Wie Fahrschüler lernen, einen Bus zu steuern
Die Nachfrage nach Busfahrern ist groß, die Fahrschulen beklagen zu wenig Interessierte an einer Ausbildung. Wie spannend und anspruchsvoll der Beruf aber tatsächlich ist, zeigt sich bei einer Fahrstunde durch die Stadt.
Kamiran Ali und Mohamed Jabolie sind zwei der rund 50 Busfahrschüler, die jährlich in der Fahrschule Ismar ausgebildet werden. „Zu wenige“, sagt Inhaber Christoph Ismar. Der Bedarf an Busfahrern steige, die wenigsten wollten den Job aber noch machen. Nicht so Ali und Jabolie. „Wir wollen auf jeden Fall Busfahrer werden“, sind sie sich einig. Fahrlehrer Helmut Stein nimmt bei den praktischen Übungsstunden neben dem Schüler, der am Steuer des Busses sitzt, immer auch ein bis drei weitere Fahrschüler mit. „Sie lernen aus den Fehlern der anderen“, sagt Stein. Er muss es wissen, schließlich lehrt er seit 40 Jahren alle Führerscheinklassen.
An diesem Tag steuert Ali den Bus, Jabolie schaut zu. „Sieh in den Spiegel, hast Du was zu trinken dabei?“, fragt Stein. Ali nickt. Es geht los am Sitz der Fahrschule, links in die Breitenbachstraße hinein, an der Ampel biegt Ali in die Lürriper Straße ein. Stein winkt einem Passanten zu. „Ich kenne ziemlich viele Leute, alle ehemalige Fahrschüler“, sagt er. Am Rohrplatz, gerade will Ali in die Reyerhütter Straße einbiegen, kommt dem Fahrschüler ein anderer Bus entgegen.
Stein bedeutet ihm mit einer kurzen Geste, möglichst rechts zu bleiben, der Platz hier ist für zwei Busse eng. „Bleib stehen, nicht zu nah dran“, sagt Stein ruhig. Ali ist hoch konzentriert, starrt auf die Straße. Die Busse kommen unfallfrei aneinander vorbei – nicht einfach bei den beiden zwölf Meter langen Fahrzeugen, die jeweils einen Wendekreis von 24 Metern haben. An einer roten Ampel nimmt Ali einen Schluck aus seiner Mineralwasserflasche.
„Bei jeder Fahrstunde wird mindestens einmal eine Bushaltestelle angefahren und die Tür direkt an der Blindentastleise geöffnet“, erzählt Stein. Zentimeterarbeit. Außerdem müsse mit dem Bus rückwärts eingeparkt und gewendet werden. Es ruckelt und zuckelt, als Ali Richtung Korschenbroicher Straße steuert. „Die nächste links“, sagt Stein leise. Es geht zum Lürriper Industriegebiet. Ali stoppt dort seinen Bus kurz an einer Haltestelle, setzt dann zum rückwärts Einparken an. Stein geht „als Sicherheitsposten“, wie er sagt, an die Heckscheibe des Busses. „Langsam“, mahnt Stein. Behutsam steuert Ali den Bus rückwärts in eine Parkbucht. „Gut, das reicht“, ruft ihm Stein aus der Tiefe des Busses zu.
Man müsse ruhig sein, um ein guter Busfahrer zu werden, auf keinen Fall aufbrausend, eher der ausgeglichene Typ, erklärt Stein, als Ali sein Gefährt wendet, und es über die Volksbadstraße zurück zur Breitenbachstraße geht. „Und hilfsbereit den Fahrgästen gegenüber“, sagt der Fahrlehrer. Vor Alis Bus fährt jetzt ein Radfahrer. Ali übt sich in Geduld, er muss den Abstand von 1,5 Metern halten, kann deswegen zunächst nicht überholen, später klappt es dann. „Wir müssen miteinander leben, alle sind auf der Straße unterwegs“, sagt Stein. Die Protected Bike Lane auf der Hohenzollernstraße bezeichnet er als „Kunst des Miteinanders“.
Als Ali entspannt den Bus auf das
Fahrschulgelände manövriert, lobt Stein ihn: „War gut heute.“Ob er beim Fahren nervös gewesen sei? „Nö“, sagt Ali: „Ich bin in meiner Heimat Syrien schon zwei Jahre lang Bus gefahren, bevor ich nach Deutschland gekommen bin.“Wie Jabolie auch stammt Ali aus Aleppo, mit ihren jungen Familien sind sie nach Deutschland geflüchtet, auf der Suche nach einem besseren Leben. Die künftige Arbeit als Busfahrer, sagen sie, gebe ihnen allen Sicherheit.
Viereinhalb Jahre dauert die Ausbildung zum Busfahrer, 58 Fahrstunden und 140 Stunden Theorie
müssen absolviert. Ali und Jabolie sind über das Jobcenter an die Ausbildung gekommen. Bevor die Busfahrschüler zur Ausbildung zugelassen werden, müssen sie eine verkehrsmedizinische Untersuchung machen, dabei werden insbesondere Sehkraft, Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen überprüft. Nach bestandener Busfahrerprüfung erfolgt die Linieneinweisung beim Arbeitgeber, dann fahren auch schon Fahrgäste mit im Bus. Haltestellen, Preise, Fahrwege – in den ersten Wochen gibt es viel zu tun für Jobneulinge. Ali und Jabolie freuen sich drauf.