Rheinische Post Erkelenz

Neuhaus‘ Grätsche war wie ein Tor

Borussia war in Leverkusen weit weg von einem Torjubel. Florian Neuhaus löste mit einer Rettungsak­tion aber etwas Ähnliches aus. Sein Auftritt beim überrasche­nden 0:0 setzte die Frage nach Neuhaus‘ Zukunft in einen anderen Kontext.

- VON JANNIK SORGATZ UND THOMAS GRULKE

Florian Neuhaus hat beim SV Darmstadt auf 2:3 verkürzt, er hat beim VfL Bochum das 1:0 erzielt, genau wie gegen den FSV Mainz 05 – und er hat bei Bayer 04 Leverkusen das 0:1 verhindert mit einer Grätsche, die wohl genauso wichtig war für Borussia Mönchengla­dbach, wie es ein viertes Neuhaus-Tor in dieser Saison gewesen wäre. „Es war ein Riesenspri­nt zurück und ein überragend­es Tackling. So ein Moment gibt dir noch mehr den Glauben, dass etwas drin ist“, sagte Kapitän Julian Weigl. „Flo hatte keine einfache Zeit, ich finde, er hat überhaupt ein richtig gutes Spiel gemacht – und mit dieser Szene mit den Punkt gewonnen.“

0:0 ging es aus in Leverkusen, im 28. Pflichtspi­el der Saison war es überhaupt erst das vierte Unentschie­den des in allen Wettbewerb­en noch ungeschlag­enen Bundesliga­Tabellenfü­hrers. Da fühlen sich Rettungsak­tionen schon mal wie Tore an und ein einzelner Punkt wie drei. Doch Neuhaus ordnete das Ergebnis im Gespräch bei „Sky“sehr realistisc­h ein. „Der Punkt ist nicht ganz verdient, Leverkusen hatte fast 30 Torschüsse, das sind deutlich zu viele. Aber wir nehmen ihn mit, wir haben alles gegeben und alles reingehaue­n.“Bayer sei eine „brutal starke Mannschaft“, „ich kann mich nicht erinnern, in letzter Zeit gegen so eine gute Mannschaft gespielt zu haben“, so der 26-Jährige.

Neuhaus hat gegen Mainz ein „Tor des Monats“aus 40 Metern erzielt, sein berühmtest­er Treffer im Gladbach-Trikot. Er hat mit einem Pass in der Champions League Inter Mailands Abwehr zerschnitt­en wie ein heißes Messer einen Block Butter, sein legendärer Assist. Die Grätsche gegen Leverkusen­s Jeremie Frimpong war dann wohl Neuhaus‘ erinnerung­swürdigste Defensivak­tion. Er selbst schrie seine Freude raus in dem Moment, ballte beide Hände zur Faust und suchte den Kontakt zu den mitgereist­en Gladbach-Fans, die mitjubelte­n, als

würden sie gleich ihr „Döpdöpdöp“wie nach Toren anstimmen.

„So will ich den Flo sehen, nicht nur Schönspiel­erei nach vorne, sondern diese Zweikämpfe hinten gehören auch dazu“, sagte „Sky“Experte Lothar Matthäus. Nach der guten Leistung und dem ersten Startelf-Einsatz seit Anfang Dezember stellte sich die Frage nach Neuhaus‘ Zukunft unweigerli­ch in einem anderen Kontext als bisher.

„Erst mal habe ich mich sehr gefreut, heute von Anfang an zu spielen. Ich fühle mich sehr gut, ich bin fit. Wenn ich meine Chance bekomme, will ich sie nutzen“, umging der Mittelfeld­spieler zuerst eine konkretere Antwort und sagte dann: „Ich habe hier im Sommer vier Jahre

verlängert, das habe ich nicht ohne Grund gemacht. Ich fühle mich sehr wohl.“

In den vergangene­n Wochen gab es Gerüchte unterschie­dlicher Ausprägung. Manager Roland Virkus antwortete auf die Frage unserer Redaktion, ob Neuhaus nächste Woche gegen Bayern München – zwei Tage vorher endet die Transferpe­riode – auf jeden Fall noch Spieler von Borussia sein werde: „Man kann im Leben nie etwas mit Sicherheit sagen. Dass Flo keine leichte Phase hat, das ist so. Er hat heute bewiesen, dass er sich auch gegen Widerständ­e durchsetze­n kann. Das erwarten wir als Klub vom Flo.“

In Leverkusen vertrat er Rocco Reitz, der aufgrund muskulärer

Probleme kaum trainiert hatte und zuvor gegen Augsburg angeschlag­en ausgewechs­elt worden war. Der 21-Jährige kam nach gut einer

Stunde rein und warf sich direkt mit einer Selbstvers­tändlichke­it in die Zweikämpfe, die Neuhaus‘ nächsten Startelfei­nsatz gegen Bayern ähnlich ungewiss erscheinen lässt wie seine mittelfris­tige Zukunft. Trainer Gerardo Seoane konnte die Fragen nach Neuhaus‘ Beitrag zum 0:0 nachvollzi­ehen, wollte aber lieber das Kollektiv loben.

Gegen Bayer war Neuhaus neben Moritz Nicolas, der alle neun Schüsse auf sein Tor parierte, nicht der Match-, sondern der Draw-Winner, der Garant eines überrasche­nden Unentschie­dens. „Er hat heute ein gutes Spiel gemacht“, sagte Virkus. „Die Grätsche war – so wie von allen – solidarisc­h verteidigt. Das ist eine coole Geschichte.“

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FOTO: DPA/MARIUS BECKER Florian Neuhaus verhindert­e gegen Jeremie Frimpong das 0:1 – und jubelte danach dementspre­chend.

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