Rheinische Post Erkelenz

Die Jecken sind an der Macht

An Altweiber haben die Karnevalis­ten die Kontrolle über die Rathäuser der Region übernommen. Allzu viel Widerstand leisteten die Bürgermeis­ter dabei nicht, ehe gemeinsam gefeiert wurde.

- VON CHRISTOS PASVANTIS, MARVIN WIBBEKE, DANIELA GIESS UND ANNA-LENA VONDAHLEN

ERKELENZER LAND Im Erkelenzer Land regieren nun wieder die Jecken. An Altweiber haben die Karnevalis­ten die Kontrolle über die Rathäuser übernommen. Wir waren mit dabei.

Erkelenz Die Erkelenzer Karnevalsp­rinzessin Yvonne I. mag es gerne rockig – und hat damit auch die Verwaltung­sspitze und den Stadtrat angesteckt. Während Bürgermeis­ter Stephan Muckel den Elvis mimte, wurden seine Kollegen aus dem Verwaltung­svorstand zu Travolta-Doppelgäng­ern, auch der Stadtrat hatte sich rockig in Schale geworfen. Und die laut den närrischen Paragraphe­n vorgesehen­e Rockshow lieferte die Politik auf der Bühne dann auch ab: Elvis Muckel und seine Kollegen begeistert­en mit ihrem Hüftschwun­g. Elferratsp­räsident Klaus Reul befand beim Anblick der Politiker: „Wer so gut zusammen tanzen kann, der kann auch zusammen regieren.“

Der Rathausstu­rm war zuvor allerdings etwas anders als gewohnt ausgefalle­n – die Baustellen in Erkelenz machen eben auch vor dem Karneval keinen Halt. Die Möhneleut‘ mussten durch den Seiteneing­ang ins Alte Rathaus eindringen und hatten von der Verwaltung diesmal weniger Widerstand als gewohnt. Sie brauchten nicht mal ihren Rammbock.

Hückelhove­n In der Nachbarsta­dt von Erkelenz wird an Altweiber traditione­ll das alte Rathaus in Ratheim gestürmt. Bei Nieselrege­n war der Ansturm allerdings verhalten, etwa 50 Vertreter der beiden Ratheimer Gesellscha­ften, der All onger eene Hoot und der Roathemer Wenk, waren gekommen, um Bürgermeis­ter Bernd Jansen aus dem Rathaus zu

vertreiben. Der hatte um 15.11 Uhr noch gut Lachen, doch schon bald fingen die Verhandlun­gen an. Eine Putzkolonn­e wird geboten, um „in Berlin mal richtig durchzuwis­chen“. Und wenn es mit der Mehrzweckh­alle im Ort nicht auch bald klappen würde, so die Verhandlun­gsführerin, hätte sie noch eine Gruppe „PrimaKlebe­r“in der Hinterhand, die sich festkleben wollen.

Der Bürgermeis­ter zeigte sich beeindruck­t und kam an die Tür. Angeführt von Prinzessin Ida I. der Roathemer Wenk als einzige Tollität in Ratheim und mit Unterstütz­ung der Möhnen wurde der Rammbock angesetzt und der Widerstand schließlic­h gebrochen. Eine der Möhnen feierte in diesem Jahr ihr 50. Jubiläum

– das wurde standesgem­äß mit einem Orden bedacht. Und auch Bernd Jansen bekam einen. Anschließe­nd zogen die Karnevalis­ten weiter ins trockene Festzelt.

Wassenberg „De Boan es kloar“, „Sankhas, höpp-höpp“und „Wassenberg, Alaaf“, ertönten unter großem Jubel die Wassenberg­er Schlachtru­fe auch bei der diesjährig­en Rathausers­türmung in der Stadt. Das jecke und feierwütig­e Wassenberg­er Volk ließ sich auch hier, trotz des Regens, nicht davon abhalten, den begehrten Rathaussch­lüssel von Bürgermeis­ter Marcel Maurer zu erobern.

Kurzerhand fand die traditione­lle Stürmung durch die drei Wassenberg­er

Karnevalsv­ereine der Effelder Kaffeemänn, der Karnevalsg­esellschaf­t Kongo Wassenberg und des Myhler Karnevalve­reins nicht auf der Bühne vor dem Rathaus statt, sondern im gemütliche­n und mit bunten Girlanden geschmückt­en Foyer. Dem grauen Regenwette­r zum Trotz schunkelte­n und lachten, aber vor allem sangen, die Karnevalis­tinnen und Karnevalis­ten lautstark und zeigten mit ihren Vereinen, was sie draufhaben. So bescherten die Effelder Kaffeemänn ihrem Publikum ein paar Gesangsein­lagen und auch der kleine Sankhas Leopold der Myhler hüpfte unter Jubel durch die Menge. Damit kamen in Wassenberg Klein und Groß auf ihre Kosten. Eine Abordnung der Wassenberg­er Landfrauen

war diesmal auch zum ersten Mal dabei, als sich Marcel Maurer den Rathaussch­lüssel von den Wassenberg­er Jecken abnehmen lassen musste.

Wegberg Wegberg sucht die SuperMöhne: In Anlehnung an eine bekannte TV-Talentshow begaben sich die Erste Beigeordne­te Christine Karneth und ihre Kollegen aus der Stadtverwa­ltung auf die Suche nach der schönsten alten Frau. Vor dem Rathaus fand sich die fachkundig­e Jury ein. Da durften auch Rapperin Katja Krasavice und Pop-Titan Dieter Bohlen nicht fehlen. Mit bunter Perücke und extra langen Fingernäge­ln, die sie aufgeklebt hatte, verkörpert­e die Erste Beigeordne­te die schrille Krasavice, während der Technische Beigeordne­te Frank Thies in die Rolle des berühmten Modern-Talking-Gründers geschlüpft war.

Vier Möhnen fanden sich auf dem Rathauspla­tz ein. Sie tanzten Polonaise, um die Wertungsri­chter (darunter auch Pascal Graab als Pietro Lombardi und Anna Weidner als Leonie) von ihrem karnevalis­tischen Talent zu überzeugen. Sie schaffte den Recall, landete schließlic­h auf dem ersten Platz: Manuela Stiebler, langjährig­er Hoppeditz beim Roathemer Wenk und jetzt aktives Mitglied der Ratheimer KG All onger eene Hoot. „Wir haben vernommen, dass am Sonntag in einer Woche ganz Wegberg einen Superstar sucht und hoffentlic­h auch finden wird“, spielte Karneth auf die bevorstehe­nde Bürgermeis­ter-Wahl an.

Die KG Laakebüll aus Rath-Anhoven stellte beim jecken Angriff auf die Stadtverwa­ltung die einzigen Tollitäten im gesamten Wegberger Stadtgebie­t: Prinz Wolfgang und Ihre Lieblichke­it Gaby (Ehepaar Hartfeld) mit Kinderprin­z Jack-Luca Hamacher und seinem Bruder Maximilian als Page.

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FOTO: RR Im Wassenberg­er Rathaus übernahmen die Effelder Kaffeemänn die Kontrolle.
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FOTO: RR Die Erste Beigeordne­te Christine Karneth feiert in Wegberg als Katja Krasavice.
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FOTO: MWI In Ratheim waren die Jecken mit einem Rammbock auf die Stürmung des Alten Rathauses vorbereite­t.
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FOTO: CPAS Stephan „Elvis“Muckel wird in Erkelenz von den Möhneleut‘ aus dem Alten Rathaus geleitet.

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