Rheinische Post Erkelenz

„Das ist als Spieler nicht angenehm“

Auch beim 0:0 der Borussen gegen Darmstadt gab es Proteste der Fans gegen einen Inverstor bei der DFL. Welche Auswirkung­en das auf die Spieler hat, wie Trainer Gerardo Seoane damit umgeht und wofür Manager Roland Virkus plädiert.

- VON KARSTEN KELLERMANN UND HANNAH GOBRECHT

Gegen Werder Bremen und den FC Augsburg waren es Schokolade­ntaler, nun bei Gladbachs 0:0 gegen Darmstadt 98 warfen die Fans aus der Nordkurve im Borussia-Park Tennisbäll­e auf den Rasen und sorgten so für eine lange Spielunter­brechung. 16 Minuten Nachspielz­eit waren in der ersten Halbzeit die Folge, nach der Pause gab es keine weitere Aktion zum Protest gegen den Entscheid der Deutschen Fußball-Liga, einen Investoren-Deal einzugehen.

Dass es Aktionen geben würde, war angekündig­t, die Ultras von „Sottocultu­ra“hatten in ihrem Mitteilung­sorgan, der „Blockflöte“, nochmal die Gründe für den Protest dargelegt – mit den Argumenten, die zuvor in einem offenen Brief des FPMG Supporters Club, der am Freitag auf dessen Internetse­ite veröffentl­icht wurde, zu lesen waren.

Unter anderem in Sporttasch­en wurden die Tennisbäll­e vor dem Spiel gegen Darmstadt ins Stadion transporti­ert. Mit Plakaten und Pyrotechni­k vor der Partie wurde der Protest eingeleite­t. Wie in anderen Stadien gab es aber auch Unmutsbeku­ndungen von Teilen der Fans gegen die Aktionen. Als am Samstag immer wieder Tennisbäll­e geflogen kamen, wurde gepfiffen.

„Wir versuchen, die Mannschaft auf die Situation vorzuberei­ten. Es ist etwas, das sich aus sportliche­r Sicht niemand wünscht, aber es ist eine Situation, die man ernstnehme­n

muss. Die Verantwort­lichen müssen sich mit der Situation beschäftig­en. Wir Trainer müssen mit dem umgehen, was uns sportlich betrifft“sagte Gladbachs Trainer Gerardo Seoane mit Blick auf die Proteste.

Der Schweizer sieht es wie üblich pragmatisc­h. „Man nutzt solche Unterbrech­ungen natürlich, um Rücksprach­e zu halten und gewisse Anweisunge­n zu geben. Es besteht aber die zusätzlich­e Herausford­erung, dass die Spieler nicht nur lange stehen, sondern vielleicht auch mental aus dem Spiel genommen werden“, sagte Seoane.

Manager Roland Virkus sieht die Proteste aus sportliche­r Sicht kritisch. „Das stört natürlich die Abläufe. Wenn du eine Viertelstu­nde,

20 Minuten draußen stehst, wirst du kalt. Die Jungs wollen Fußball spielen, deswegen ist das erst mal nicht gut“, sagte er.

Verteidige­r Max Wöber bestätigte das: „Wenn das eine Viertelstu­nde dauert, ist das als Spieler nicht angenehm“, gab er zu. „Uns allen sind Tennisbäll­e und Schokolade aber lieber als irgendwelc­he Böller. Das sind friedliche Proteste und es ist okay, seine Meinung so zum Ausdruck zu bringen“, sagte Wöber.

Mit Humor nahm Darmstadts Trainer Torsten Lieberknec­ht den Protest. „Wir wissen, was wir zu tun haben. Unser Trainingsp­latz liegt neben einem Tennisplat­z. Wir gehen in Deckung, wenn die Bälle geflogen kommen“, sagte er schmunzeln­d.

Gladbach-Fans protestier­ten mehrfach gegen DFL-Investor

Im Heimspiel gegen Werder Bremen (2:2) hatten Borussias Fans im Dezember in den ersten zwölf Minuten geschwiege­n, ehe die Schokotale­r aufs Feld flogen. Es folgte eine rund fünfminüti­ge Spielunter­brechung, auf einem Banner war damals unter anderem zu lesen: „Wir werden kein Teil eures Deals sein.“

Im ersten Heimspiel des Jahres gegen den VfB Stuttgart (3:1) gab es eine große Choreo der GladbachAn­hänger, Fans beider Mannschaft­en verschafft­en ihrem Unmut vor dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit mit Wechselges­ängen Luft.

Auch eine Woche später gegen den FC Augsburg gingen die FanProtest­e

weiter, die Gladbacher warfen nach zwölf Minuten erneut Schokotale­r in Richtung Spielfeld. Nachdem die Augsburger in der Anfangspha­se zu großen Torchancen gekommen waren, nutzten die Borussia-Profis das Timeout dankbar, um sich neu zu sortieren.

„Die Pause hat uns ein wenig geholfen, wir waren danach besser im Spiel“, gab Sportdirek­tor Nils Schmadtke zu, auch wenn die Aktion in seinen Augen „ein wenig aus dem Ruder gelaufen“war. Dass die Partie am Ende trotz einer 1:0-Führung mit 1:2 verloren ging, hatte Gladbach der schläfrige­n Phase nach der Halbzeit zu verdanken.

Möglich, dass es auch am nächsten Wochenende beim Auswärtssp­iel in Leipzig zu Protesten

kommen wird. „Wir sind in einer Demokratie, da darf jeder seine Meinung sagen“, sagte Virkus am Samstag. Er plädierte für einen vernünftig­en Dialog zwischen den Fangruppen, die den Investor ablehnen, und den Klubs, die im Dezember für das Investoren-Modell gestimmt hatten, darunter auch Borussia.

„Es hilft nicht, sich jetzt gegenseiti­g Vorwürfe zu machen, man muss reden. Wir in Gladbach sind schon in einem sehr guten Austausch mit der aktiven Fanszene“, sagte Virkus. Borussias Chefetage hatte auch vor der Abstimmung mit den Fans Kontakt aufgenomme­n und sie über die Gründe für die Entscheidu­ng informiert. Nun forderten die Fans den Klub unter anderem mit Plakaten auf, sich anders zu entscheide­n. „Borussia, hör endlich auf Deine Fans. Nein zum Liga-Investor“, war zu lesen.

Virkus sah die Proteste gleichwohl nicht gegen den Klub gerichtet, er verwies auf den seit Jahren gepflegten Austausch mit den Fans. „Ich glaube, dass man sich solidarisi­ert hat mit allen anderen Fangruppen und dass wir damit gar nicht gemeint sind. Trotzdem muss man akzeptiere­n, wenn eine Mehrheit vielleicht eine andere Meinung hat. Das ist unsere Meinung als Klub“, sagte der Manager.

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FOTO: DPA Prostest mit Plakaten und Tennisbäll­en – Borussias Fans sorgten beim 0:0 gegen Darmstadt für eine lange Unterbrech­ung.

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