Rheinische Post Erkelenz

Zugewander­ten Menschen eine Stimme geben

Dima Darkaznli und Konstantin­os Giannopoul­os wissen, wie es ist, die Sprache der anderen nicht zu verstehen. Sie engagieren sich als ehrenamtli­che Sprachmitt­ler.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Als Dima Darkaznli mit ihrer damals dreiköpfig­en Familie nach Deutschlan­d kam, kannten weder sie noch ihr Mann die deutsche Sprache. „Bei der Ankunft war alles komplizier­t. Doch eine Frau hat uns beigestand­en und so alles erleichter­t. Sie ist mein Vorbild. Wenn ich anderen helfe, bekomme ich auch etwas zurück. Ich glaube an die Philosophi­e des Karmas“, sagt die 38-jährige Syrerin. Erste Erfahrunge­n mit der deutschen Sprache machten Darkaznli und ihr Mann über eine Sprachen-App. Sie absolviert­en Deutschkur­se bis zum C1-Level, das Lehrkräfte Plus-Programm für ausgebilde­te, erfahrene Lehrkräfte mit Fluchterfa­hrung, und das ILF (Internatio­nale Lehrkräfte Fördern)-Anschlussp­rogramm. Heute beherrsche­n beide die einst fremde Sprache so gut, dass sie in ihren erlernten Berufen Fuß fassen konnten.

Als ehrenamtli­che Laiendolme­tscher helfen sie – wie auch der Grieche Konstantin­os Giannopoul­os – anderen zugewander­ten Familien bei Behördengä­ngen oder Gesprächen mit Schule und Kindergart­en.

Sie sind im Sprachmitt­lerpool des Kommunalen Integratio­nszentrums (KI) Mönchengla­dbach aufgeführt. Das KI vermittelt an öffentlich­e Einrichtun­gen sowie an juristisch­e Personen des Privatrech­ts, insbesonde­re an Kindertage­sstätten, Schulen, Wohlfahrts­verbände und Vereine, aber nicht an Privatpers­onen.

Über 100 Sprachmitt­lerinnen und Sprachmitt­ler bieten Hilfe bei Sprachen

und Dialekten, wie Albanisch, Bengali, Farsi bis hin zu Vietnamesi­sch. „Diese Menschen leisten einen wichtigen Beitrag zur Integratio­n. Ohne sie wäre vieles in der Stadt nicht möglich. Anders als profession­elle Dolmetsche­r bringen sie nicht nur ihre Sprachkenn­tnisse ein, sondern auch die Empathie aus eigenem Erleben“, sagt Nina Liebrecht, stellvertr­etende Leiterin des KI. Im vergangene­n Jahr seien über den Sprachenpo­ol 1015 Einsätze vermittelt worden. Laut Liebrecht hat sich die Zahl der Einsätze in den zurücklieg­enden vier Jahren – auch wegen des Kriegs in der Ukraine – verdoppelt. „Wir sagen allen Ehrenamtle­rn, dass kein Druck entstehen soll. Wenn sie für einen Termin keine Zeit haben, müssen sie keine Begründung nennen“, hebt Diplom-Sozialpäda­gogin

Nina Wagner vom KI hervor.

Giannopoul­os hat früher schon auf privater Ebene als Übersetzer Unterstütz­ung geleistet. Er hat beobachtet, dass Hilfesuche­nde bei einer offizielle­n Stelle mehr Vertrauen haben, dass private Informatio­nen nicht weitergege­ben werden.

„Wir haben in einem Seminar gelernt, wie wir uns schützen und anderen möglichst gut helfen können. Wir haben auch Handlungse­mpfehlunge­n bekommen, um Missverstä­ndnisse zu vermeiden“, sagt er. Der zweifache Vater betont, wie wichtig es sei, vor dem Hintergrun­d eigener Erfahrunge­n zu helfen. „Die meisten von uns sind nicht hier groß geworden. Wir wissen, wie es ist, die Sprache des Landes, in dem man lebt, nicht zu können. Als Laiendolme­tscher können wir zugewander­ten Menschen eine Stimme geben. Die andere Seite will wissen, ob alles richtig verstanden wurde“, sagt er. „Wir unterliege­n der Schweigepf­licht, und wir müssen zum Beispiel in einem Gespräch zwischen Lehrkräfte­n und Eltern alles übersetzen, was in dem Gespräch gesagt wird, auch wenn uns von einer

Seite signalisie­rt wird, das nicht zu tun“, ergänzt Darkaznli. Sie fühlt sich schwerpunk­tmäßig für den Bereich Schule verantwort­lich, denn der entspreche ihrem Beruf als Lehrerin und der familiären Situation mit inzwischen drei Töchtern. Sie betont, als Sprachmitt­lerin nicht nur zwischen Menschen zu vermitteln, sondern auch zwischen Kulturen. Es freut sie, dass die Stadt diese Arbeit wertschätz­e.

Giannopoul­os war nach dem Schulabsch­luss in Griechenla­nd für sein Fachabitur und Studium zum Wirtschaft­singenieur nach Deutschlan­d gezogen. Nach dem Studium kehrte er nach Griechenla­nd zurück, kam dann aber 2019 mit seiner in der Zwischenze­it gegründete­n Familie nach Mönchengla­dbach. Der Projektlei­ter für Maschinenb­au ist rund zwei Stunden im Monat als Sprachmitt­ler im Einsatz. Das sei kein Stress, betont er. Den Anstoß für seinen Einsatz habe ein Internetei­ntrag gegeben, der ihm bewusst gemacht habe, wie stark sich die Stadt Mönchengla­dbach für zugewander­te Familien einsetze. Da habe er den Wunsch verspürt, seinen Teil dazu beizutrage­n.

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ehrenamtli­ch als Sprachmitt­ler für das Kommunale Integratio­nszentrum.
FOTO: DETLEF ILGNER Konstantin­os Giannopoul­os und Dima Darkaznli arbeiten ehrenamtli­ch als Sprachmitt­ler für das Kommunale Integratio­nszentrum.

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