Bürgermeister Muckel räumt seinen Stuhl
Mehr als ein musikalisches „Best of“aus zehn Bühnenprogrammen war das erste Konzert der Erkelenzer Stunker. Die kredenzten auch vier neue Songs und garnierten die Lieder mit saftigen Sketchen und Parodien.
Was sich vielleicht einige politische Gegner wünschen würden, wurde im Stunk-Konzert Realität: Bürgermeister Stephan Muckel räumte seinen Stuhl – und zwar buchstäblich. Als auf der Bühne für einen Sketch zwei Stühle aus der ersten Publikumsreihe benötigt wurden, erwischte es eben auch den dort sitzenden Muckel. Was laut künstlerischem Stunk-Gesamtleiter Dominik Mercks nicht abgesprochen war: „Der saß wirklich zufällig da.“Muckel nutzte die stuhllose Zeit pragmatisch: Er ging erst einmal im Foyer Getränkenachschub holen.
Als die Stunker ihn selbst dann auf der Bühne darstellten, war Erkelenz‘ erster Bürger schon lange wieder da. Angesichts der aktuell vielen Baustellen in Erkelenz und dem damit verbundenen Bürgerunmut verpassten die Stunker ihm eine gehörige Portion Schwermut – und gossen das in den Song „Stephan Muckel hat den Blues“.
Generell verwendeten die Stunker wie gehabt bekannte Melodien aus Rock, Pop und Karneval und versahen sie mit neuen und witzigen Texten – so eben auch bei den Muckel-Nummern. „Wäre ich doch Beigeordneter in Titz geblieben oder Geschäftsführer der Unfallkasse NRW geworden“, ließen sie ihn da seufzend sagen – letzteres eine Anspielung
auf den ehemaligen Wegberger Bürgermeister Michael Stock, der genau diesen Weg im vergangenen November eingeschlagen hat.
Der bekam daher auch sein Fett weg im Song „Stock hat keinen Bock“– das ganze Rathaus sei schließlich ein Irrenhaus. Dazu besangen die Stunker den „Kanal im Sparbezirk“– mit der Zeile „und draußen am Rand der Stadt vergammelt das Hallenbad“. Womit die Erkelenzer Nachbarstadt aber noch nicht abgehandelt war. Ensemble-Mitglied Winfried Weckert schlüpfte in die
Rolle von Bürgermeister-Kandidat Christian Pape und spielte dabei unter anderem auf dessen Tätigkeit als Comedian an: „Was ist der Unterschied zwischen Wegberg und meinen Auftritten? Über Wegberg kann wirklich jeder lachen.“
Der merkwürdige Erkelenzer Marketing-Slogan („die Stadt mit den drei E“) wurde ebenfalls genüsslich durch den Kakao gezogen, quittiert von lautstarkem und zustimmendem Applaus in der vollbesetzten Stadthalle. Auch das wesentlich ernstere Thema der braunkohlebedingten
Umsiedlung griffen die Stunker in mehreren Nummern gekonnt auf.
Und dann war da noch das Thema katholische Kirche, personalisiert durch den leitenden Erkelenzer Pfarrer Werner Rombach, den Christoph Dohmen-Funke darstellte. Als Reaktion auf nur noch spärlich besuchte Gottesdienste zog der aus Resignation das Messgewand aus, legte sich das charakteristische Beffchen (weißes Leinentuch am Halsausschnitt) eines evangelischen Pastors an und sang zur Westernhagen-Melodie
von „Dicke“: „Was bin ich froh, jetzt evangelisch zu sein, denn katholisch war eine Quälerei“– quasi also das musikalische Gegenstück zum Klassiker „Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin“der bekannten Kabarettisten Jürgen Becker und Norbert Alich.
Als Überraschungsgast enterte der als „Frank Sinatra aus Matzerath“vorgestellte Markus Forg die Bühne und drehte dessen Klassiker „New York“zu „Kuckum (neu)“um – in der Reihenfolge sei diese Wortkombination schließlich richtig.
Gut war auch wieder die Präsentation: Alle Songtexte wurden zur besseren Verständlichkeit per Beamer auf die Rückwand der Bühne projiziert. „384 Folien hat unser Mitarbeiter durchgeklickt“, erläuterte Mercks bei den Danksagungen.
Sitzungspräsident Wolfgang Klein war zuvor mit Hingabe in die Rolle von Elvis geschlüpft – unter anderem mit dem Song „In der Session“. Dessen Darbietung konnte Muckel beim anschließenden Smalltalk im Foyer schmunzelnd einen ganz persönlichen Nutzen abgewinnen: „Altweiber schlüpfe ich ja selbst in die Rolle von Elvis – dafür war diese Nummer eine sehr gute Vorbereitung.“