Was die Awo und Kampfsport verbindet
„Kickstart“heißt ein Projekt, das physische und soziale Komponenten verknüpfen soll. Gefördert wird es von der Robert-Bosch-Stiftung.
Laut ist es in der Hückelhovener Sporthalle, wenn sich mehr als 50 Kinder aufwärmen und ihre Runden laufen. Neben dem Getrampel sind auch Rufe und Gespräche zu hören, die allerdings schlagartig verstummen, wenn der Pfiff des Trainers durch die Halle ertönt. Der Zuspruch für die Trainingseinheiten des Hückelhovener Sportvereins AsKa-Do, der sich mit zahlreichen Projekten in den Bereichen Integration und Bildung als anerkannter Integrationsstützpunktverein seit Jahren für das gesellschaftliche Zusammenleben in der Region einsetzt, ist groß.
Und das, was die Kinder und Jugendlichen ohnehin schon neben dem Sport von ihrem Verein angeboten bekommen, wird nun um eine weitere Möglichkeit erweitert, wie Kaan Cevahir, der zweite Vorsitzende des Vereins, mit Andreas Wagner, dem Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Kreis Heinsberg, und Dipl. Sozialarbeiterin Birgit Goertz jüngst verkündete. Bei dem Projekt „Kickstart“sollen die beiden Welten zusammengeführt werden, quasi eine Verknüpfung der physischen und der sozialen Komponenten. Wagner und Goertz waren selbst in der Turnhalle vor Ort, um sich ein Bild von dem
Training des Sportvereins zu machen.
Die Kooperation ist Teil des Projektes „In der Vielfaltsgesellschaft gemeinsam solidarisch Handeln!“des Paritätischen NRW, das noch bis Juni 2024 von der Robert-Bosch-Stiftung gefördert wird. Ziel des Projekts ist das sogenannte Mainstreaming. Migrantenselbstorganisationen (MSO) sollen besser in die Regelstrukturen sozialer Arbeit und somit auch in die Regelförderungen eingebunden werden.
Außerdem soll ihnen der Zugang zu relevanten Fachgremien und Netzwerken erleichtert werden, damit sie sich dort mit ihren Angeboten, ihrer Erfahrung und Expertise einbringen können. Schließlich sind MSO seit vielen Jahren eine wichtige Säule der Migrations- und Integrationsarbeit in NRW. Wirklich eingebunden werden sie aber oft nur, wenn es um ihre vermeintlichen Kernkompetenzen, also die Themen Migration, Integration, Flucht und Diskriminierung, geht. Das soll sich mit dem Projekt des Paritätischen NRW ändern.
Aber wie genau soll das ganze vor Ort in Hückelhoven und im Kreis Heinsberg denn aussehen? Dazu haben Kaan Cevahir und seine Partner der Awo klare Vorstellungen. „Sport formt nicht nur den Körper, sondern auch den Charakter“– nach diesem Motto soll das gemeinsame Projekt funktionieren.
Das bedeutet, dass Klienten der Awo die Sportangebote des Hückelhovener Vereins nutzen können. „Sport fördert das Selbstbewusstsein und kann eine Tagesstruktur ermöglichen“, sagt Cevahir. Im Gegenzug sollen die Vereinsmitglieder von AsKa-Do die Möglichkeit erhalten, das vielfältige Beratungsangebot der Awo in Anspruch zu nehmen.
In diesem Punkt sehen alle Beteiligten großes Potenzial. „Einige der Jugendlichen kommen ab und an auf mich zu und fragen um Rat“, schildert Kaan Cevahir. „Aber ich bin da kein Experte, ich möchte da nichts falsch machen.“Die Probleme und Sorgen, die die Jugendlichen des Hückelhovener Sportvereins mit sich herumtragen, unterscheiden sich kaum von denen anderer Altersgenossen. Das Spektrum reicht von familiären Problemen über Beziehungsstress, Mobbing, Suchtverhalten, Schule und Beruf bis hin zu sexuellen Fragen.
Birgit Goertz erklärt, dass zunächst ein Erstgespräch geführt wird. Dann wird geschaut, an welcher Stelle der Jugendliche richtig ist, dann wird vermittelt.
Birgit Goertz versichert, dass alle Beratungen und Gespräche selbstverständlich der Schweigepflicht unterliegen. „Da muss sich aus dem Verein niemand Sorgen machen, dass etwas im Kreise der Jugendlichen die Runde macht“, sagt sie und hofft, dass so eine eventuelle Hemmschwelle überwunden werden kann.
Für Kaan Cevahir hat die Kooperation auch eine sehr persönliche
Komponente – schließlich hat er selbst seinen Zivildienst bei der Awo absolviert. „Die Zeit hat mich damals sehr geprägt, ich habe gelernt, Verantwortung zu übernehmen“, sagt er heute. Als er von der Ausschreibung erfahren habe, habe er sofort an die Awo als möglichen Partner gedacht.