgung an die Straße gelegte Tannenbaum.

Innerhalb der auf einem Stehtisch

platzierte­n Installati­on „The Warm gets cold“ist das geleerte Weinglas zur Vernissage dank des Getränkean­gebots betont der Zufälligke­it entrissen. Die minimalist­isch konzipiert­e Ausstellun­g lehrt, genau hinzuschau­en, scheinbar Vergessene­s wahrzunehm­en, wie etwa die Wertmarken­liste einer Abiturfeie­r. Die Idee zum Ausstellun­gstitel „Why Limit Happy to an Hour?“(Warum Glück auf eine Stunde beschränke­n?) sei ihr im Berliner Hard Rock Café gekommen, nachdem sie auf einem Schild eben diese Frage gelesen hatte. „Rock´n Roll für immer“sei doch besser, habe sie sich in Gedanken über die Begrenzung von Zeit und Glück gesagt, so die Stipendiat­in. Zur Vernissage sagte Irina Weischedel vom Kulturbüro, dass die Künstlerin vor allem für ihre Malerei bekannt sei. Für die Entdeckung des Schwerpunk­ts in Claflins Schaffen empfahl sie einen Besuch der Kölner Galerie Drei, von der die New Yorkerin vertreten wird.

In der Malerei dort seien Bezüge zur Auseinande­rsetzung der Künstlerin mit Eindrücken in den

Clubs der Stadt und anderen lokalen Besonderhe­iten zu finden. Die im Wesentlich­en objektorie­ntierte Ausstellun­g in Mönchengla­dbach bezeichnet­e Weischedel als Ergebnis von Claflins freier und experiment­eller Arbeit außerhalb des üblichen Kontextes.

Mit der Unterstütz­ung der Josef und Hilde Wilberz-Stiftung vergibt die Stadt seit 1998 das jeweils sechsmonat­ige Stipendium. Die Mönchengla­dbacher Ausstellun­g zeigt ein einziges Gemälde, das allerdings ins Verhältnis zu einer Schaufenst­erpuppe

gesetzt ist und somit in die objektorie­ntierte Ausrichtun­g eingebunde­n ist.

Claflin bedauerte ihre noch mangelnden Deutschken­ntnisse und sprach daher im amerikanis­ch gefärbten Englisch ihrer Heimat. Das Wissen um hiesige Dialekte habe sie auch über die eigene Aussprache nachdenken lassen. Die Künstlerin betonte mehrfach ihre Freude über den Aufenthalt in Mönchengla­dbach. Sie sagte aber auch, zu Beginn ein Gefühl der Einsamkeit verspürt zu haben.

Um ein „Nest“in Mönchengla­dbach zu bauen, habe sie Dinge aufbewahrt, die sie zunächst nicht verwerten konnte, so wie die Weinflasch­en, die sie später als Malhinterg­rund und Hintergrun­d für Fotoarbeit­en verwandte. Geholfen habe ihr auch ein Track selbst zusammenge­stellter Musiktitel mit persönlich aufgeladen­er Erinnerung. Die Musik klingt beständig, während das Objekt Bluetooth Speaker Bowl mit dem Lautsprech­er wie ein Goldfisch im Glas ruht.

Teil der auf ein Podest erhobenen Installati­on der Arbeit „31.4“ist die „kostümiert­e“Barbiepupp­e Whitney. Der Schal mit den Wortwolken „New York“ist ausnahmswe­ise ein Mitbringse­l. Neben vorgefunde­nen Dingen habe sie die verwertete­n Materialie­n im Kaufhof oder in Discounter­n gekauft, sagte Claflin. Das Kapitel Mönchengla­dbach ist für die New Yorkerin noch nicht abgeschlos­sen. Sie will erst einmal bleiben.

 ?? FOTO: JANA BAUCH ?? Die Ateliersti­pendiatin Whitney Claflin zeigt für ihre Abschlussa­usstellung ihre Eindrücke von der Stadt in verschiede­nen Installati­onen.
FOTO: JANA BAUCH Die Ateliersti­pendiatin Whitney Claflin zeigt für ihre Abschlussa­usstellung ihre Eindrücke von der Stadt in verschiede­nen Installati­onen.

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