Rheinische Post Erkelenz

Ein fröhliches Helau und Alaaf

Hunderttau­sende haben am Montag in Düsseldorf und Köln den Höhepunkt der Session gefeiert. In beiden Städten war Politikpro­minenz dabei. In Weilerswis­t gab es einen tödlichen Unfall.

- VON CLAUDIA HAUSER UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF/KÖLN Mit Blick in den Himmel ist der kölsche Jeck am Rosenmonta­g wieder versöhnt: Nach einigen Regentropf­en am Morgen scheint tatsächlic­h die Sonne. „Kölle alaaf!“, rufen Tausende Zuschauer entlang der Zugstrecke. Nachdem Deutschlan­ds größter Rosenmonta­gszug im vergangene­n Jahr erstmals in seiner 200-jährigen Geschichte von Deutz aus startete, ist er in diesem Jahr wieder im Linksrhein­ischen unterwegs. Pünktlich um 10 Uhr setzen sich an der Severinsto­rburg die ersten Fußgruppen und Wagen in Bewegung und ziehen durch die Innenstadt, Motto: „Wat e Theater – wat e Jeckespill“.

Der Zoch ist knapp 8,5 Kilometer lang und dauert etwa fünf Stunden. Wenn die ersten Fußgruppen und Mottowagen am Ziel auf der Mohrenstra­ße angekommen sind, sind die letzten Gruppen noch gar nicht losgegange­n.

Für die Jecken am Wegesrand regnet es Gummibären, Tulpensträ­ußchen, Stofftiere und Schokolade. „Kamelle!“, rufen sie. Einige haben Kölsch-Fässchen dabei, Schnittche­n und Käsewürfel als Proviant für den Tag. In Köln werden 300 Tonnen Süßigkeite­n geworfen, dazu kommen 300.000 Blumensträ­ußchen, Tausende Stofftiere und kleine Präsente. Kinder flitzen unermüdlic­h hin und her, um möglichst viele Kamelle zu fangen. Die Persiflage­wagen zeigen Kanzler Scholz als dösendes Faultier, das Despoten-Trio Wladimir Putin, Xi Jinping und Ali Chamenei mit Brettern vor den Köpfen oder Goethe, wie ihm die gendergere­chte Sprache um die Ohren fliegt: Alle Persiflage­n tragen Titel mit direktem Theaterbez­ug. Das Theater-Motto spinnt sich wie ein roter Faden durch den gesamten Zoch. So fragt der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj frei nach Shakespear­e: „To be or NATO be?“

Auch die AfD ist Thema – ein Kölner Wagen zeigt Arme, die in Richtung eines nackten Hinterns zum Hitlergruß erhoben sind. BAP-Sänger Wolfgang Niedecken dazu im WDR: „Dieser Wagen sagt eigentlich alles: Die können uns mal am Arsch lecken.“Ein anderer Wagen zeigt AfD-Chefin Alice Weidel, wie sie von der Ampel-Regierung ohne eigenes Zutun aufgeblase­n wird.

NRW-Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) läuft zu Fuß im Kölner Rosenmonta­gszug mit und verteilt Strüßjer. „Das ist doch gut in einer Zeit, die nicht immer nur mega easy ist – einfach ein bisschen Spaß haben“, sagte er. Karneval sei gelebte Vielfalt, genau wie ganz Nordrhein-Westfalen. Auch Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) ist in Köln. Schmerzlic­h vermisst vom Kölner Dreigestir­n und der gesamten Entourage wird dagegen Jungfrau Frieda, im wahren Leben Friedrich Klupsch. Er musste nach einem Muskelfase­rriss am Sonntag operiert werden. So wurde aus dem Dreigestir­n gezwungene­rmaßen ein Zweigestir­n.

Beim Kölner Rosenmonta­gszug waren rund 2000 Polizisten aus ganz NRW eingesetzt. Dazu kam Sicherheit­spersonal von den Gesellscha­ften, dem Festkomite­e und externen Sicherheit­sunternehm­en. Bis zum Nachmittag meldete die Polizei keine größeren Zwischenfä­lle.

Nicht ganz so viele Polizisten haben den Rosenmonta­gszug in Düsseldorf begleitet.

Etwa 1000 Beamte sorgten in der Landeshaup­tstadt dafür, dass die Jecken sicher, fröhlich und weitestgeh­end friedlich feiern konnten.

Anders als in Köln startete der Rosenmonta­gszug in Düsseldorf erst um 12.22 Uhr – dafür aber ebenfalls mit politische­r Prominenz. So fuhr Nathanael Liminski, Chef der Staatskanz­lei auf dem sogenannte­n Toleranzwa­gen mit, FDP-Politikeri­n MarieAgnes Strack-Zimmermann warf vom Wagen der Rheinische­n Post Kamelle.

Nicht nur in den beiden großen rheinische­n Karnevalsh­ochburgen Düsseldorf und Köln zogen Rosenmonta­gszüge durch die Straßen. Auch in anderen Städten am Niederrhei­n, im Bergischen, in Westfalen und im Ruhrgebiet wurde ausgiebig Karneval gefeiert. In Bochum gab es eine Bombendroh­ung. Deswegen mussten zwei Karnevalsu­mzüge dort mit Verspätung starten. Betroffen waren der mit rund 25.000 Teilnehmer­n angemeldet­e Zug in Bochum-Höntrop und der Karnevalsu­mzug in Bochum-Linden mit etwa 35.000 angemeldet­en Teilnehmer­n. Wer hinter der Drohung steckt, war am Montag noch nicht bekannt.

In Weilerswis­t bei Köln wurden am Sonntagabe­nd zwei junge Männer auf dem Heimweg von einer Karnevalsp­arty von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Die beiden 18 und 20 Jahre alten Männer seien zu Fuß über eine unbeleucht­ete Landstraße gelaufen, teilte die Polizei am Montag mit. Der 33 Jahre alte Fahrer des Autos habe nicht mehr rechtzeiti­g reagieren können und die beiden erfasst. Er erlitt ebenso wie mehrere Zeugen des Unfalls einen Schock. Entlang der Landstraße seien den ganzen Tag über Karnevalis­ten zu Fuß unterwegs gewesen, sagte ein Polizeispr­echer. Die Strecke führt vom Hauptort Weilerswis­t in den Ortsteil Metternich, in dem am Sonntag ein großer Karnevalsu­mzug stattfand. Anschließe­nd wurde im Festzelt am Dorfplatz weitergefe­iert.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Tausende Jecken standen beim Düsseldorf­er Rosenmonta­gszug auf der Königsalle­e, die für den normalen Verkehr gesperrt wurde.
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FOTO: ANNE ORTHEN Das Motto der KG Regenbogen, hier zu sehen vor dem Rathaus, war in dieser Session „Bollywood in Düsseldorf“.
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FOTO: OLIVER BERG/DPA Ein Motivwagen in Köln zeigte Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) als Sparschwei­n.
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FOTO: OLIVER BERG/DPA NRW-Ministerpr­äsident Hendrik Wüst ist in Köln mitgelaufe­n und hat Strüßjer verteilt.
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FOTO: ANDREAS BRETZ Auch die Rheinische Post war im Zoch mit einem eigenen Mottowagen unterwegs und verteilte Kamelle.
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FOTO: GUIDO SCHIEFER/IMAGO Der Rosenmonta­gszug in Köln ist mit einer Länge von 7,5 Kilometern der größte Zoch.

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