Eine Heimat für Idealisten
MÖNCHENGLADBACH Das Gebäude an der Regentenstraße 156 sieht von außen aus wie viele in dem beliebten Viertel. Es ist im Stil der Gründerzeit erbaut, die Fassade ist hell gestrichen. Und wie so oft in diesen Straßenzügen ist von außen nicht zu erkennen, wie top-modern das Innenleben ist.
„Altes Haus“hat Kai Viehof sein Projekt genannt. Er spielt dabei mit dem Kontrast. Denn zukunftsgerichtet ist nicht nur die Ausstattung, sondern auch das Konzept: Nach Jahren des Umbaus hat er mit einigen Mitstreitern einen Ort geschaffen, der Brutstätte von Ideen werden soll.
Dabei sind nicht künstlerische Kreativität oder Marketing gemeint, sondern Ideen, wie das soziale Zusammenleben in unserer Gesellschaft gestaltet werden kann. Menschen, die sich in Organisationen oder als Einzelkämpfer engagieren, trotz aller Widrigkeiten wie Klimawandel, steigender Armut, Rechtspopulismus oder Vereinsamung Lösungen für die Zukunft zu entwickeln.
„Social Enterpreneurship“, sozial orientiertes Unternehmertum, trifft gut, was der 42-Jährige dabei im Sinn hat. Der Profit soll der Gesellschaft zugutekommen. „Mir geht es darum, Aktivitäten zu fördern, bei denen die positive Wirkung auf Gesellschaft und Umwelt über der Gewinnmaximierung steht“, sagt Viehof.
Dafür hat er diesen flexiblen Arbeitsraum mitten im Gründerzeitviertel geschaffen. Das „Alte Haus“, das am Freitag, 16. Februar, offiziell Eröffnung feiert, folgt dem Konzept des „Co-Working“, also geteilter, zeitlich begrenzt mietbarer Arbeitsplätze. Der Austausch und das gegenseitige Inspirieren sind dabei ausdrücklich erwünscht, weshalb es auch kein Buchungssystem für bestimmte Plätze geben soll. Die Konditionen sind günstig.
Wer sich einmieten möchte, kann sich bewerben. „Wir laden die Leute ein, schauen uns an, ob sie zu uns passen“, sagt Viehof. Angedacht ist eine Art Mitgliedschaft, die jeweils für einen Monat gilt, zum Monatsende kündbar, aber eben auch verlängerbar ist. Das Minimum soll im Monat bei 100 Euro plus Mehrwertsteuer liegen. Stipendien seien denkbar, wenn jemandem selbst diese Summe zu hoch sein sollte. „Und wenn jemand bereit ist, mehr zu leisten, freuen wir uns natürlich“, sagt Viehof. Vor allem gehe es darum, dass Akteure in solchen sozial-gesellschaftlich relevanten Segmenten „nicht dauernd den Fokus auf die Finanzierung legen müssen“, sagt Leonie Hegger, die für Social Media zuständig ist.
Im Erdgeschoss gibt es einen kleinen Empfang, eine Küche, einen der großen und schönen Gärten, die in der Gladbacher Innenstadt immer wieder überraschen. Auch hier können Plätze reserviert werden, wenn jemand sein Laptop lieber unter freiem Himmel oder am Küchen- statt am Schreibtisch aufklappen möchte. Es gibt einen Arbeitsraum mit modernen Möbeln und einer schalldichten, senfgelben Kabine.
In den oberen Stockwerken sind weitere Büroplätze, aber auch ein Konferenzraum mit feinster Technologie für Präsentationen sowie ein ebenso hochwertig ausgestattetes Studio, in dem zum Beispiel Podcasts produziert werden können. Diese beiden Räume werden vermutlich zusätzlich berechnet, wenn sie genutzt werden, weil fachkundiges Personal nötig ist. Alles futuristisch-elegant, frei von unnötigen Schnörkeln, aber dennoch zum Wohlfühlen.
Wo jetzt etwa 350 Quadratmeter Fläche mit etwa zwölf bis 15 Arbeitsplätzen ist, befanden sich früher eine Heilpraktiker-Praxis und Mietwohnungen. 2017 hatte Viehof das „Alte Haus“gekauft und es seitdem bis ins Detail saniert. Besonders stolz ist er auf den Keller – und auf ein textiles
Aquarium. Das ist ein großer runder Wandteppich in tiefem Blau im ersten Stock. Der soll den Schall im Raum schlucken, inspirierte den Hausherrn aber zu Maritimen: Viehof lässt darauf einen Schwarm Fische schwimmen.
Und auch das nächste Projekt will er bald angehen: Es ist noch ein altes, aber weitaus größeres Haus nicht weit entfernt. Man darf also gespannt sein.