Rheinische Post Erkelenz

Wie Bewohner bei Hephata die Packaktion feiern

Die evangelisc­he Stiftung ist ein Teil des inklusiven Rosenmonta­gszug in Neuwerk – und das bereits seit zehn Jahren. Worauf sich die Bewohner am meisten freuen.

- VON MAREN KASTER

MÖNCHENGLA­DBACH Harald Plumm strahlt über das ganze Gesicht. Gerade wurde ihm von Tanja Runkel eine Flasche alkoholfre­ies Bier in die Hand gedrückt. Sie ist Mitarbeite­rin im ambulant betreuten Wohnen der evangelisc­hen Stiftung Hephata, und an einem verregnete­n Dienstagvo­rmittag steht das Packen des Wurfmateri­als für den inklusiven Rosenmonta­gszug an.

Plumm ist seit dem ersten Mal dabei, wie sie sagt. „Den inklusiven Zug in Neuwerk gibt es nun seit zehn Jahren und es macht uns jedes Jahr aufs Neue großen Spaß.“Die Strecke sei optimal. „Die Rollstuhlf­ahrer schaffen keine Berge wie beim Veilchendi­enstagszug, und Kopfsteinp­flaster wäre ebenfalls ein großes Problem“, sagt Runkel. Der Zug in Neuwerk mit seinen knapp vier Kilometern sei außerdem auch von der Strecke gut machbar.

Jetzt kann die Party losgehen. Obwohl – eine Party sollte es eigentlich gar nicht sein. Doch die Packaktion sorgt sichtlich für ausgelasse­ne Karnevalss­timmung und steigert die Vorfreude auf den Zug. Aus den Boxen singen die

Höhner und Cat Ballou, von der Decke baumelt eine mit Clowns bedruckte Girlande, und auf den Tischen stehen große Boxen mit bunten Kamellen, die darauf warten, endlich geworfen zu werden. An den Seiten stehen kleine Vasen und Krüge mit bunten Blumen aus Papier. „Die haben unsere Senioren

selbst gebastelt“, sagt Runkel. „Es ist wirklich rührend, wenn man sieht, wie Menschen, die von uns betreut werden, den Zuschauern beim Zug eine Rose überreiche­n. Mir kamen schon häufig die Tränen.“

„Früher haben wir hier innerhalb der Gruppen Karneval gefeiert“, sagt Marilyn Klein, Sachgebiet­sleitung Teilhabe. Beim Zug mitzumache­n sei viel Aufwand, die Vorbereitu­ngen liefen seit Sommer. „Wir brauchen beispielsw­eise einen Fahrdienst, der uns mit zwei Bullis begleitet. Darin können wir dann den Vorrat an Wurfmateri­al unterbring­en und falls mal jemand einen epileptisc­hen Anfall hat oder nicht mehr kann, können wir die Person darin versorgen“, sagt Klein. Am Montagmorg­en geht es dann um 9 Uhr los. Die Bullis müssen beladen werden, an den Seiten werden Banner mit der Aufschrift „Hephata treibt es bunt“angebracht. Um 11.30 Uhr erfolgt die Aufstellun­g am Haus Lütz in Bettrath und um 13.11 Uhr zieht der Zug schließlic­h los.

Doch der große Aufwand sei es immer wieder wert, darin sind sich Runkel und Klein einig. „Für Menschen mit Behinderun­g ist es etwas ganz Besonderes, in die Rolle des

Gestaltend­en zu treten, denn in der sind sie nur selten. Man sieht ihnen an, wie stolz sie sind, anderen eine Freude zu machen“, sagt Klein. Plumm freue sich vor allem auf das Rumschmeiß­en mit vollem Karacho, sagt er. „Am Abend bin ich dann platt.“Im Laufe des Vormittags füllt sich der Lagerraum immer mehr mit den vorbereite­ten Wurfbeutel­n. Diese werden den Ablauf beim Zug vereinfach­en. Daneben liegen Bälle bereit, auch sie sind Wurfmateri­al. „Ohne großzügige Spenden wäre das alles nicht möglich“, sagt Runkel. 2000 Euro kämen allein von der Stadt, die PS-Lose der Stadtspark­asse brächten weitere 400 Euro und das Autohaus Fleischhau­er spendete die Bälle. „Acht Personen vom evangelisc­hen Kirchenkre­is Mönchengla­dbach-Neuss werden uns außerdem als Ehrenamtli­che während des Zugs unterstütz­en. Auch das ist Gold wert“, sagt Runkel.

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FOTO: DETLEF ILGNER „Kammmellll­le!“, rufen Betreuer und Bewohner mit großer Begeisteru­ng. Sie üben schon mal vor dem Zug am Rosenmonta­g.

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