Männermangel an Grundschulen
Nur etwa zehn Prozent aller Lehrkräfte an Grundschulen sind Männer. In Wegberg dürfte die Quote sogar noch darunter liegen. Ein junger Grundschullehrer und ein Motopäde erklären, warum das so ist.
Sie sind die Hähne im Korb. Remko Sonnemans und Nicolas Schönherr sind die einzigen Lehrer an der Erich-KästnerGrundschule in Wegberg, beide unterrichten am Standort Merbeck. Damit sind die 42-Jährigen selbst zwar eine Seltenheit, die Lage jedoch ist es nicht.
Nur etwa jede vierte Lehrkraft an den allgemeinbildenden Schulen in Nordrhein-Westfalen war im abgelaufenen Schuljahr männlich. Der Anteil der hauptamtlichen Lehrerinnen erreichte hingegen mit 73,4 Prozent einen Höchstwert in der seit 1970 gelisteten Zahlenreihe des Schulministeriums. Damals war gut die Hälfte der Lehrkräfte (53,7 Prozent) eine Frau, wie aus der jetzt veröffentlichten amtlichen Schulstatistik für 2022/23 hervorgeht. Besonders deutlich wird das Verhältnis an Grundschulen: Im Primarbereich gibt es etliche Schulen, an denen der Hausmeister der einzige Mann ist.
Britt Glattbach-Görtz leitet seit 17 Jahren die GGS Am Beeckbach, an der übrigens ausschließlich
Frauen unterrichten. „das pädagogische Handlungsfeld ist weiblich – das sehen wir in den Kitas, in der sozialen Arbeit und auch vermehrt an Schulen“, sagt sie. Dabei brächten männliche Lehrkräfte, die
oft eher technisch, sportlich oder sprachlich orientiert seien, einen ganz anderen Umgang mit den Kindern in den Schulalltag ein. „Es sollte also dafür gesorgt werden, dass der Beruf des Grundschullehrers
auch für Männer attraktiver wird“, betont Glattbach-Görtz.
Doch wie könnte das gehen? Fragt man Remko Sonnemans und Nicolas Schönherr, spürt man ein gewisses Unverständnis für die
Kollegen. „Es ist einfach schön, mit kleinen Kindern zu arbeiten und ihre Entwicklung von der ersten bis zur vierten Klasse verfolgen zu können“, sagt Nicolas Schönherr, der seinen Berufswunsch schon früh kannte. „Ich habe meinen Zivildienst im Krankenhaus absolviert, weil ich wusste, dass ich mit Menschen arbeiten möchte. Allerdings fand ich dann die Arbeit mit jungen und gesunden Menschen sehr dankbar.“Schon im Studium des Lehramts für Primarstufe seien die Männer stets in der Unterzahl gewesen, im Referendariat ebenso.
Dass im Lehrerzimmer Männermangel herrscht, könne er sich mit dem Gehalt eigentlich nicht erklären. „Ein Grundschullehrer verdient genauso viel wie ein Lehrer der Sekundarstufe I. Mit dem neuen Gesetz zur Anpassung der Lehrkräftebesoldung sind die Unterschiede ohnehin obsolet.“Nicolas Schönherr sieht da eher einen anderen
Aspekt als Hemmschuh: „Grundschullehrer ist kein Aufstiegsamt. Zudem ist die Arbeit an den weiterführenden Schulen wissenschaftlicher. Im Vergleich sind Erziehung und Betreuung große Themen, weil wir näher am Kind sind.“Und auch hier: Die Erziehung junger Kinder wird seit Generationen den Frauen zugeschrieben. Dieser Umstand trägt dazu bei, dass weniger Männer auf die Idee kommen, Lehrer an der Primarschule zu werden, auch wenn sich ein Wandel seit geraumer Zeit bemerkbar macht.
Remko Sonnemans ist Motopäde und Sportlehrer an der Erich-Kästner-Schule. Der Roermonder ist 2022 über das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Lehrberuf gekommen – und geblieben. „Die Arbeit mit den Kindern macht mir großen Spaß und man merkt deutlich, dass meine motopädische Arbeit zur Verbesserung von Beweglichkeit und Konzentration beiträgt.“Wenn ein Kind Bedarf hat, macht es gemeinsam mit Remko Sonnemanns Entspannungs- oder Bewegungsübungen, fördert die Fein- und Grobmotorik. „Das ist ein großer Gewinn für die Schule“, sagt Nicolas Schönherr, der sich über seinen männlichen Kollegen freut.
Was sollte ein Grundschullehrer eigentlich mitbringen? „Kreativität und Flexibilität sind auf jeden Fall von Vorteil“, sagt Nicolas Schönherr und lacht. „Die Grundlage ist aber, dass die Kinder Freude haben und vorwärts kommen“, fügt Remko Sonnemans hinzu.