Klare Kante gegen Rechtsextremismus
Jens Raterink hat in Golkrath eine Initiative für mehr Toleranz und Demokratie ins Leben gerufen – die plakative Aktion zieht mittlerweile schon weit über die Region hinaus ihre Kreise.
Ausschlaggebend für die Fensterplakate gegen rechts war eine große AfD-Fahne an einem Haus in der Golkrather Nachbarschaft. „Dann auch noch mit der Aufschrift ‚Wir sind das Volk‘ – ich fand das unverschämt und habe mich beim Anblick immer unwohl gefühlt“, erzählt Jens Raterink. „Was sollen Freunde und Verwandte denken, in was für einem Dorf ich lebe, wenn sie mich besuchen kommen? Also habe ich mir gedacht: Wenn die Leute am rechten Rand Flagge bekennen, müssen wir dasselbe tun.“Über die Golkrather Facebook-Gruppen suchte er Gleichgesinnte – und fand diese schnell.
„Die Idee, sich klar gegen rechte Ideologien zu stellen, fanden dort viele gut. Die aktuellen Demos senden fraglos eine starke Botschaft, aber uns hat der Wunsch geeint, ein dauerhaftes Zeichen für den Alltag zu haben“, führte Raterink aus. Es sei ein deutliches Statement vonnöten, um den Leuten, die über Deportationen diskutieren oder eine solche Politik gutheißen würden, klarzumachen, dass sie nicht die Mehrheit der Bevölkerung in der Republik darstellten, so Raterink. „Wir wollten das Gefühl der Sicherheit für die stärken, die für eine offene und bunte Welt einstehen und gleichzeitig die Rechten wissen lassen, dass ihr Hochmut fehlgeleitet ist.“Gemeinsam wurde der Plan entworfen, einen faltbaren Bogen mit Information und einem plakativen Symbol in den Briefkästen der Nachbarschaft einzuwerfen, um den Zugang zur Aktion so niederschwellig wie möglich zu halten.
Vorrangiges Ziel war es, etwas mit und für die Golkrather zu schaffen – so holte sich die Initiative kurzerhand
den Golkrather Künstler KarlHeinz Laufs mit ins Boot. Gemeinsam mit seiner Tochter Hannah Kurt stellte dieser bei der nächsten Versammlung drei künstlerische Vorschläge für die Plakataktion vor – die Anwesenden einigten sich auf eine Hand, die nicht nur für eine klare Haltung steht, sondern auch in vielen Religionen als Segens- oder Schutzsymbol genutzt wird. „Ganz viele Leute sind auf uns zugekommen und haben gefragt, ob wir finanzielle Unterstützung brauchen. Der Karnevalsverein KG Knallköpp Golkrath hat ein Drittel der Kosten übernommen, dazu kamen private Spenden – das alles hat sogar einen Überschuss erzeugt. Wir wollten damit ja aber kein Geld verdienen, sondern nur die Druckkosten für
Golkrath decken – also haben wir die zusätzlichen Mittel genutzt, um noch großformatige Plakate für die Kundgebung am Konrad-Adenauer-Platz drucken zu lassen“, schilderte Raterink.
Ursprünglich war bloß eine Version mit dem Slogan „Golkrath gegen rechts!“geplant, die Initiative beschloss auf Anfrage jedoch schnell, auch eine allgemeine Version mit der Zeile „Wir gegen rechts!“zu entwerfen. Diese hängt als selbst gedrucktes Exemplar nicht nur in Genhof, Erkelenz oder dem Oerather Mühlenfeld, sondern ist mittlerweile schon in allen Teilen der Republik im Umlauf: Von Jülich und Mönchengladbach über Essen, Wuppertal und Münster bis nach Baden-Württemberg und Sylt hat es das Plakat schon geschafft, und auch das Sophie-Scholl-Gymnasium in München ist beteiligt.
„Das ist alles Dörthe Sachau zu verdanken. Sie ist eine engagierte Freundin aus dem Kirchenchor,
„Wir wollten das Gefühl der Sicherheit für die stärken, die für eine offene und bunte Welt einstehen“Jens Raterink Initiator
die ein großes Netzwerk hat und das Plakat so auf einfache Weise in ganz Deutschland verteilt – an solche Prozesse haben wir ja ursprünglich gar nicht gedacht“, sagte Raterink. Sachau selbst, die ihr Abitur 1968 am Münchener Sophie-Scholl-Gymnasium absolvierte und später nach Erkelenz zog, begründet ihr Engagement mit der Geschichte von Sophie Scholl und appelliert daran, die Gefahr von rechts zu verhindern. „Ich habe meine Eltern gefragt: Warum habt
ihr damals nichts gemacht? Meine Nachkommen sollen diese Frage nicht stellen müssen“, sagt sie.
„Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Rückmeldungen. Wenn man sich am eigenen Haus klar positioniert, macht man sich damit natürlich auch ein Stück weit angreifbar, das kostet Mut“, sagte Raterink anerkennend und fügte hinzu: „Wir sind jedoch Teil der Gesellschaft, also haben wir es auch in der Hand, ein Teil der Lösung zu sein.“