Wenn Mundart wieder zum Leben erwacht
Im Belting-Treff nahm Manfred Müchen das Publikum mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Unterhaltsam präsentierte er bekannte Pop-Lieder auf Plattdeutsch und sprach auch ernste Themen an.
(barni) Manfred Müchen hat eine klare Mission: Er will dafür sorgen, dass das Plattdeutsch erhalten bleibt. „Oss Platt datt es en schönne Schproak“, lautet sein Credo. Das Mönchengladbacher Erzählcafé hatte Müchen ins Bürgerzentrum Belting-Treff eingeladen, wo er nicht nur erzählte, sondern auch sang. Die Veranstaltung war gut besucht – ein Zeichen dafür, dass das „Platt kalle“immer noch seine Fans hat.
Der 71-jährige Müchen, der früher bei der Lebenshilfe in Heinsberg arbeitete, war mit seiner Gitarre gekommen. Seine Spezialität: Er verpasst Welthits neue Texte – Mundart-Texte. Was er beklagte: „Immer weniger Menschen sprechen Platt. Früher, beim Metzger oder Bäcker, war die Mundart überall zu hören.“Seine Hoffnung: „Platt bleibt ewig, wenn wir alle was dafür tun.“Voller Hoffnung war auch der Song, der bei ihm aus dem Evergreen „Feliz Navidad“wurde: „Der Nils kallt jetzt Platt“. Deftig-ehrlich sei sie, die Mundart.
Die Besucher waren keine Anfänger. Sie verstanden das, was Manfred
Müchen ihnen erzählte, und wussten beispielsweise, dass Maulwurf „Moll“und „de Mösche“Spatzen sind. Bei seinem kurzweiligen Vortrag warf Müchen einen Blick zurück auf Zeiten, die seinem Publikum noch in Erinnerung geblieben sein dürften. Unter anderem ging es darum, dass man als Kind vor einigen Jahrzehnten so lange am Tisch sitzen
musste, bis der Teller leer gegessen war und wo mahnende Worte der Mutter und eine Ohrfeige vom Vater drohten.
Müchen sang davon, wie man früher mit dem Luftgewehr auf Vögel schoss, um die Kirschen im Garten zu verteidigen. Aus dem Beatles-Hit „She Loves You“wurde dabei „Dat etz du, ne, ne, ne“. Aus „Musst du jetzt gerade gehen, Lucille“, machte Müchen „Muss Amazon gerade jetzt klingeln, Sibyll“. Hier ging es um einen zart aufkeimenden Sexualtrieb, der das Klingeln nicht überleben sollte. Beim Mönchengladbacher Publikum kam das augenzwinkernde Lied sichtlich gut an.
Die eigenen Texte von Müchen überwogen klar, aber es gab auch Anleihen von Hotte Jungbluth. Da ging es unter anderem um die „Jötschklomp“, also eine Jauchekelle, und um das einlagige Toilettenpaar in Form von alten Zeitungen. Manfred Müchen wagte sich zum Schluss auch an ein ernstes Gegenwartsthema heran: Er mahnte, den Klimawandel ernst zu nehmen, um die verheerenden Auswirkungen möglichst gering zu halten.
Der Künstler begeisterte sein Publikum dabei nicht nur mit seinen Liedern und Texten. Er animierte auch einige Zuhörer, selber zu Vortragenden zu werden. Jürgen Ramakers (83) trug „Hier und es weh und da tut es weh...“vor und verriet: „Ich gehe in drei Altenheime, um mit den Leuten dort zu singen.“