Rheinische Post Erkelenz

Ende der Bodenhaftu­ng

- VON DOROTHEE KRINGS

Die Protestgru­ppe Letzte Generation hat einen Strategiew­echsel angekündig­t: Aktivisten wollen sich nicht mehr auf Straßen festkleben, sondern planen in größeren Gruppen Aktionen, die sich „nicht ignorieren“lassen. „Ungehorsam­e Versammlun­gen“nennen sie das. Die deutsche Öffentlich­keit wird sich also weiter auf Störungen einstellen müssen, denn das ist die Strategie der Aktivisten: Ärgernis sein, um Aufmerksam­keit zu bekommen und Wandel zu erzwingen. Und zwar schnell. Und genau so, wie es den Aktivisten vorschwebt. Also ohne demokratis­che Entscheidu­ngsprozess­e.

Was den ersten Teil der Strategie betrifft, hat die Letzte Generation ihr Ziel erreicht: Man kennt sie. Friedlich im Auftritt, aber aggressiv in ihren Eingriffen in das öffentlich­e Leben haben die Aktivisten Aufmerksam­keit erzeugt – für sich. Dass das auch der Sache dienen würde, ist dagegen nur ihre Behauptung.

Die Aktivisten inszeniere­n sich als Vorkämpfer der Demokratie, vertrauen aber nicht darauf, dass sich Probleme auf demokratis­chem Weg lösen lassen. Das ist die Schizophre­nie der Bewegung. Mit ihren Aktionen haben sie aber Abwehr provoziert und Klimaschut­z zu einem Thema gemacht, das sich abtun lässt als Panik-Projekt radikalisi­erter Chaoten.

Der Klimawande­l ist eine globale Bedrohung und für viele Vorhaben läuft die Zeit davon. Darin haben Klimaaktiv­isten recht. Es ist also verständli­ch, wenn gerade eine junge Generation für den Erhalt einer lebenswert­en Zukunft kämpft und aufrütteln will. Aber Wandel in einer Demokratie erreicht man durch Engagement innerhalb der demokratis­chen Prozesse. Das ist mühsam, aber nur so wird Klimaschut­z ein Anliegen der Mehrheit. Als Zielscheib­e von Wut kann man bekannt werden, gesellscha­ftliche Veränderun­g bedeutet das noch nicht.

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