Rheinische Post Erkelenz

Der Sinn der Vize-Bürgermeis­ter

Wenn es um Krethi & Plethi im Rat der Stadt Wassenberg geht, ist Unterhaltu­ng, gleichzeit­ig aber auch Irrsinn angesagt. Warum es nun die stellvertr­etenden Bürgermeis­ter trifft und für wen es Redeverbot geben soll.

- VON ANKE BACKHAUS

Zwar ist Marcel Maurer, Bürgermeis­ter und damit Verwaltung­schef in Wassenberg, hauptamtli­ch im Rathaus tätig, doch nachvollzi­ehbar ist, dass es ihm schier unmöglich ist, auch wirklich alle Termine, die im Kalender eines Bürgermeis­ters aufgenomme­n sind, persönlich wahrzunehm­en. Genau aus diesem Grund hat ein Bürgermeis­ter auch immer Stellvertr­eter. Aus diesem Grund pflegte Bernd Jansen, Maurers Amtskolleg­e in Hückelhove­n, vor vielen Jahren mal zu sagen, als noch Dieter Geitner einer seiner Stellvertr­eter war: „Wir haben das ganz einfach geregelt, wenn ich verhindert bin. Ich rufe dann an und frage: Dieter, trägst du gerade Krawatte?“Eigentlich alles klar soweit.

Doch Krethi & Plethi im Wassenberg­er Stadtrat macht sich mal wieder die ureigenen Gedanken, die an Skurrilitä­t kaum zu überbieten sind – man kennt das mittlerwei­le allzu gut. Das Thema diesmal in der Ratssitzun­g: die stellvertr­etenden Bürgermeis­ter.

In Wassenberg sind das Frank Winkens (CDU), der erste stellvertr­etende Bürgermeis­ter, und Irmgard Stieding (Bündnis 90/Die Grünen), die zweite stellvertr­etende Bürgermeis­terin. Nach der konstituie­renden Ratssitzun­g Ende des Jahres 2020 haben beide bereits viele Termine als Marcel Maurers Stellvertr­eter wahrgenomm­en. Um was es Krethi & Plethi konkret geht: Wie verzichtba­r sind diese Positionen? Wie viele Termine nehmen die Stellvertr­eter pro Jahr war? Welchen zeitlichen Aufwand betreiben die beiden Stellvertr­eter? Der Grund für diese Fragen: Es geht um Einsparung von Kosten.

Marcel Maurer machte in der Sitzung

des Rates direkt klar, dass ein Wegfall der Positionen allein schon aus rechtliche­n Gründen gar nicht erst in Betracht komme. Für Kommunen sei eindeutig geregelt, wie ein Bürgermeis­ter adäquat vertreten wird. Dennoch hatte sich Marcel Maurer die Mühe gemacht und nachgerech­net. Demnach kommt Frank Winkens auf 13 Termine, dabei war er geschätzt 35 Stunden unterwegs gewesen, auf Irmgard Stieding entfallen hingegen fünf Termine mit geschätzt zwölf Stunden. Maurer erklärte, dass die exakte Stundenanz­ahl nicht erfasst würde, diese könne das Rathaus daher nur schätzen. Jedoch: Winkens und Stieding haben Maurer als Repräsenta­nten der Stadt bei Anlässen unterschie­dlicher Art vertreten, darunter fallen beispielsw­eise Eröffnunge­n von Kunstausst­ellungen,

Besuche von Schützenfe­sten und mehr. Es geht aber auch noch kreativer. Nächstes Beispiel: In derselben Sitzung stellte Bürgermeis­ter Maurer in Richtung Krethi & Plethi die Frage, einen weiteren

Antrag für den nächsten Hauptund Finanzauss­chuss auf die Tagesordnu­ng zu setzen. Darum geht es: „Antrag auf Redeverbot bei Ratsund Ausschusss­itzungen“– so ist das Schriftstü­ck beschriebe­n. „Der Rat, besonders die Grünen und die SPD, reden in letzter Zeit sehr viel, daher werfen wir die Idee in den Raum, bei Rats- und Ausschusss­itzungen ein absolutes Redeverbot einzuführe­n. Um demokratis­che Abläufe dennoch zu gewährleis­ten, sollen die Sitzungen des Rates im gewohnten Sitzungssa­al über einen Messengerd­ienst wie WhatsApp stattfinde­n“, heißt es. Sich selbst möchte man von der Regelung ausnehmen, denn – und man hört quasi das Schmunzeln der Antragstel­ler: „Wir verfügen über genügend eloquente Ratsmitgli­eder, die der Aufgabe, ,mitreißend­e Reden‘ zu

halten, auch gewachsen sind.“Es sollte jetzt schon klar sein, wie der Hauptaussc­huss entscheide­n wird.

Und dann ist da auch ein Preis, den Krethi & Plethi bereits ab 2024 vergeben und mit 1000 Euro dotieren möchte: Wassenberg soll den „Wassenberg­er Preis für trans, inter, queer, non-binäres Empowermen­t“an Personen, Initiative­n und Gruppen aus der LGBTQCommu­nity Wassenberg­s, die sich für das Empowermen­t von trans, inter, queeren und non-binären Personen einsetzen, vergeben. „Wassenberg würde mit der Vergabe dieses Preises leuchtende­s und innovative­s Vorbild für andere Städte sein und seinen Spitzenran­g im Kreis Heinsberg behaupten.“Man müsse Farbe bekennen für ein offenes, demokratis­ches und buntes Wassenberg.

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FOTOS (2): STADT WASSENBERG Frank Winkens (CDU), Wassenberg­s erster stellvertr­etender Bürgermeis­ter.
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ARCHIVFOTO: JL Marcel Maurer (CDU), Bürgermeis­ter der Stadt Wassenberg.
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Irmgard Stieding (Grüne), Wassenberg­s zweite stellvertr­etende Bürgermeis­terin.

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