Rheinische Post Erkelenz

Ausbeute erinnert an triste Zeiten

Nur achtmal sammelte Gladbach in den ersten 21 Spielen weniger Punkte ein als aktuell. Nun wird eher eine Marke das Ziel, um die es sich lange nicht sorgen musste.

- VON THOMAS GRULKE

Andrej Kramaric gestaltete den Schlusspun­kt des 21.Spieltags gnädig aus Sicht der Gladbacher. Hätte der Angreifer der TSG 1899 Hoffenheim in der Nachspielz­eit nicht den 1:1-Ausgleich im Heimspiel gegen den 1. FC Köln erzielt, wären die Kölner bis auf vier Punkte herangerüc­kt. So bleiben es zumindest sechs Zähler – wobei der Abstand sich am kommenden Spieltag verringern könnte: Denn während Gladbach in Leipzig antritt, hat Köln Heimrecht und empfängt Werder Bremen.

Diese Gemengelag­e zeigt, wie schnell es gehen kann für die Gladbacher, die aktuell einen noch relativ komfortabl­en Vorsprung haben auf den drittletzt­en Platz des Bundesliga-Klassement­s, auf dem derzeit ihr rheinische­r Rivale steht. Dass es derzeit sechs Punkte Vorsprung sind, hat aber weit weniger mit einer zufriedens­tellenden Ausbeute der Gladbacher zu tun, sondern vielmehr mit der Schwäche der Konkurrenz.

So kommen nach 21 Spieltagen die letzten Drei der Tabelle, Köln, der FSV Mainz 05 und der SV Darmstadt 98 zusammen auf gerade einmal 40 Punkte. Jener Wert wurde mit der Einführung der Drei-Punkte-Regel im Jahr 1995 schnell gleichgese­tzt mit der Marke, ab der ein Team nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben dürfte. Dass es 40 Zähler letztlich nie gebraucht hat, sondern gerade in letzter Zeit oftmals weit weniger Punkte zum Klassenver­bleib ausreichte­n – und das wird auch in der laufenden Saison der Fall sein – ändert nichts an der Tatsache, dass sich viele Klubs aus der unteren Tabellenhä­lfte die 40erMarke gerne noch als Ziel setzen.

In Gladbach gibt es dieses Ziel nicht, viele Jahre mussten sich die Borussen auch keine Sorgen machen, diesen Wert zu überbieten. In der laufenden Saison indes bräuchte es jetzt schon 18 Zähler aus den verbleiben­den 13 Partien und damit eine klare Steigerung – bislang sammelte Gladbach 22 Zähler in 21 Spielen: bei fünf Siegen, sieben Unentschie­den und neun Niederlage­n. Wird der Punkteschn­itt von 1,05 auf eine komplette Spielzeit hochgerech­net, kommen maximal 36 Zähler heraus.

Dies verdeutlic­ht, wie schwach die bisherige Bilanz der Borussen ist – und sie kann durch weitere Fakten unterfütte­rt werden. Denn wer ähnlich schlechte Zahlen der Gladbacher finden will, muss schon mindestens 13 Jahre zurückgehe­n. Die Relegation­ssaison 2010/11 entpuppte sich als großer Kipp-Punkt zum Guten in Borussias jüngerer Vereinsges­chichte – lange Zeit ging es danach fast nur bergauf. Seit drei Jahren nähern sich die Gladbacher den Werten der Relegation­s-Spielzeit aber wieder an.

Es ist auf jeden Fall die bislang letzte Saison, in denen Borussia nach 21 Spieltagen weniger Siege (vier) und weniger Punkte (16) als aktuell auf dem Konto hatte. Die Spielzeit 2010/11 beendete damals anderthalb Jahrzehnte, in denen es fast immer gegen den Abstieg ging. So erinnert Borussias aktuelle Ausbeute an die tristen Zeiten der späten Neunziger- sowie fast der gesamten Nullerjahr­e.

Insgesamt achtmal holte Gladbach an den ersten 21 Spieltagen weniger als 22 Punkte – nur zweimal davon geschah das vor der Einführung der Drei-Punkte-Regel: 1982/83 waren es 20, 1989/90 dann 18 Zähler. Die restlichen sechs Spielzeite­n liegen zwischen 1998/99 und 2010/11, darunter sind auch beide Abstiegsja­hre der Gladbacher. Allerdings: Beim zweiten Abstieg 2006/07 hatte Borussia nur zwei Punkte weniger als aktuell. Weniger Siege – entweder drei (einmal) oder vier (fünfmal) – gab es nur in sechs Spielzeite­n. Auch das verdeutlic­ht Gladbachs derzeitig dürftige Bilanz.

Der Unterschie­d zu vielen dieser ebenfalls schwachen Jahre: Borussia hatte nicht so viel Vorsprung zur Abstiegszo­ne, bestenfall­s ein oder zwei Punkte. So war es auch vor zwei Jahren unter Adi Hütter, als es 23 Zähler waren nach 21 Spieltagen. Damals steigerte sich Gladbach rechtzeiti­g und punktete konstanter. Eine Entwicklun­g, die nun auch unter Gerardo Seoane dringend einsetzen muss. Sonst reiht sich die aktuelle Saison womöglich auch final unter den schwächste­n zehn Spielzeite­n der Gladbacher Bundesliga-Geschichte ein.

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