Pleas Fehlen hat weitreichende Folgen
Borussia hat in dieser Saison einige namhafte Ausfälle zu verkraften. Doch keiner ist sportlich so schmerzhaft wie Alassane Pleas. Warum der Franzose nicht zu ersetzen ist und wer es zumindest versuchen könnte.
Alassane Plea und Dan-Axel Zagadou ist es nicht gut ergangen seit dieser Szene in der 60. Minute des Duells zwischen Borussia Mönchengladbach und dem VfB Stuttgart am 14. Januar. Für den VfB-Verteidiger war zwei Wochen später die Spielzeit beendet, Zagadou erlitt im Training einen Kreuzbandanriss und eine Außenbandverletzung. Und Plea? Für den war beim Sieg gegen Stuttgart ein paar Minuten danach erst einmal der Arbeitstag beendet. Seitdem hat er 90 Minuten gegen den FC Augsburg die Zähne zusammengebissen und es 45 Minuten gegen den SV Darmstadt versucht, dreimal jedoch stand Borussias wahrscheinlich wichtigster Profi gar nicht im Kader – und wird mindestens am Samstag gegen den VfL Bochum weiterhin fehlen.
Was war überhaupt passiert im Zweikampf mit Zagadou? Wo kommt die Fußprellung her, die Plea so hartnäckig Schmerzen bereitet? Nach einem Pass in die Tiefe von Franck Honorat war Zagadou zuerst am Ball, nahm ihn aber so ungelenk an, dass Plea doch noch seine Chance witterte. Gladbachs Angreifer verarbeitete den Ball auch nicht sauber, sodass Zagadou ihn aus der gefährlichen Zone klären konnte. Um den Zusammenprall zu sehen und sich die Folgen ausmalen zu können, ist es schon nötig, die Zeitlupe noch mal zu verlangsamen: Plea kommt mit dem linken Fuß auf, in dem Moment landet das rechte Knie vom 90-Kilo-Mann Zagadou auf dem Spann.
Borussia hat in dieser Saison einige Ausfälle verkraften müssen: Manu Koné verpasste die Vorbereitung und den Saisonstart, Stammtorwart
Jonas Omlin fehlt seit Ende August, Abwehrchef Ko Itakura stand wegen einer Operation und seiner Asien-Cup-Teilnahme vier Monate nicht auf dem Platz für Gladbach, seit Anfang November muss immer mindestens einer der beiden Stoßstürmer passen. Doch all das hat Borussia noch recht ordentlich bis erstaunlich gut kompensieren können. Plea dagegen ist im Kader von Trainer Gerardo Seoane der unersetzlichste aller Profis.
Nicht nur aufgrund seiner sieben Tore und vier Vorlagen ist der Franzose der Unterschiedsspieler bei Borussia, in der Außenwahrnehmung vermutlich ihr letzter Ausnahmespieler. „Er hat die kleinste Fehlerquote bei den schwierigsten Sachen“, sagte Seoane gegenüber unserer Redaktion. „Er ist wichtig in der Verbindung zwischen Spielaufbau und letztem Drittel.“Als entsprechend fatal wird sein Fehlen vereinsintern eingeordnet.
„Ich will, dass wir auch kreative Leute haben und sie das auch ausleben. Alassane Plea zeigt immer sofort, welchen Unterschied er machen kann“, sagte Manager Roland Virkus im Interview mit unserer Redaktion und nannte gleich denjenigen, der am ehesten an diese Qualitäten heranreicht: „Auch Florian Neuhaus kann das und muss das noch mehr zeigen.“In Leipzig konnte Neuhaus nicht, weil er ebenfalls ausfiel – muskuläre Probleme. So hätte schon Rocco Reitz der Stellvertreter des Stellvertreters des Kreativkönigs sein müssen, er kam aber nicht über den Konjunktiv II hinaus.
Plea muss in der gesamten Bundesliga kaum einen Vergleich scheuen. Er ist einer von lediglich neun Spielern, die sowohl 0,3 Expected Goals als auch 0,2 Expected Assists pro Partie übertreffen und damit als Vollstrecker und Vorarbeiter gleichermaßen Gefahr ausstrahlen. Jordan Siebatcheu findet sich mit seinem Chancenvolumen auf Platz neun der Expected-Goals-Wertung der Bundesliga (pro 90 Minuten, ohne Elfmeter), Honorat ist Siebter bei den Expected Assists, Plea kann beides.
Teamintern ist er Dritter nach xG und Zweiter nach xA. Dass Neuhaus ihm noch am ehesten nacheifern kann, zeigt sich auch hier. Der 26-Jährige belegt bei Borussia den vierten (0,24 xG) und den dritten Platz (0,17 xA) in diesen Kategorien. Aus dem Mittelfeld kommt insgesamt zu wenig Torgefahr. Während Reitz als Vollstrecker überperformt hat, tummeln sich Koné und Julian Weigl auf einem Niveau mit den Innenverteidigern, die nur bei Standards nach vorne kommen.
Gladbach hofft, dass Plea in dieser Saison bald wieder zur Verfügung steht. Sein Vertrag läuft noch bis 2025 (mit Option, aber auch mit Ausstiegsklausel), im März wird er 31 Jahre alt. Ganz nüchtern gesehen, kann der Klub nicht mehr lange fest mit einem Plea planen, der auf dem Niveau performt, das er vor dem folgenschweren Zusammenprall mit Stuttgart Zagadou erreicht hat. Nach Informationen unserer Redaktion
würde Borussia das Kreativloch, das ohne Plea in der Offensive herrscht, deshalb im Sommer gerne füllen. Allerdings dürfte die Qualität des Unersetzlichsten auch auf dem Transfermarkt schwer zu finden und noch weniger zu bezahlen sein.