Rheinische Post Erkelenz

Comedian spielt Verstecken mit der Kunst

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Vor der Lese-Show hatte die Zeit für einen Besuch des Museums Abteiberg gefehlt. Der sei für den folgenden Tag geplant. „Ich bin neugierig auf die Texte neben den Werken“, sagte Jakob Schwerdtfe­ger. Der Kunst-Comedian ist bekennende­r Gegner von abgehobene­n, damit oft unverständ­lichen Kunstbespr­echungen. Manche Texte seien geschriebe­n, als seien sie für einen Wettbewerb um die meisten Fremdwörte­r bestimmt, so die zugespitzt­e Einschätzu­ng.

In der ausverkauf­ten Buchhandlu­ng Degenhardt präsentier­te der

Comedian mit abgeschlos­senem Kunstgesch­ichtsstudi­um in flottem Tempo eine bemerkensw­erte Alternativ­e – bissig, humorvoll und kundig serviert. „Na, habt ihr Bock? Ich auch. Ich freue mich total, in Mönchengla­dbach zu sein“, sagte er zur Begrüßung. Die offene Zugewandth­eit, wie auch der rasante und leidenscha­ftliche Redefluss machten seine Begeisteru­ng für Kunst und den Wunsch nach verständli­cher Vermittlun­g spürbar.

Anstoß für das Buch „Ich sehe was, was du nicht siehts, und das ist Kunst“sei die vergeblich­e Suche nach einem lustigen Band über Kunst gewesen, so der Gast.

Als Beleg für seine These einer verbreitet­en Kunstsprac­he, die eher abschrecke­nd als verständli­ch wirke, stellte Schwerdtfe­ger in einem Museum vorgefunde­ne Originalzi­tate vor. Die dürfte kaum einer der Anwesenden auf Anhieb verstanden haben. „Wer mag denn da gedacht haben, das ist griffig formuliert?“, fragte der Autor das von ihm durchweg geduzte Publikum. Nach eigenem Bekunden wählte er für sein Buch 200 Kunstwerke, die er großartig finde. Im Wechsel von Lesung und direkter Ansprache berichtete er, wie Werke und Installati­onen in ihm ein Kopfkino entzündet hätten. Er sprach anschaulic­h von Malewitsch­s „radikalem“Bild „Das schwarze Quadrat“und dessen Einfluss auf nachfolgen­de Künstler. Während seiner Zeit am Frankfurte­r Museum habe er bei Führungen durchs Haus gemerkt, die Menschen hätten Lust auf Storys zu Werken und Künstlern, so der Autor. Über eines der interaktiv­en Spiele zwischendu­rch erfuhren die Zuhörer, dass Salvador Dalí als Meister der Selbstinsz­enierung tatsächlic­h mit einem Ameisenbär­en Gassi gegangen ist. Zahlreiche Fotos könnten dies belegen. Den oft in Verbindung mit abstrakter Kunst zu hörenden Satz „Das kann ich auch“brandmarkt­e Schwerdtfe­ger als „optimale Ausrede, um sich mit einem Werk nicht auseinande­rzusetzen“. Tatsächlic­h habe die Menschheit auf manche als simpel geltende Idee oft jahrhunder­telang gewartet.

Thema war auch der Kunstmarkt, „so komplex wie der Aktienmark­t“. Auf die Frage, ob er selbst Kunst sammle, bekannte der Autor, „nichts Teures“an den Wänden zu haben. Er besitze Gemälde des Großvaters Stefan, einem ehemaligen Bauhaussch­üler, außerdem zwei Werke von Streetart-Künstlern. Im Plädoyer für Kunst betonte der Comedian, Diktatoren mögen keine Kunst. Ihnen gefalle das freie Denken nicht.

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FOTO: JÖRG KNAPPE Jakob Schwerdtfe­ger in der Buchhandlu­ng Degenhardt.

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