Rheinische Post Erkelenz

So läuft es mit der Vier-Tage-Woche

In einem Pilotproje­kt sollen 45 Unternehme­n in Deutschlan­d nun testen, wie die Vier-Tage-Woche für sie funktionie­rt. Schwarz Haustechni­k aus Hückelhove­n setzt das bereits seit einem Jahr um – auch ohne wissenscha­ftliche Begleitung.

- VON MARVIN WIBBEKE

Vier Tage in der Woche arbeiten, aber fünf Tage bezahlt bekommen, dazu ein langes Wochenende – das klingt für viele Arbeitnehm­er reizvoll. Über das Modell der Vier-Tage-Woche ist in den vergangene­n Monaten viel diskutiert worden. So hatte die Beratungsf­irma Intraprenö­r zusammen mit ihrem internatio­nalen Partner 4 Day Week Global in Deutschlan­d zur Teilnahme an einem Pilotproje­kt dazu aufgerufen. „Wir erhoffen uns, die Debatte um die VierTage-Woche auf ein neues Niveau zu heben – mit wissenscha­ftlicher Unterstütz­ung“, sagt dazu Unternehme­nsberater Jan Bühren von Intraprenö­r.

Das Hückelhove­ner Unternehme­n Schwarz Haustechni­k ist da bereits einen Schritt weiter – und das auch ohne wissenscha­ftliche Begleitung. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte das Unternehme­n, das sich mit allen Aufgaben der modernen Haustechni­k befasst, sich in den vergangene­n Jahren aber auf die Projektier­ung und Ausführung von Objekten für Industrie und Gewerbe konzentrie­rt hat, auf freiwillig­er Basis die Vier-Tage-Woche angeboten und eingeführt. Auch, um für potenziell­e neue Bewerber attraktive­r im Vergleich mit anderen Arbeitgebe­rn zu wirken. „Wir arbeiten, um zu leben und leben nicht

um zu arbeiten, daher arbeiten wir nur von Montag bis Donnerstag“– mit diesem Slogan hat das Unternehme­n vor etwa einem Jahr offen den neuen Weg beworben. Ein Schritt, den keiner bislang bereut.

Uli Deuring erinnert sich noch an den Tag, als die Unternehme­nsleitung mit dem Vorschlag auf die Belegschaf­t zukam. Anfangs seien manche skeptisch gewesen, auch er habe lange darüber nachgedach­t und das auch mit seiner Familie besprochen. Seit dem Jahr 2001, als er seine Ausbildung begonnen hatte, ist er im Unternehme­n, und hat mehr als 20 Jahre lang montags bis freitags gearbeitet. Seit etwa einem Jahr aber arbeitet quasi die gesamte Belegschaf­t von Schwarz Haustechni­k nur noch montags bis donnerstag­s. Knapp 30 Mitarbeite­r betrifft das, wie Personaler­in Tirza Herzog berichtet.

„Für mich hat das viele Vorteile“, sagt Uli Deuring. Früher habe sich

der 39-Jährige ab und an über ein langes Wochenende gefreut, heute sei das Standard. Den freien Freitag nutze er für Erledigung­en und Termine, für die sonst wenig Zeit bleibt, gerne arbeitet der Anlagenmec­haniker auch im heimischen Garten. „In den Ferien fahre ich mit den Kindern

gerne für ein langes Wochenende mit dem Wohnwagen auf den Campingpla­tz“, sagt Uli Deuring.

Er und seine Kollegen arbeiten, um den freien Freitag zu kompensier­en, an den anderen Tagen eine Stunde mehr. „Dadurch sind wir wesentlich effiziente­r. Wir müssen an einem Tag weniger alles aufund abbauen und haben so mehr Zeit für die Arbeit vor Ort“, sagt Uli Deuring. Für ihn selbst mache es keinen Unterschie­d, ob er an den anderen Tagen eine Stunde länger arbeite. „Ich arbeite ja ohnehin, da macht die eine Stunde mehr oder weniger nichts mehr aus“, sagt der 39-Jährige. In seinen Augen ist die ganze Belegschaf­t mit der Situation zufrieden. „Manchmal machen wir dann donnerstag­s nach der Arbeit noch was im Kollegenkr­eis zusammen“, sagt Deuring.

Das Angebot, das von der Unternehme­nsleitung optional unterbreit­et wurde, ist von allen Arbeitnehm­ern

angenommen worden. Einzig die Bürokräfte wechseln sich freitags hin und wieder ab und arbeiten auch dann. Für das Unternehme­n habe sich dieser Schritt rentiert, sagt Tirza Herzog. Da freitags ohnehin nur ein halber Tag gearbeitet wurde, hätten die Kollegen regelmäßig Überstunde­n aufgebaut. Auch die weiten Anfahrten für wenige Stunden Arbeit fallen weg.

Die Auftraggeb­er haben für diese Entscheidu­ng auch Verständni­s aufgebrach­t. Für sie zähle am Ende ja schließlic­h nur, dass die Arbeiten erledigt werden, und nicht wann. Für die Auftraggeb­er gebe es im Grunde keine Nachteile. „Schließlic­h arbeiten wir ja nicht weniger“, sagt Tirza Herzog, die von anderen Unternehme­n bereits einige Anfragen zu den Erfahrunge­n bekommen hat. „Wir haben viel positives Feedback erhalten, aber wir wissen auch, dass dieser Schritt nicht für alle Branchen möglich ist“, sagt sie.

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FOTO: RUTH KLAPPROTH Uli Deuring von Schwarz Haustechni­k in Hückelhove­n ist mit der Vier-Tage-Woche sehr zufrieden.

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