Ein fröhliches Helau und Alaaf
Hunderttausende haben am Montag in Düsseldorf und Köln den Höhepunkt der Session gefeiert. In beiden Städten war Politikprominenz dabei. In Weilerswist gab es einen tödlichen Unfall.
DÜSSELDORF/KÖLN Mit Blick in den Himmel ist der kölsche Jeck am Rosenmontag wieder versöhnt: Nach einigen Regentropfen am Morgen scheint tatsächlich die Sonne. „Kölle alaaf!“, rufen Tausende Zuschauer entlang der Zugstrecke. Nachdem Deutschlands größter Rosenmontagszug im vergangenen Jahr erstmals in seiner 200-jährigen Geschichte von Deutz aus startete, ist er in diesem Jahr wieder im Linksrheinischen unterwegs. Pünktlich um 10 Uhr setzen sich an der Severinstorburg die ersten Fußgruppen und Wagen in Bewegung und ziehen durch die Innenstadt, Motto: „Wat e Theater – wat e Jeckespill“.
Der Zoch ist knapp 8,5 Kilometer lang und dauert etwa fünf Stunden. Wenn die ersten Fußgruppen und Mottowagen am Ziel auf der Mohrenstraße angekommen sind, sind die letzten Gruppen noch gar nicht losgegangen.
Für die Jecken am Wegesrand regnet es Gummibären, Tulpensträußchen, Stofftiere und Schokolade. „Kamelle!“, rufen sie. Einige haben Kölsch-Fässchen dabei, Schnittchen und Käsewürfel als Proviant für den Tag. In Köln werden 300 Tonnen Süßigkeiten geworfen, dazu kommen 300.000 Blumensträußchen, Tausende Stofftiere und kleine Präsente. Kinder flitzen unermüdlich hin und her, um möglichst viele Kamelle zu fangen. Die Persiflagewagen zeigen Kanzler Scholz als dösendes Faultier, das Despoten-Trio Wladimir Putin, Xi Jinping und Ali Chamenei mit Brettern vor den Köpfen oder Goethe, wie ihm die gendergerechte Sprache um die Ohren fliegt: Alle Persiflagen tragen Titel mit direktem Theaterbezug. Das Theater-Motto spinnt sich wie ein roter Faden durch den gesamten Zoch. So fragt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj frei nach Shakespeare: „To be or NATO be?“
Auch die AfD ist Thema – ein Kölner Wagen zeigt Arme, die in Richtung eines nackten Hinterns zum Hitlergruß erhoben sind. BAP-Sänger Wolfgang Niedecken dazu im WDR: „Dieser Wagen sagt eigentlich alles: Die können uns mal am Arsch lecken.“Ein anderer Wagen zeigt AfD-Chefin Alice Weidel, wie sie von der Ampel-Regierung ohne eigenes Zutun aufgeblasen wird.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) läuft zu Fuß im Kölner Rosenmontagszug mit und verteilt Strüßjer. „Das ist doch gut in einer Zeit, die nicht immer nur mega easy ist – einfach ein bisschen Spaß haben“, sagte er. Karneval sei gelebte Vielfalt, genau wie ganz Nordrhein-Westfalen. Auch Innenminister Herbert Reul (CDU) ist in Köln. Schmerzlich vermisst vom Kölner Dreigestirn und der gesamten Entourage wird dagegen Jungfrau Frieda, im wahren Leben Friedrich Klupsch. Er musste nach einem Muskelfaserriss am Sonntag operiert werden. So wurde aus dem Dreigestirn gezwungenermaßen ein Zweigestirn.
Beim Kölner Rosenmontagszug waren rund 2000 Polizisten aus ganz NRW eingesetzt. Dazu kam Sicherheitspersonal von den Gesellschaften, dem Festkomitee und externen Sicherheitsunternehmen. Bis zum Nachmittag meldete die Polizei keine größeren Zwischenfälle.
Nicht ganz so viele Polizisten haben den Rosenmontagszug in Düsseldorf begleitet.
Etwa 1000 Beamte sorgten in der Landeshauptstadt dafür, dass die Jecken sicher, fröhlich und weitestgehend friedlich feiern konnten.
Anders als in Köln startete der Rosenmontagszug in Düsseldorf erst um 12.22 Uhr – dafür aber ebenfalls mit politischer Prominenz. So fuhr Nathanael Liminski, Chef der Staatskanzlei auf dem sogenannten Toleranzwagen mit, FDP-Politikerin MarieAgnes Strack-Zimmermann warf vom Wagen der Rheinischen Post Kamelle.
Nicht nur in den beiden großen rheinischen Karnevalshochburgen Düsseldorf und Köln zogen Rosenmontagszüge durch die Straßen. Auch in anderen Städten am Niederrhein, im Bergischen, in Westfalen und im Ruhrgebiet wurde ausgiebig Karneval gefeiert. In Bochum gab es eine Bombendrohung. Deswegen mussten zwei Karnevalsumzüge dort mit Verspätung starten. Betroffen waren der mit rund 25.000 Teilnehmern angemeldete Zug in Bochum-Höntrop und der Karnevalsumzug in Bochum-Linden mit etwa 35.000 angemeldeten Teilnehmern. Wer hinter der Drohung steckt, war am Montag noch nicht bekannt.
In Weilerswist bei Köln wurden am Sonntagabend zwei junge Männer auf dem Heimweg von einer Karnevalsparty von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Die beiden 18 und 20 Jahre alten Männer seien zu Fuß über eine unbeleuchtete Landstraße gelaufen, teilte die Polizei am Montag mit. Der 33 Jahre alte Fahrer des Autos habe nicht mehr rechtzeitig reagieren können und die beiden erfasst. Er erlitt ebenso wie mehrere Zeugen des Unfalls einen Schock. Entlang der Landstraße seien den ganzen Tag über Karnevalisten zu Fuß unterwegs gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Die Strecke führt vom Hauptort Weilerswist in den Ortsteil Metternich, in dem am Sonntag ein großer Karnevalsumzug stattfand. Anschließend wurde im Festzelt am Dorfplatz weitergefeiert.