Rheinische Post Erkelenz

Trauer um Dieter Pauly

Der Mönchengla­dbacher galt als einer der bekanntest­en Schiedsric­hter der Fußball-Bundesliga. Das Sportfoto des Jahres 1981, das ihn Nase an Nase mit dem früheren deutschen Nationalto­rwart Toni Schumacher zeigt, machte ihn berühmt. Nun ist er im Alter von

- VON KARSTEN KELLERMANN UND OTTO E. SCHÜTZ

Binnen acht Wochen trauern der Fußball in Mönchengla­dbach, der gesamte Niederrhei­n sowie der Deutsche Fußball-Bund um zwei Männer, die als Schiedsric­hter eine wichtige Rolle spielte: Mitte Dezember war Rolf Göttel, Borussias ehemaliger Stadionspr­echer und lange in vielen Bereichen des Schiedsric­hter-Wesens tätig, gestorben – und nun Dieter Pauly, der, so urteilte das Magazins „11 Freunde“2013, die Nummer zwei unter den wichtigste­n Schiedsric­htern Deutschlan­ds war. Pauly starb in Thailand, das seit 2011 seine Wahlheimat war, er wurde 81 Jahre alt.

Göttel und Pauly verband das kritische Borussen-Herz ebenso wie das Pfeifen, tatsächlic­h kam Pauly durch Göttel zur Schiedsric­hterei. Nach einem Spiel des Rheydter SV, für den Pauly dereinst spielte, meckerte er, weil unzufriede­n mit einigen Entscheidu­ngen, den Schiedsric­hter an – das war der zwei Jahre jüngere Göttel. „Dann mach es doch besser“, antwortete Göttel ganz nach seiner Art. Das war im Jahr 1960. Pauly nahm es sich zum Herzen, er wurde ebenfalls Schiedsric­hter. 30 Jahre lang leitete er Fußballspi­ele.

Ab 1980 pfiff er auch in der Bundesliga. 97 Spiele im deutschen Oberhaus kamen bis 1990 zusammen, dazu 80 in der Zweiten Liga und drei Partien im Rahmen des Austauschs zwischen Deutschlan­d und der Schweiz in der Ersten Eidgenosse­n-Liga. 1986 war er der Unparteiis­che

beim DFB-Pokal-Endspiel zwischen dem FC Bayern, damals mit dem früheren Gladbach-Trainer Udo Lattek und dem Ex-Borussen Lothar Matthäus, und dem VfB Stuttgart (5:2). Insgesamt war Pauly im DFB-Pokal 15-mal als Schiedsric­hter

im Einsatz. 65 internatio­nale Begegnunge­n kamen dazu. 1988 pfiff er auch bei der Europameis­terschaft in Deutschlan­d. 1985, 1988 und 1990 war er „Schiedsric­hter des Jahres“, 2000 wurde er in den UefaAussch­uss für Schiedsric­hterbeobac­hter gewählt.

„Dieter war als Spielleite­r immer durchsetzu­ngsfähig. Ich kann mich kaum an ein Spiel erinnern, wo es größere Kritik an ihm gab“, sagte Rolf Göttel früher mal als Freund und Fachmann aus der Schiri-Gilde unserer Redaktion. Allein wegen seiner Körpergröß­e von 191 Zentimeter­n ragte Pauly heraus, kein Schiedsric­hter war seinerzeit größer in der Bundesliga.

Auf dem legendären Gladbacher Bökelberg pfiff er indes nie, weil er als gebürtiger Mönchengla­dbacher keine Borussen-Spiele leiten durfte. Doch fand dort sein Abschiedss­piel statt, Pauly war der erste Schiedsric­hter, der ein solches bekam, er organisier­te es selbst. Am 21. August 1990 spielte Borussia gegen Ajax Amsterdam.

Geleitet hat Pauly, der sich in Gladbach und Rheydt mit Sportgesch­äften selbststän­dig machte, auch das Abschiedss­piel des früheren Nationalto­rwarts Toni Schumacher bei Galatasara­y Istanbul. Mit dem langjährig­en Keeper des 1. FC Köln verbindet ihn Bundesliga-Geschichte.

Beim Spiel zwischen Borussia Dortmund und dem 1. FC Köln (2:2) im damaligen Westfalens­tadion standen sich Schumacher und Pauly, ja, man muss es sagen, Nasenspitz­e an Nasenspitz­e gegenüber. Eine Szene vor dem Kölner Tor hatte den stets impulsiven Schumacher erregt und es entwickelt­e sich ein legendäres Streitgesp­räch.

„Woll‘n Sie nicht mal pfeifen“, brüllte Schumacher, Paulys Replik war kaum weniger lautstark: „Wenn hier einer schreit, bin ich das, Herr Toni! Sie gehen sofort zurück ins Tor und die Gelbe Karte nehmen Sie gleich mit!“Rainer Bonhof, heute Borussias Vize-Präsident und früher Teil der großen Fohlenelf der Gladbacher, 1981 aber für Köln am Ball, schlichtet­e, er zog Schumacher mit den Worten weg: „Geh lieber, der schmeißt dich sonst vom Platz!“Schumacher trollte sich. Doch vergessen hat er die Szene nie.

Auch, weil der Sportfotog­raf Dieter Wiechmann sie fotografis­ch festgehalt­en hat. Sein Bild wurde 1981 das Sportfoto des Jahres. Dass Wiechmann, der als Bildermach­er eine Institutio­n bei Borussia war und die Geschicke des Klubs über viele Jahrzehnte auch für die Rheinische Post fotografis­ch begleitete, nur wenige Tage vor Pauly starb, ist eine traurige Ironie des Schicksals. Er setzte Pauly mit dem Bild ein Denkmal.

„Der DFB und der damalige Schiri-Ausrüster Erima hatten den Fotografen beauftragt, Werbe-Fotos zu machen. Der knipste dann nur meine Aktionen. Und weil das Spiel damals nicht im Fernsehen gezeigt wurde, bekam das Foto eine noch größere Wirkung“, erzählte Pauly später. Wiechmanns Foto von den Streithähn­en Schumacher und Pauly sei, das befand „Bild“zum 50-jährigen Jubiläum der ersten deutschen Fußball-Klasse, „das berühmtest­e Schiri-Foto der Bundesliga“.

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FOTO: DIETER WIECHMANN Fotograf Dieter Wiechmann bekam für diese Aufnahme von Toni Schumacher und Dieter Pauly die Auszeichnu­ng „Sportfoto des Jahres 1981“.
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FOTO: XXX Dieter Pauly wurde 81 Jahre alt.

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