Rheinische Post Erkelenz

In Ratheim eröffnet eine Demenz-WG

Im Laufe der kommenden Monate öffnen auch ein Carehotel und seniorenge­rechte Wohneinhei­ten. Wie künstliche Intelligen­z in der Pflege hilft.

- VON MARVIN WIBBEKE

Es tut sich was an der Mühlenstra­ße im Hückelhove­ner Ortsteil Ratheim. In den vergangene­n Monaten ist dort nach und nach eine Wohnreside­nz unter anderem für Senioren entstanden, die in den kommenden Monaten nach und nach eröffnen wird. Jeweils zum 1. März und zum 1. April wird dort eine Demenz-WG öffnen, zum 1. Mai sieben seniorenge­rechte Wohneinhei­ten und zum 1. Juni ein sogenannte­s Carehotel. Betreiber ist die Humanika Unternehme­nsgruppe aus Düsseldorf, die bereits viele Standorte im Ruhrgebiet und im Rheinland betreibt.

Svetoslav Markov ist einer der beiden Geschäftsf­ührer. Warum die Gruppe nun auch nach Hückelhove­n expandiert, erklärt er mit einer Standortan­alyse. Man habe sich den Kreis Heinsberg genauer angesehen und in der Stadt Heinsberg selbst auch Räume von der Caritas angeschaut, ob die für eine Humanika-Wohneinhei­t infrage kämen. Das habe sich allerdings zerschlage­n. Die Region blieb aber trotzdem interessan­t. „Hohe Nachfrage, aber kaum Angebote“, berichtet Markov, sodass der neue Standort in Ratheim schon bald eröffnen kann. Weitere in Wassenberg und Heinsberg seien in der Planung.

Die zwei Wohngemein­schaften haben zusammen 24 Einzelzimm­er, jedes mit einem eigenen barrierefr­eien Duschbad mit WC ausgestatt­et, berichtet Markov. Weil er und seine Kollegen den Schwerpunk­t in diesen Wohngemein­schaften auch auf die Gemeinscha­ft legen wollen, seien die Zimmer bewusst nicht ganz so groß gestaltet, dafür gebe es aber großzügige Gemeinscha­ftsbereich­e

für gemeinsame Aktivitäte­n und auch einen großen Außenberei­ch.

Früher sei das Leben in einer Wohngemein­schaft vor allem Studenten vorbehalte­n gewesen. Im Zuge des demografis­chen Wandels wird die Gesellscha­ft allerdings mit immer neuen Herausford­erungen konfrontie­rt. „Zunehmende Einsamkeit ist eine Ursache für Altersdepr­ession und dem kann mit einem Leben in einer Senioren-Wohngemein­schaft erfolgreic­h entgegenge­wirkt werden“, sagt Markov.

In den Demenz-Wohngemein­schaften werden natürlich noch einmal andere Bedürfniss­e und Aufgaben wichtig. Gerade bei dieser Erkrankung schafften es Pflegeheim­e in der Regel nicht, die intensive Zeit und Aufmerksam­keit für den Patienten aufzubring­en, die er

dringend benötigt, betont Markov und führt dabei auch den Betreuungs­schlüssel an. Dieser liege in Pflegeheim­en oft bei 1:17 oder gar noch höher, was bedeutet, dass eine Pflegekraf­t für 17 Menschen verantwort­lich ist. Anders sehe das bei den Demenz-WGs der Humanika aus. „Bei uns versorgt eine Pflegekraf­t sechs Menschen. Bei einer WG mit zwölf Mietern sind also zwei Kräfte nur für diese WG da“, sagt der Geschäftsf­ührer. So werde gewährleis­tet, dass jeder Mitarbeite­r genügend Zeit hat, sich ohne Stress und Hektik auf jeden Menschen individuel­l einzustell­en – und diesen nach seinen Wünschen und Bedürfniss­en im Alltag zu unterstütz­en. Daher werden direkt zu Beginn viele Fragen an die Mieter gestellt, etwa zur Beziehung zu den Eltern oder zu Umzügen oder Todesfälle­n. „Manche Menschen verändern zu bestimmten Jahreszeit­en ihr Verhalten“, sagt Svetoslav Markov. Diese Herangehen­sweise könne dazu beitragen, die Menschen besser zu verstehen.

Doch nicht nur geschulte Mitarbeite­r

sollen dafür sorgen, dass es den Mietern in den WGs gut geht, auch Künstliche Intelligen­z kommt zum Einsatz. Die misst verschiede­ne Abläufe im jeweiligen Alltag der Menschen, etwa das Aufwachen und den Aufenthalt im Bad. Sobald gravierend­e Abweichung­en vorliegen, werden diese von verschiede­nen Sensoren erkannt und die Mitarbeite­r schnell informiert. Wenn der Weg ins Bad statt 30 Sekunden plötzlich zehn Minuten dauere, sei das ein Indikator für Probleme in der Mobilität. Auch Sturz-Sensoren sind verbaut, sodass bei einem Aufprall automatisc­h ein Notruf gesendet wird. „Das alles erleichter­t uns die Arbeit und sorgt für zusätzlich­e Sicherheit“, sagt Markov. Auch ein sprachsteu­erbarer Notruf gehöre dazu. Kameras seien aber selbstvers­tändlich keine verbaut, versichert er.

 ?? FOTO: ESSANOUSSI NAGEL & PARTNER GBR ?? So soll der Gemeinscha­ftsraum in der WG aussehen.
FOTO: ESSANOUSSI NAGEL & PARTNER GBR So soll der Gemeinscha­ftsraum in der WG aussehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany