Ende der Bodenhaftung
Die Protestgruppe Letzte Generation hat einen Strategiewechsel angekündigt: Aktivisten wollen sich nicht mehr auf Straßen festkleben, sondern planen in größeren Gruppen Aktionen, die sich „nicht ignorieren“lassen. „Ungehorsame Versammlungen“nennen sie das. Die deutsche Öffentlichkeit wird sich also weiter auf Störungen einstellen müssen, denn das ist die Strategie der Aktivisten: Ärgernis sein, um Aufmerksamkeit zu bekommen und Wandel zu erzwingen. Und zwar schnell. Und genau so, wie es den Aktivisten vorschwebt. Also ohne demokratische Entscheidungsprozesse.
Was den ersten Teil der Strategie betrifft, hat die Letzte Generation ihr Ziel erreicht: Man kennt sie. Friedlich im Auftritt, aber aggressiv in ihren Eingriffen in das öffentliche Leben haben die Aktivisten Aufmerksamkeit erzeugt – für sich. Dass das auch der Sache dienen würde, ist dagegen nur ihre Behauptung.
Die Aktivisten inszenieren sich als Vorkämpfer der Demokratie, vertrauen aber nicht darauf, dass sich Probleme auf demokratischem Weg lösen lassen. Das ist die Schizophrenie der Bewegung. Mit ihren Aktionen haben sie aber Abwehr provoziert und Klimaschutz zu einem Thema gemacht, das sich abtun lässt als Panik-Projekt radikalisierter Chaoten.
Der Klimawandel ist eine globale Bedrohung und für viele Vorhaben läuft die Zeit davon. Darin haben Klimaaktivisten recht. Es ist also verständlich, wenn gerade eine junge Generation für den Erhalt einer lebenswerten Zukunft kämpft und aufrütteln will. Aber Wandel in einer Demokratie erreicht man durch Engagement innerhalb der demokratischen Prozesse. Das ist mühsam, aber nur so wird Klimaschutz ein Anliegen der Mehrheit. Als Zielscheibe von Wut kann man bekannt werden, gesellschaftliche Veränderung bedeutet das noch nicht.