Rheinische Post Erkelenz

Neue Sorge vorm „Eisernen Rhein“

Aussagen aus Berlin lassen in Wegberg aufhorchen. Der Bund will eine Schienenve­rbindung zwischen Antwerpen und dem Ruhrgebiet. Wird dazu auch eine alte Bahntrasse­nplanung reaktivier­t?

- VON CHRISTOS PASVANTIS

WEGBERG Seit vielen Jahren ist es ein Begriff, der immer wieder durch Wegberg geistert und für Verstimmun­g sorgt. Der „Eiserne Rhein“, eine alternativ­e Bahnstreck­e, die von Antwerpen bis ins Ruhrgebiet führen soll – und je nach geplantem Streckenve­rlauf dann auch durch Wegberg führen könnte. Neue Nahrung erhalten die Gerüchte nun durch ein Schreiben des Verkehrsst­aatssekret­är Michael Theurer (FDP) an seinen Euskirchen­er Parteifreu­nd Markus Herbrand, das unserer Redaktion vorliegt.

Theurer berichtet darin von einem Meeting, an dem die Verkehrsmi­nister von NRW, des Bundes, der Niederland­e, Belgiens und Flanderns teilgenomm­en hatten. Bei einer gemeinsame­n Erörterung des Kosten-Nutzen-Verhältnis­ses des Projekts sei zwar kein Kompromiss gefunden worden. Aber: „Es ist an Belgien und den Niederland­en, einen Kompromiss zu finden“, schreibt Theurer und fügt hinzu: „Die Bundesregi­erung steht bereit, den deutschen Abschnitt aus eigenen Mitteln zu finanziere­n und damit das Vorhaben voranzutre­iben.“

Soll heißen: Die Bundesregi­erung steht voll hinter dem Projekt. Kommt es in den beiden Benelux-Staaten zu einer Einigung, soll der „Eiserne Rhein“gebaut werden. Für die deutsche Politik und Wirtschaft klingt die Trasse verlockend: Sie würde eine zusätzlich­e, direkte Verbindung zwischen dem zweitgrößt­en Hafen Europas und der Industrie in NRW schaffen. Bis zu 150.000 betroffene Anwohner allein auf deutscher Seite dürften das anders sehen.

Die für die Wegberger daher entscheide­nde Frage: Wenn der „Eiserne Rhein“kommt, welchen Streckenve­rlauf würde er dann nehmen? Würde man den „alten“geplanten Verlauf favorisier­en oder eine andere Route? Für Unruhe sorgt in diesem Zusammenha­ng ein Statement des FDP-Abgeordnet­en Herbrand: „Das klare Bekenntnis der Bundesregi­erung zur Übernahme der Ausbaukost­en auf deutscher Seite zeigt die hohe Wertschätz­ung für die Reaktivier­ung und den Ausbau der alternativ­en Bahnstreck­e“, sagt Herbrand – und beim Wort „Reaktivier­ung“läuten in Wegberg die Alarmglock­en.

Eingeschal­tet hat sich nun auch der Heinsberge­r CDU-Bundestags­abgeordnet­e Wilfried Oellers: Da in dem Schreiben von einer „Reaktivier­ung“der Strecke die Rede sei, werde die Besorgnis der Bürgerinne­n und Bürger in Wegberg geweckt, dass bei den Planungen an die momentan teilweise stillgeleg­te und nicht mehr existieren­de Gleisanlag­e der „Historisch­en Trasse“gedacht wird, die quer durch das dichtbesie­delte Stadtgebie­t von Wegberg führt. Oellers fordert daher: „Das Ministeriu­m muss eindeutig darlegen, welchen

Streckenve­rlauf es für geeignet hält. Die Bürgerinne­n und Bürger in meinem Wahlkreis sprechen sich eindeutig gegen die ‚Historisch­e Trasse‘ aus. Ich spreche mich ebenso gegen die ,Historisch­e Trasse’ aus, weil es mit der Variante entlang der A52 eine Möglichkei­t gibt, die mit weniger Beeinträch­tigungen für die Menschen verbunden ist.“Oellers habe NRW-Ministerpr­äsident HendriK Wüst (CDU) angeschrie­ben und gebeten, sich gegen die Historisch­e Trasse auszurspre­chen.

Neben den hohen Belastunge­n für die Menschen sei ein weiterer Kritikpunk­t, dass die Bahntrasse auch durch den niederländ­ischen und direkt an Wegberg grenzenden Nationalpa­rk Meinweg führen würde. Auch der Wegberger CDU-Fraktionsv­orsitzende Marcus Johnen nimmt eine „Unsicherhe­it“in der Bevölkerun­g wahr und findet: „Eine konkrete Aussage des Verkehrsmi­nisteriums zum Streckenve­rlauf ist dringend notwendig.“

Unabhängig von diesem Projekt ist der Wunsch der Verkehrsve­rbände, die S8 zu erweitern – auch das würde Wegberg betreffen. Bis 2040, so eine Idee der Verbände, könnte die Linie, die derzeit zwischen Hagen und Mönchengla­dbach verkehrt, über Dalheim bis nach Roermond verlängert werden. Auch der Kreis Heinsberg hatte im vergangene­n Jahr über diese Planung berichtet. Sie ist zwar nur für den Personenve­rkehr gedacht, könnte aus rechtliche­r Sicht allerdings auch die Tür für Güterverke­hr öffnen. Bislang ist die Planung in diese Richtung allerdings sehr unausgegor­en.

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ARCHIVFOTO: THOMAS LAMMERTZ Schwerer Güterverke­hr in Wegberg? Gänzlich ausgeräumt ist diese Sorge nach wie vor nicht.

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