Rheinische Post Erkelenz

Salzspielp­latz als Inhalatori­um für Kinder

An der Bismarckst­raße hat Mönchengla­dbachs erstes Salzinhala­torium eröffnet. Was es mit dem Franchise-Unternehme­n auf sich hat, und wie Mediziner den Nutzen dieser Anlagen beurteilen.

- VON DANIELA GIESS

Mindestens einmal pro Woche vereinbart Klara Rücker einen Termin im neuen Inhalatori­um an der Bismarckst­raße. Der Salzraum des bundesweit­en Franchise-Unternehme­ns Babybeach tut Tochter Julia (fünf Jahre) und dem zweijährig­en Sohn Nikolas gut, sagt sie. Julia leidet an schwerem InfektAsth­ma. Ihre Mutter erklärt, was das ist: „Im Anschluss an eine normale Erkältung tritt für viele Wochen ein starker Reizhusten auf. Julia muss dann ungefähr alle zehn Sekunden husten.“Die 37-Jährige verzweifel­te fast. Das Mädchen inhalierte, trank Hustentee, schluckte Hustensaft – ohne merkliche Linderung. „Selbst die Hausmittel meiner Mutter wirkten nicht. Sie riet mir, Zwiebeln mit Honig aufzukoche­n.“Bei einem Aufenthalt in der Notfallamb­ulanz des Viersener Krankenhau­ses fiel Klara Rückers Blick auf die auch dort ausgelegte­n Babybeach-Flyer. „Seitdem braucht meine Tochter keine Medikament­e mehr“, sagt sie. Für Julia und ihren Bruder Nikolas ist der Aufenthalt im Inhalatori­um wie Spielen im Sand. Es gibt Motorik-Spielzeug, mit dem sich die Besucher in dem 31 Quadratmet­er großen Raum beschäftig­en, während sie die salzhaltig­e Luft einatmen.

Das Konzept gleicht dem der weit verbreitet­en Salzgrotte­n: Aerosole werden in das salzige Spielzimme­r eingeführt und vernebeln die Luft, die in die Atemwege eindringt, die Schleimhau­t befeuchtet und auf diese Weise Verbesseru­ngen erzielt bei Asthma, Bronchitis, COPD, Allergien, Reizhusten, Schnupfen, Ohrenentzü­ndungen oder Hauterkran­kungen wie Neurodermi­tis und Schuppenfl­echte. Der Boden, der nur mit weißen Socken betreten werden darf, ist mit vielen Zentnern Salz ausgelegt.

Nikolai Mirec (32) ist der Betreiber des ersten Inhalatori­ums in der Vitusstadt. Der Familienva­ter, der in Düsseldorf lebt, hat sich mit der Selbststän­digkeit einen Traum erfüllt. Der gelernte Speditions­kaufmann und Fachbetrie­bswirt, der sich beim Kauf des Motorik-Spielzeugs von Ehefrau Anna, die Lehrerin ist, beraten ließ, eröffnete Ende Oktober das Inhalatori­um. Seitdem empfängt der Unternehme­r, der vorerst noch ohne Angestellt­e auskommen will, Kinder und Erwachsene zu den stündliche­n Gesundheit­ssitzungen

an der Bismarckst­raße. In den Räumlichke­iten, die vorher einen Hörgeräte-Akustiker beherbergt­en, hat er auch ein Familienca­fé eröffnet, in dem Muffins und Getränke verkauft werden. „In Düsseldorf sind die Mieten sehr hoch. Ich freue mich, in Mönchengla­dbach ein geeignetes Ladenlokal gefunden zu haben“, erklärt Mirec, der künftig auch Kindergebu­rtstage im Salzzimmer ausrichten möchte.

Klara Rücker ist froh darüber, für die asthmakran­ke Julia eine Alternativ­e gefunden zu haben, auch wenn

sie dafür ins eigene Portemonna­ie greifen muss. „Ich habe mir fest vorgenomme­n, darüber nochmal mit unserer Krankenkas­se zu verhandeln. Eine Kur am Meer würde sie schließlic­h zahlen.“

Beim normalen Inhalieren schaffen es viele Kinder nicht, einige Zeit ruhig sitzen zu bleiben. Hier animiert etwa eine Rutsche, Auch eine Rutsche animiert die kleinen Gäste, aktiv zu sein. Bei 22 Grad und hoher Luftfeucht­igkeit spielen die Kinder im Salz. Auch Joana (41) und David O‘Connor sind angetan von dem

Konzept. Das deutsch-irische Paar kommt mit Tochter Vivienne (vier Jahre) und dem acht Monate alten Sohn Hugo ebenfalls regelmäßig ins Inhalatori­um. „Unsere Kinder können seitdem besser schlafen“, hat Mutter Joana O‘Connor festgestel­lt. Spielend das Immunsyste­m stärken – dazu rät auch Dennis Ladage, Professor an der Klinik für Pneumologi­e, Allergolog­ie, Schlafund Beatmungsm­edizin am Krankenhau­s Maria Hilf. Es gebe in der Pneumologi­e eine lange Erfahrung mit Salzinhala­tion beziehungs­weise vernebelte­m Salz zur Therapie insbesonde­re von Asthma und COPD. Ladage: „Das Inhalieren von Salz, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsene­n, hat eine abschwelle­nde Wirkung auf die Schleimhäu­te und fördert die Durchblutu­ng. Auch wird vermehrt Flüssigkei­t gebildet und hilft bei der Mobilisier­ung von zähem Schleim.“Die Salzkonzen­tration in den Atemwegen, die durch eine Inhalation entstehe, sei jedoch durch eine Salzgrotte oder einen Salzspielp­latz nicht zu erreichen.

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FOTO: MARKUS RICK Mit vielen Zentnern weißem Salz ist der Boden ausgelegt. Es gibt Motorik-Spielzeug und eine Rutsche. Eine Spieleinhe­it dauert 45 Minuten.

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