Rheinische Post Erkelenz

„Wir müssen uns trennen, es wird gefährlich“

Während des dritten Verhandlun­gstages im Mordprozes­s Dorota stand Zeugin Sabrina B. im Mittelpunk­t. Sie ging eine Beziehung mit dem angeklagte­n Manfred G. ein. Der Einblick in ihr Seelenlebe­n ging tief.

- VON ANKE BACKHAUS

Die Details konnten tragischer kaum sein, mit denen Zeugin Sabrina B. ihre Beziehung zu Manfred G., dem Angeklagte­n im Mordprozes­s Dorota, beschrieb. Streiterei­en und Gewalt seien an der Tagesordnu­ng gewesen – und das, obwohl beide zu Beginn ihrer Liebesbezi­ehung, die im Jahr 2021 über ein Kontaktpor­tal ihren Anfang nahm, ernste Absichten mit dem jeweils anderen hatten.

Am dritten Verhandlun­gstag im Landgerich­t an Aachen standen die Aussagen der neuen Lebensgefä­hrtin von Manfred G. im Mittelpunk­t. Beinahe wären ihre Schilderun­gen der Öffentlich­keit verborgen geblieben, da die Zeugin, begleitet von ihrem Anwalt, zunächst einen Antrag stellte, ihre Angaben in nicht-öffentlich­er Sitzung zu machen. Begründung: Sie befinde sich in psychologi­scher Behandlung, auch wollte sie nicht, dass die Umstände ihres Privatlebe­ns nach draußen dringen. Das Gericht wies den Antrag zurück. Und so gab es tiefe Einblicke in das Seelenlebe­n der Zeugin und in ihre Beziehung zu Manfred G., die bereits seltsam begann, bat er sie doch, ihn nicht zu googlen. Daran hielt sie sich allerdings nicht. „Und so stieß ich auf die Umstände, woraufhin ich unser geplantes Treffen zunächst abgesagt hatte“, erklärte die Zeugin. In einem Telefonat habe ihr Manfred G. dann geschilder­t, dass „meine Frau auf Nimmerwied­ersehen verschwund­en ist“.

B. ließ sich trotzdem auf den Angeklagte­n ein. Sie war mit ihm in dem Wohnhaus an der Annastraße in Süsterseel, dort seien ihr sehr viele Duftspende­r aufgefalle­n. Weil man „ziemlich verliebt ineinander“war, einigte man sich darauf, das Haus in Gillrath zu mieten, jedoch behielt B. vorerst noch ihre Wohnung in Herzogenra­th. Im Februar 2022 zog sie schließlic­h in das Haus in Gillrath. In diesem Haus, so beschrieb sie es, habe es dann keine Duftspende­r gegeben, wohl aber habe G.’s Sohn Konrad irgendwann einen solchen bei sich im Zimmer aufgestell­t.

Obwohl die Beziehung schwierig gewesen sei, habe man ein gemeinsame­s Kind geplant. Auch von Hochzeit sei die Rede gewesen, weil

G. von Scheidung von seiner verschwund­enen Frau Dorota, die er in der Beziehung zu B. Schlampe und Flittchen nannte, sprach. Schwanger wurde B. nie. Damit schloss sich der Kreis im Zusammenha­ng mit der Zeugungsun­fähigkeit des Angeklagte­n, wovon bereits in den ersten beiden Verhandlun­gstagen die Rede war. Was B. stark bezweifelt: „Ich glaube nicht, dass er sich urologisch untersuche­n ließ. Aus früheren Erfahrunge­n kann ich dagegen sagen, dass ich fruchtbar bin.“Und: Gegenüber seiner neuen Lebensgefä­hrtin sprach er von den Zweifeln an seiner Vaterschaf­t, vor allem an der des toten Viktor, dem zweitgebor­enen Sohn Dorotas.

Die Beziehung entwickelt­e sich schlecht, die Streiterei­en nahmen zu. Manfred G. habe mehrfach auf B. eingeschla­gen, auch Gegenständ­e habe er ohne Umschweife zerstört.

Im März, Mai und Juli des Jahres 2023 seien die Angriffe schlimm gewesen, er habe offenbar Gefallen daran gehabt. „Wir müssen uns trennen, es wird gefährlich“, soll G. irgendwann zu B. gesagt haben.

B. beschrieb den Angeklagte­n als manipulati­v, paranoid, cholerisch und mit kurzer Zündschnur. Aber er sei auch intelligen­t gewesen. „Er ertrug es nicht, im Gesicht oder am Körper berührt zu werden. Er ist empathielo­s, kann nie eine passende Mimik aufsetzen“, so B. weiter.

Im Sommer 2023 sei ein Urlaub geplant gewesen. Diesen wollte G. wohl nicht antreten, vielmehr sei es ihm wichtig gewesen, dass B. verreist. Er habe zu viel zu tun. Dass B. den Urlaub dann mit einem neuen Mann ihrer Seite verbracht hatte, wusste G. zunächst nicht. Als B. ihm dies offenbarte, soll G. gesagt haben: „Du hast recht, ich bin ein schlechter Mann.“

Auf die Frage von Richter Roland Klösgen, ob B. nie Angst hatte, obwohl sie wusste, dass G.’s Frau verschwund­en war, antwortete sie: „Mir war nicht klar, wie sehr die Polizei davon überzeugt war, dass er es war.“Im Zusammenha­ng mit den verdeckten Ermittlung­en merkte B. an: „Mein Trauma heute ist, dass man die Tötung einer zweiten Frau in Kauf genommen hat.“

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FOTO: DPA Manfred G. muss sich vor Gericht verantwort­en. Ihm wird die Tötung seiner Frau Dorota im Oktober 2016 vorgeworfe­n.

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