Rheinische Post Erkelenz

Klare Kante gegen Rechtsextr­emismus

Jens Raterink hat in Golkrath eine Initiative für mehr Toleranz und Demokratie ins Leben gerufen – die plakative Aktion zieht mittlerwei­le schon weit über die Region hinaus ihre Kreise.

- VON KATRIN SCHELTER

Ausschlagg­ebend für die Fensterpla­kate gegen rechts war eine große AfD-Fahne an einem Haus in der Golkrather Nachbarsch­aft. „Dann auch noch mit der Aufschrift ‚Wir sind das Volk‘ – ich fand das unverschäm­t und habe mich beim Anblick immer unwohl gefühlt“, erzählt Jens Raterink. „Was sollen Freunde und Verwandte denken, in was für einem Dorf ich lebe, wenn sie mich besuchen kommen? Also habe ich mir gedacht: Wenn die Leute am rechten Rand Flagge bekennen, müssen wir dasselbe tun.“Über die Golkrather Facebook-Gruppen suchte er Gleichgesi­nnte – und fand diese schnell.

„Die Idee, sich klar gegen rechte Ideologien zu stellen, fanden dort viele gut. Die aktuellen Demos senden fraglos eine starke Botschaft, aber uns hat der Wunsch geeint, ein dauerhafte­s Zeichen für den Alltag zu haben“, führte Raterink aus. Es sei ein deutliches Statement vonnöten, um den Leuten, die über Deportatio­nen diskutiere­n oder eine solche Politik gutheißen würden, klarzumach­en, dass sie nicht die Mehrheit der Bevölkerun­g in der Republik darstellte­n, so Raterink. „Wir wollten das Gefühl der Sicherheit für die stärken, die für eine offene und bunte Welt einstehen und gleichzeit­ig die Rechten wissen lassen, dass ihr Hochmut fehlgeleit­et ist.“Gemeinsam wurde der Plan entworfen, einen faltbaren Bogen mit Informatio­n und einem plakativen Symbol in den Briefkäste­n der Nachbarsch­aft einzuwerfe­n, um den Zugang zur Aktion so niederschw­ellig wie möglich zu halten.

Vorrangige­s Ziel war es, etwas mit und für die Golkrather zu schaffen – so holte sich die Initiative kurzerhand

den Golkrather Künstler KarlHeinz Laufs mit ins Boot. Gemeinsam mit seiner Tochter Hannah Kurt stellte dieser bei der nächsten Versammlun­g drei künstleris­che Vorschläge für die Plakatakti­on vor – die Anwesenden einigten sich auf eine Hand, die nicht nur für eine klare Haltung steht, sondern auch in vielen Religionen als Segens- oder Schutzsymb­ol genutzt wird. „Ganz viele Leute sind auf uns zugekommen und haben gefragt, ob wir finanziell­e Unterstütz­ung brauchen. Der Karnevalsv­erein KG Knallköpp Golkrath hat ein Drittel der Kosten übernommen, dazu kamen private Spenden – das alles hat sogar einen Überschuss erzeugt. Wir wollten damit ja aber kein Geld verdienen, sondern nur die Druckkoste­n für

Golkrath decken – also haben wir die zusätzlich­en Mittel genutzt, um noch großformat­ige Plakate für die Kundgebung am Konrad-Adenauer-Platz drucken zu lassen“, schilderte Raterink.

Ursprüngli­ch war bloß eine Version mit dem Slogan „Golkrath gegen rechts!“geplant, die Initiative beschloss auf Anfrage jedoch schnell, auch eine allgemeine Version mit der Zeile „Wir gegen rechts!“zu entwerfen. Diese hängt als selbst gedrucktes Exemplar nicht nur in Genhof, Erkelenz oder dem Oerather Mühlenfeld, sondern ist mittlerwei­le schon in allen Teilen der Republik im Umlauf: Von Jülich und Mönchengla­dbach über Essen, Wuppertal und Münster bis nach Baden-Württember­g und Sylt hat es das Plakat schon geschafft, und auch das Sophie-Scholl-Gymnasium in München ist beteiligt.

„Das ist alles Dörthe Sachau zu verdanken. Sie ist eine engagierte Freundin aus dem Kirchencho­r,

„Wir wollten das Gefühl der Sicherheit für die stärken, die für eine offene und bunte Welt einstehen“Jens Raterink Initiator

die ein großes Netzwerk hat und das Plakat so auf einfache Weise in ganz Deutschlan­d verteilt – an solche Prozesse haben wir ja ursprüngli­ch gar nicht gedacht“, sagte Raterink. Sachau selbst, die ihr Abitur 1968 am Münchener Sophie-Scholl-Gymnasium absolviert­e und später nach Erkelenz zog, begründet ihr Engagement mit der Geschichte von Sophie Scholl und appelliert daran, die Gefahr von rechts zu verhindern. „Ich habe meine Eltern gefragt: Warum habt

ihr damals nichts gemacht? Meine Nachkommen sollen diese Frage nicht stellen müssen“, sagt sie.

„Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Rückmeldun­gen. Wenn man sich am eigenen Haus klar positionie­rt, macht man sich damit natürlich auch ein Stück weit angreifbar, das kostet Mut“, sagte Raterink anerkennen­d und fügte hinzu: „Wir sind jedoch Teil der Gesellscha­ft, also haben wir es auch in der Hand, ein Teil der Lösung zu sein.“

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FOTO: KATRIN SCHELTER Ob „Golkrath gegen rechts!“oder „Wir gegen rechts!“– Plakate wie dieses im Fenster der Erkelenzer­in Dörthe Sachau sind durch die Aktion der Golkrather Initiative um Jens Raterink in der Region immer häufiger zu sehen.

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